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23.02.13 / Die ostpreussische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-13 vom 23. Februar 2013

Die ostpreussische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

nun muss ich noch einmal meinen herzlichsten Dank aussprechen für die vielen lieben Grüße und Wünsche zu meinem Geburtstag, die mich noch lange mit Freude und Dankbarkeit erfüllen – und es ist ein ganz, ganz großes Dankeschön. Und weil ich noch nicht absehen kann, ob ich jedem Gratulanten einen persönlichen Dank sagen kann, sollen diese Zeilen für alle gelten, die an mich so liebevoll gedacht haben und zumeist wünschten, ich sollte doch, bitte sehr, 100 Jahre alt werden. Und sie gaben mir Beispiele aus ihren eigenen Familien vor, denen ich nacheifern sollte, wie Herr Knut Walter Perkuhn, dessen Tante Eva 107 Jahre alt wurde und die „bis zum Schluss geistig rege, neugierig und resolut war“. Und er fügt hinzu: „Diese Anmerkung soll Ihnen anzeigen, dass Sie noch viel Zeit haben!“ Na ja, lieber Landsmann, ich werde mich bemühen, die von ihrer Tante vorgelebten Eigenschaften zu erfüllen, denn die benötige ich sowieso für die vielen Fragen und Wünsche, die an die „Ostpreußische Familie“ gestellt werden. Aber etwas weniger an Jahren darf es schon sein. Auch Herr Perkuhn gehört zu den Gratulanten, und er fügt dem Glückwunsch auch einen eigenen Wunsch bei, den ich gerne erfülle. Nach 17 Jahren emsiger Familienforschung hat er in 16 Ordnern die Geschichte von 16 Gütern dokumentiert, die von 1800 bis 1945 im Besitz seiner Perkuhner Vorfahren waren. Versehen mit Kopien von Dokumenten und Fotos aus alter Zeit, aber auch mit Farbfotos, die er auf seinen vielen Heimatreisen gemacht hat. Herr Perkuhn hat alle Güter besucht, um zu beweisen, dass er nicht nur aus der Theorie heraus diese Chroniken erstellt hat. Da wir schon öfters von seiner Familienarbeit berichtet haben, wenden sich auch Landsleute aus unserem Leserkreis mit Fragen an ihn, und vielen Menschen konnte Knut Walter Perkuhn bereits helfen. „Das sind so die kleinen Freuden am Rande“, schreibt er. Ja, und dabei ist ihm nun ein Missgeschick unterlaufen. Kürzlich rief ein Herr bei ihm an, der etwas über seinen Vater erfahren wollte, der auf einem dieser Güter – Kinnwangen – gelebt hat. Da Herr Perkuhn beim Telefonieren abgelenkt wurde, schrieb er den Namen des Anrufers und dessen Adresse auf einen Zettel, der dann leider in der Versenkung verschwand. In der Hoffnung, dass dieser Anrufer auch die PAZ liest – was ja anzunehmen ist! – bittet er ihn, sich noch einmal bei ihm zu melden, denn Herr Perkuhn war inzwischen nicht müßig: Er ist in seiner Dokumentation fündig geworden und hat bereits die betreffenden Unterlagen für den Herrn kopiert. „Sicher wird es ihn freuen“, meint Knut Walter Perkuhn. (Bergstraße 25 in 29565 Wriedel/Brockhöfe, Telefon 05829/1668.)

