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23.02.13 / Des eigenen Verstandes bedient / 1924 Geborene sinniert über Freiheit und wie man sie lebt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-13 vom 23. Februar 2013

Des eigenen Verstandes bedient
1924 Geborene sinniert über Freiheit und wie man sie lebt

Biografien von Politikern gibt es wie „Sand am Meer“, meist von „Geisterhand“ geschrieben. Die vorliegende Lebensgeschichte einer Dame, die sich nach dem Krieg fern aller Ideologien mit neuem Freiheitsdrang der Freien Demokratischen Partei Deutschlands (FDP) anschloss, ist dagegen eher bescheiden gehalten und zielt weder auf reißenden Absatz noch eine politische Karriere. Das hat eine Hannelore Morhinger, Jahrgang 1924, auch nicht nötig. Mit der Schilderung ihrer Lebensstationen und wechselnden Lebensumstände wie ihren kommentierenden und in einer verständlichen Sprache gehaltenen Bemerkungen möchte sie speziell die „Enkelgeneration“ ansprechen.

Zu wünschen wäre es, aber es ist sehr zweifelhaft, ob es ihr gelingt. Für die Jugend sind die Beispiele zu persönlich, die Zeiten zu fern, um sich intensiv damit zu beschäftigen. Doch gerade das wäre hilfreich, um zu sehen und zu erfahren, welche Probleme ein selbstbestimmtes „Ich“ mit dem wechselnden und durchaus militanten „Zeitgeist“ hat, auch mit den diversen Flügeln der eigenen Partei. Die Kapitel über die „68er“, die Parteien wie die Bildung in Deutschland, über Kunst, Medien wie die Klimapolitik, über die Europäische Union wie den Euro sind erhellend und lehrreich.

Man muss nicht jede Meinung teilen, aber wichtig ist es, sich überhaupt zu einer Meinung im Widerstreit der Ideologien und Interessen durchzuringen. Allein dazu gehört der Mut, denn schon Kant hatte eingefordert, seinen eigenen Verstand zu benutzen, um sich aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit zu befreien. Nur wer diesen Mut hat, kann sich als „freier Bürger“ fühlen, der nicht nur Erfüllungsgehilfe des „Zeitgeistes“ ist.

Aufschlussreich ist ein kleines Gedicht, mit dem Hannelore Mohringer ihre Zeit im Gemeinderat kurz zusammenfasst: „Wer Meinung hat und lauthals denkt, ist peinlich dem, der Meinung lenkt. Auch ist er, bis die anderen denken, selbst angewiesen sie zu lenken, bis ihnen allen endlich klar, wie einfach die Erkenntnis war.“ Wolfgang Thüne

Hannelore Mohringer: „Bemerkungen einer Deutschen, Jahrgang 1924“, epubli, Berlin 2012, broschiert, 439 Seiten, 24,99 Euro


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