© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-13 vom 02. März 2013

Babyleichen im Abfluss
Neuer Thriller um die forensische Anthropologin Tempe Brennan

Fans der kühlen forensischen Anthropologin Tempe Brennan dürfen sich freuen. Nicht nur, dass aktuell die Serie „Bones“ wieder im Fernsehen läuft, Kathy Reichs beglückt auch ihre Leserschaft mit einem neuen Thriller. „Knochenjagd“ beginnt zunächst allerdings makaber wie selten eine Folge zuvor. Dr. Brennan wird in eine verwahrloste Wohnung gerufen, in der mehrere Babyleichen gefunden werden. Bei der Untersuchung der ersten Leiche gerät jedoch sogar die sonst so hartgesottene Anthropologin aus der Fassung. „Das Baby steckte im Toilettentisch eines Badezimmers, eingeklemmt zwischen der Rück-wand und einem verrosteten Abflussrohr … Ein Sturzbach der Bilder rauschte durch mein Gehirn … Zorn und Trauer ballten sich in meinen Eingeweiden zusammen. Konzentrier’ dich, Brennan! Behutsam legte ich die winzige Leiche wieder auf ihren Platz zurück und holte tief Luft. Meine Knie knackten, als ich mich aufrichtete und ein Spiralnotizbuch aus meinem Rucksack zog. Fakten konzentrier’ dich auf die Fakten.“ Voller Groll beschließt die Forensikerin, die scheinbar eiskalte Mörderin zu finden, die es übers Herz gebracht hat, ihre eigenen Neugeborenen zu töten und in ihrer Wohnung zu verstecken.

Die Spur führt Brennan und ihren Kollegen Detective Ryan von der Mordkommission weg von Montreal, ihrem üblichen Wirkungsfeld, nach Edmonton, der Hauptstadt der kanadischen Provinz Alberta. Sie vermuten, dass Anneliese Ruben dort in der Prostituiertenszene untergetaucht ist. Die Ermittlungen laufen dann zunächst aber nur schleppend. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht nur das Verhältnis zwischen Tempe und Ryan weiterhin ungeklärt sind, sondern dass Tempe mit dem Hauptermittler Sergeant Oliver Isaac Hasty vor vielen Jahren eine Affäre hatte, was Ryan wiederum ganz und gar nicht gefällt.

Um den Eifersüchteleien und der unausweichlichen Aussprache mit Ryan auszuweichen, beginnt Brennan auf eigene Faust zu ermitteln und riskiert bei einer spontanen Verfolgungsaktion Leib und Leben.

Schon seit über zehn Jahren begeistert die Autorin Kathy Reichs die Leser mit den häufig recht unappetitlichen, aber dafür umso spannenderen Kriminalfällen der forensischen Anthropologin Brennan. Und nach wie vor sind diese alles andere als ein alter Hut. Auch bei „Knochenjagd“ verlangt die Autorin dem Leser wieder ein dickes Fell ab, aber belohnt ihn dafür mit einem verzwickten Fall und unerwarteten Wendungen. Denn manchmal kann es sein, dass der Täter auf den zweiten Blick selbst ein Opfer ist und zwar das Opfer eines völlig anderen Verbrechens. Vanessa Ney

Kathy Reichs: „Knochenjagd“, Karl Blessing Verlag, München 2012, geb., 384 Seiten, 19,99 Euro