Natürlich geht in meinem Alter die Erinnerung oft in die Kindheit zurück, die so fern liegt und manchmal doch so nah erscheint. Und an einem solch hohen Geburtstag besonders, wenn man gänzlich unerwartet ein Geschenk bekommt, das die Kindertage im alten Königsberg wieder lebendig werden lässt. Es war ein Teddy, den ich aus dem Paket schälte – nein, zwei waren es, kleine gestrickte Bärchen, ein weißer und ein gelber – und der Letztere gewann sofort mein Herz, denn er sah ganz so aus wie mein Lieblingsspielzeug aus alten Kindertagen. „Fritzchen!“, rief ich, und war auf einmal wieder in der Königsberger Augustastraße und drückte mein weiches Bärchen ans Herz. Meine Mutter hatte ihn aus einem Plüschrest genäht – wahrscheinlich stammte er aus einer dieser grässlichen Luft und Licht schluckenden Portieren –, denn es gab kaum Spielzeug zu kaufen, damals im Hungerwinter nach dem Ersten Weltkrieg. Aus künstlerischer Sicht hatte Fritzchen auch nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem der berühmten Steiff-Tiere, aber er sah mich so lieb mit seinen schielenden Knopfaugen an, dass ich ihn sofort ins Herz schloss. Er wurde abgeliebelt, bis der Plüsch speckig wurde und Löcher bekam, als hätte Fritzchen die Motten. Und wer hat mir diese – nun wirklich künstlerisch gestalteten – Bärchen geschickt? Da muss ich mich bei Frau Ursula Ponfick aus Bruchhausen-Vilsen bedanken. Als sie im Ostpreußenblatt las, dass mein 97. Geburtstag bevorstand, kam ihr die Idee, mir einen ihrer kleinen, selbst gestrickten Teddys zu schicken. Denn mit diesen Bärchen erfreut sie schon seit vielen Jahren Menschen in aller Welt, vor allem ältere Frauen, die alleine leben. Frau Ponfick schreibt dazu: „Ihre glücklichen Augen sind Dank für mich, weiter zu machen. Stricken ist nun einmal mein Hobby. Als mein Mann vor 15 Jahren starb, habe ich angefangen, kleine Teddys zu stricken – und habe inzwischen über 1000 Stück angefertigt! Es macht immer noch viel Spaß, trotz Jahrgang 1929! Ich komme aus Ostpreußen, das ist meine Heimat, bin eine geborene Labesius, hier habe ich ein neues Zuhause gefunden. In Ostpreußen sind schon viele Teddys gelandet, eben durch die Verbundenheit mit meiner Heimat. Ebenso in Weißrussland, in der Schweiz, Australien und Brasilien durch dort wohnende Verwandte. Ich weiß schon gar nicht mehr, wo und wann ich die alle gestrickt habe! Mein Mann kam aus Schlesien, auch dort sind viele Teddys gelandet. Und ich bin dankbar, dass ich dies alles kann.“ Also da muss ich mich ganz, ganz herzlich bei der fleißigen Strickerin bedanken, dass sie gerade älteren, allein stehenden Menschen mit ihren Kuschelbärchen so viel unerwartete Freude bereitet und dass sie auch mich mit dem Bärchen-Pärchen bedacht hat – wohl ein sehr ungewöhnliches Geschenk für eine Frau in meinem Alter. Ich werde mein quittegelbes, rotbehostes „Fritzchen“ auf meinem Schreibtisch deponieren – als Glücksbringer, Talisman und stummen Mahner, weiter für die „Ostpreußische Familie“ da zu sein. Und weil ich ja weiß, wie ich mich als Kind über das Plüschbärchen gefreut habe, bekommt den zweiten Teddy, der sogar einen kleinen Ranzen trägt, eine mir sehr nahe stehende Ostpreußin für ihr Enkeltöchterchen. So bleibt es eben in der Familie – unserer Ostpreußischen!

