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09.03.13 / Sonderbehandlung für Rom / Das heimliche Rettungspaket für Italien – Draghi nahm den Druck

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-13 vom 09. März 2013

Sonderbehandlung für Rom
Das heimliche Rettungspaket für Italien – Draghi nahm den Druck

Ein überraschendes Ergebnis hat die erstmalige Offenlegung von Details der Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) zutage gefördert. Mit Stand 31. Dezember 2012 hatte die EZB italienische Staatsanleihen im Wert von 99 Milliarden Euro angekauft. Die enorme Summe wirft gleich mehrere Fragen auf. Zum einen entfiel damit fast der Hälfte der Ausgaben der EZB für Staatsanleihekäufe – immerhin fast 209 Milliarden Euro – auf das Heimatland von EZB-Chef Mario Draghi, auf Italien. Zum anderen mussten die anderen Profiteure des Aufkaufprogramms – Griechenland, Irland, Portugal und Spanien – im Gegenzug zur Staatsfinanzierung durch die EZB bestimmte Auflagen für Einsparungen und Reformen akzeptieren. Italien, der größte Profiteur des Programms, allerdings nicht.

Kritiker, die nach der weitgehenden Entmachtung der Bundesbankvertreter in der EZB eine Italienisierung der Zentralbank unter Draghi befürchtet haben, scheinen damit Recht behalten zu haben. Dass die EZB Staatsanleihen in die eigenen Bücher genommen hat, bedeutet nicht nur, dass für Deutschland erneut das Haftungsrisiko gestiegen ist, wenn die Anleihen eines Tages nicht mehr bedient werden. Mit dem Ausgang der italienischen Parlamentswahlen ist inzwischen sogar die Wahrscheinlichkeit gewachsen, dass die Staatsfinanzierung per EZB-Notenpresse sogar noch ausgeweitet wird. Italien droht eine monatelange politische Lähmung.

Der Hintergrund: Der Sozialist Pier Luigi Bersani kann nur eine stabile Regierung zimmern, wenn er eine Koalition mit Berlusconi oder aber mit dem Euro-Skeptiker Beppe Grillo eingeht. Beides gilt nahezu als Ding der Unmöglichkeit. Einen Ausweg aus der Patt-Situation, die durch die Wahlen entstanden ist, sucht inzwischen Staatspräsident Giorgio Napolitano. Er strebt eine Regierung an, in der weder Bersani noch Berlusconi vertreten sind, was de facto eine Neuauflage eines Technokraten-Kabinetts à la Mario Monti wäre. Im Gespräch diesmal: der linke Ex-Premier Giuliano Amato und der Bürgermeister von Florenz, Matteo Renzi, eventuell unter Duldung von Berlusconi, der dafür das Amt des Staatspräsidenten erhält – samt juristischer Immunität für ihn.

Scheitert der Versuch einer Regierungsbildung, dann droht ein monatelanger politischer Stillstand in Italien. Staatspräsident Napoli-tano scheidet im Mai aus seinem Amt aus. In den letzten sechs Monaten seiner Amtszeit ist es ihm per Gesetz untersagt, das Parlament aufzulösen und damit den Weg für Neuwahlen freizumachen. Mit anderen Worten: Bevor es überhaupt Neuwahlen geben kann, müsste im italienischen Parlament das Kunststück gelingen, sich erst einmal auf einen neuen Staatspräsidenten zu einigen. Selbst wenn Napolitanos Nachfolger im Mai sein Amt antreten würde, so würden nach Auflösung des Parlamentes weitere vier Monate bis zu Neuwahlen vergehen. Profiteuer eines solchen Szenarios wäre vermutlich der Euro-Skeptiker und Korruptions-Bekämpfer Beppe Grillo. Von den meisten italienischen Medien weitgehend totgeschwiegen, wurde seine Bewegung „Fünf Sterne“ auf Anhieb stärkste Partei bei der Wahl zur Abgeordnetenkammer. N.H.


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