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16.03.13 / Nachbeben um »S21« / Kosten der Protestgewalt um den Bahnhofsumbau werden derzeit vor Gericht offenbar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-13 vom 16. März 2013

Nachbeben um »S21«
Kosten der Protestgewalt um den Bahnhofsumbau werden derzeit vor Gericht offenbar

Das Großprojekt „Stuttgart 21“ geht bei steigenden Kosten weiter. Und vor Gericht kommen nun Details über Demonstrantengewalt gegen die Polizei bei Protesten um den umstrittenen Bahnhofsumbau ans Licht.

Bis zu knapp sieben Milliarden Euro kann die unterirdische Bahnhofsverlegung einschließlich Tunnelsystem kosten, das räumte nun die Deutsche Bahn ein. Das sei viel Geld, das inzwischen überall fehle, berichten Medien und verbuchen landesweit defekte Bahngebäude und -übergänge. Der mecklenburgische Bahnhof Hagenow-Land beispielsweise ist einer der ältesten und größten klassizistischen Bahnhöfe Deutschlands. Dieses und andere Bahngebäude verfallen seit Jahren, doch dies geschieht unabhängig von „Stuttgart 21“. Tatsächlich entscheidet der erhoffte Nutzen eines Bahnprojekts über Investitionen. Allerdings lässt sich der Nutzen nicht immer nur in Fahrkarten und Güterbewegungen messen, aber das ist ein anderes Thema.

Unabhängig von legitimer Kritik an Baden-Württembergs Großbaustelle facht der von manchen bis heute fortgesetzte Furor gegen das Vorhaben die Gewaltbereitschaft an. Bestimmten zur Hochzeit der inzwischen verebbten Proteste Bilder von angeblicher Polizeigewalt die Medien, zeichnen aktuelle Gerichtsprozesse ein anderes Bild. Vier Männer und eine Frau müssen sich nun vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Drei von ihnen sind nicht etwa Jugendliche, sondern 50, 55 und 70 Jahre alt. Am 20. Juni 2011 rissen sie laut Anklage 200 Meter Bauzaun nieder, zerstörten Baumaterial, Maschinen und Gebäude. Laut Staatsanwaltschaft entstand binnen Minuten ein Schaden von 97000 Euro. Als die Gruppe einen Zivilbeamten bei der Aufnahme der Daten eines anderen Randalierers bemerkte, zog der 50-Jährige den Beamten weg, schlug ihn mit der Faust ins Gesicht, während der 55-Jährige auf den Kopf des Polizisten einschlug. Der Beamte versuchte demnach, den anhaltenden Schlägen vergebens zu entfliehen, wurde wieder von der Gruppe gestellt. Ein 19-Jähriger rammte dem Polzisten dann sein Knie in den Rücken. Ein 70-Jähriger trat, mit einem Holzstück bewaffnet, zusätzlich auf den Mann ein. Dieser Rentner gab dem Gericht nun über seine Anwälte bekannt, er sei schon bei einigen Demos gegen das „unsinnige Projekt“ gewesen, das Holzstück aufzuheben sei „Dummheit“ gewesen. Ein 39-jähriger Mitangeklagter beteuerte ebenso seine Friedfertigkeit – er habe dem Polizisten nur den Arm reichen wollen. Die Strafkammer muss nun anhand von Fotos und Zeugenaussagen ermitteln. Viele der Zeugen sind ebenfalls als mutmaßliche Täter angezeigt und schweigen daher.

Der 30. September 2011 ging als „schwarzer Donnerstag“ in die „S21“-Geschichte ein. Gegen zahlreiche Teilnehmer der Demonstration an jenem Tag ergingen bereits Strafbefehle wegen Körperverletzung an Polizeibeamten. Die Prozesse sind längst nicht beendet. Vor wenigen Tagen wurde ein Polizist freigesprochen, der angeblich einem Mann eine Platzwunde geschlagen haben soll. Die Richterin äußerte erhebliche Zweifel an der Darstellung des angeblichen Opfers, eines S-21-Aktivisten, der als Blockierer nach eigener Aussage friedlich war. Der 34-Jährige zeigte die Tat erst zwei Monate später an und erhob starke Vorwürfe, so sei ihm Hilfe verweigert worden. Das Gericht hielt ihm „massive Übertreibung“ vor. Ein anderer Polizist hatte den Mann nachweislich vor Ort auf die Wunde angesprochen, ohne dass das vorgeblichen Opfer etwas anzeigte.

Diese Gewaltbilanz erzeugt Kosten, die nun dem Gesamtprojekt zugerechnet werden. Die Ausgaben für die Polizeieinsätze zum Schutz des Projekts belaufen sich vom Proteststart 2009 bis heute auf über 40 Millionen Euro. Entsprechend hoch schlugen jüngst die Wellen der politischen Auseinandersetzung im Landtag. Der Polizeisprecher der CDU-Landtagsfraktion, Thomas Blenke, sagte, „das Demonstrationsrecht ist unbestritten“. Die Gegner von „S21“ sollten den Bau jetzt akzeptieren. „Es kann nicht sein, dass zwölf Millionen Euro Steuergelder ausgegeben werden, um das Baurecht der Bahn zu sichern und umzusetzen“, sagte er mit Blick auf die Polizeiausgaben für „S21“ im letzten Jahr. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) wüte aber jeden Tag „mit der geballten Kraft eines Landesministeriums“ gegen „Stuttgart 21“, sagte CDU-Landeschef Thomas Strobl. Die Gesamtkosten und damit der Erfolg hängen letztlich auch von der Bebauung frei werdender Bahnflächen ab. SV


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