Glückwünsche kamen auch aus meiner Heimat Königsberg, gemailt von dem jungen Literaten, der sich bemüht, ostpreußische Literatur ins Russische zu übersetzen. Ilya Spesivtsev hatte mich vor einiger Zeit in Hamburg aufgesucht und mir seine Pläne vorgetragen, die auch meine noch in Königsberg geschriebenen Bücher betrafen, vor allem mein Erstlingswerk „De Lävensstruuts“ (Der Lebensstrauß). Nach dieser persönlichen Begegnung schrieb er mir vor einem Jahr: „Nach meinem Besuch wurde ich mir meiner geistigen Pflicht bewusst, Ihre Königsberger Schriften zu übersetzen. Denn sehr innerlich suchte ich diese Möglichkeit der lebendigen Begegnung mit der literarischen Geschichte Königsberg. Und Gott hat mir und meiner Generation in Ihrer Person diese Verbundenheit geschenkt. ,Nehrungsleute‘ ist schon übersetzt. Roman ,Magd Kathrine‘ habe ich gelesen, es ist wie eine lebendige Reise in die Geschichte des Landes. Mit ,Lävensstruuts‘ geschah ein Wunder – ganz spontan erwachte in mir ein Gehör für Platt. Die Hälfte von dem Buch habe ich schon übersetzt.“ Ilya teilte mir dann weiter mit, dass er dieses – nunmehr vor 78 Jahren geschriebene – Märchenbuch in ostpreußischem Platt zusammen mit den Märchen der Königsberger Schriftstellerin Charlotte Wüstendörfer herausgeben will. Der Titel des Buches soll „Märchen aus dem alten Königsberg“ lauten. Und nun erhielt ich zusammen mit Ilyas Glückwünschen die Mitteilung, dass die Übersetzung erfolgt ist und jetzt die Phase „Illustrierung“ beginnt. Zwei Probezeichnungen hat er beigelegt. „Nach meinem Plan verkörpert unsere junge Künstlerin für jede Geschichte aus Lävensstruuts ein eigenes Bild“, so teilt er uns mit. Also wird Ilyas Vorhaben, das mir zuerst wie ein Wunschtraum und fern jeder Realisierung erschien – ostpreußische plattdeutsche Märchen ins Russische zu übertragen! – doch verwirklicht, wobei er auch die modernen Medien einbezieht: „Wir hoffen nicht nur auf Lävensstruuts zweite Geburt in drei Sprachen hier in Königsberg, sondern auch auf Begegnung Autorin mit Lesern durch Audiovideo Computer Brücke dann im Laufe der Präsentation!“ Da dürfte noch einiges auf mich zukommen! Vielleicht stößt man bei der Präsentation dann mit dem Bier „Königsberg“ aus der Königsberger Brauerei an, wie es unser junger Freund Jörn Pekrul, dem unsere Familienseite viele schöne Aufnahmen verdankt, bei seinem letzten Besuch im Königsberger Gebiet in einer russischen Wirtschaft in Maraunenhof getan hat. Er hat diesen Augenblick und andere Eindrücke zu einem „Geburtstagsgruß 2013 an Ruth Geede“ in Versen zusammengefasst, in denen er sich bedankt, dass ihn unsere Ostpreußische Familie durch Ostpreußens Hauptstadt führt, in der er das alte Vorkriegs-Königsberg sucht und findet. Wir können das Gedicht hier leider nicht in voller Länge veröffentlichen, aber dieses Schmeckprobchen wollen wir unseren Lesern nicht vorenthalten, weil Jörn Pekrul auch das Bild dazu liefert: „Der Tag in Königsberg, er geht zu Ende, der Wanderer sitzt in Maraunenhof in einer Wirtschaft – ein Bild von Russland schmückt die Wände und ein deutsch-russisches Schabbern erfüllt die Luft. So sitzen sie bis in den frühen Morgen, im Blicke weit zurück nach vorn …“ Von einem Königsberg ganz ohne Sorgen ist die Rede, und aus dieser Stimmung heraus „senden wir der Familie und Ruth Geede einen Heimatgruß, Gesundheit und viel Glück!“ Na, dann antworten wir doch mit dem alten Königsberger Trinkspruch: „Solang der Pregel ans Bollwerk stoßt – Prost!“

Einen Dank von Jörg Pekrul muss ich weiterleiten, denn wir waren in diesem Fall ja nur Vermittler, aber wir freuen uns mit dem Empfänger, Herrn Dr. phil. Martin A. Völker, Berlin. Der Literaturwissenschaftler nimmt sich besonders der – fast vergessenen – ostpreußischen Schriftsteller an, deren Werke in den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts erschienen. Er benötigte dafür Unterlagen, und er hoffte, diese über eine Veröffentlichung in unserer Zeitung zu bekommen. So befasste er sich besonders mit der Königsberger Schriftstellerin Katarina Botsky, von deren literarischen Arbeiten er so beein­druckt war, dass er plante, eines ihrer Bücher wieder aufzulegen. Das ist ihm auch mit ihrem Novellenband „In den Finsternissen“ gelungen, den wir in Folge 4 vorstellten. Und nun schreibt Herr Pekrul: „Ich habe mir das Buch beschafft. Es ist eine sehr beeindruckende Lektüre. Die Geschichten unterhalten nicht nur, sie stimmen nachdenklich und stärken unser Mitgefühl. In der Kurzgeschichte der ,Existenzen‘ sind die ,Puppe‘ und der ,Löwenmensch‘ so authentisch gezeichnet, dass der Leser sie auf der Treppe zu dem Schaustellerwagen sitzen sieht und als Dritter im Bunde dabei ist. Die Autorin hat es in diesen Geschichten wirklich meisterhaft verstanden, den Kummer und die Einsamkeit der Ausgestoßenen auf wenigen Seiten zu entfalten. So sind zeitlose Geschichten entstanden, die uns heute auch noch erreichen und unseren Blick auf die Ausgestoßenen der heutigen Tage lenken. Dem Herausgeber, Herrn Martin A. Völker, gebührt großer Dank für die Mühe, der Leserschaft dieses Werk wieder zugänglich gemacht zu haben. Und Ihrer Zeitung für den Hinweis, der einmal mehr die Qualität der von Ihnen behandelnden Themen bestätigt. Großes Lob!“ Das wir gerne annehmen. Genauso wie das von der Teddymutter Ursula Ponfick: „Die PAZ/Das Ostpreußenblatt ist ein Goldstück. So erfährt man vieles, was in anderen Zeitungen nie geschrieben wurde!“

Eure Ruth Geede


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