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16.03.13 / Nichts wie weg / Lübecker Buddenbrookhaus zeigt Lebenswege von deutschen Exilanten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-13 vom 16. März 2013

Nichts wie weg
Lübecker Buddenbrookhaus zeigt Lebenswege von deutschen Exilanten

Zögerlich blickt die junge Frau auf ihren Partner und stellt fest, dass auch er ein wenig ratlos vor den 32 großen Porträtfotos blickt, die an 16 Schaukästen auf Augenhöhe an­gebracht sind. Eine Museumsangestellte geht auf das sich fragend anschauende Paar zu und fragt, ob sie helfen könne. Dieses gesteht sofort, dass es mit der Ausstellung nicht wirklich etwas anfangen und es den Mehrwert nicht entnehmen könne, obwohl doch die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller im „Spiegel“ so ansprechend über das Thema geschrieben habe.

Herta Müller ist Schirmherrin der Sonderausstellung „,Fremd bin ich den Menschen dort‘ – Lebenswege im Exil“, die noch bis zum 26. Mai im Lübecker Buddenbrookhaus zu sehen ist. Die Ausstellung wurde 2012 zum 100. Jubiläum der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) erstellt und zeigt Biografien von 16 Literaten oder Journalisten aus dem beim DNB angesiedelten Exilarchiv.

In ihrer Eröffnungsrede zur Ausstellung hatte Müller ihre eigenen Erfahrungen der Flucht aus Rumänien und die behördlichen Schikanen bei einem abweisenden Empfang in Deutschland geschildert. Eindrücklich hatte sie die Aktualität des komplexen Themas „Exil“ und die Bedeutung eines noch immer fehlenden Exil-Museums in Deutschland beschworen.

Doch in der Ausstellung selbst spürt man nur wenig davon. Die Kurzbiografien sind sehr knapp. Nicht immer wird deutlich, warum die Vorgestellten Deutschland beziehungsweise Österreich verlassen mussten. Bei den meisten dürfte ihre jüdische Herkunft der Grund gewesen sein, nur bei Margarete Buber-Neumann wird deutlich, dass es hier ihre kommunistische Gesinnung war. Bei Hanns W. Lage sind die Schilderungen seiner Inhaftierung auf der Isle of Man ganz interessant. Der 1915 Geborene war, warum auch immer, nach England ausgewandert und wurde dort während des Zweiten Weltkrieges, weil er Deutscher war, von den Briten gefangengehalten. Auch ist es aufschlussreich zu erfahren, dass einer der Dargestellten als Professor in der Türkei eine neue Aufgabe fand. Doch als er dorthin ging, hatte er nie damit gerechnet, länger dort zu bleiben, da er, wie angeblich viele seiner Freunde und Bekannten, die Nationalsozialisten in Deutschland nur für ein sehr kurzfristigen Spuk hielt.

Laut eigener Aussage will die Ausstellung zeigen, dass der soziale Status der Exilanten, ihr Bildungshintergrund, ihre Qualifikation und Beruf darüber bestimmten, wie Exil und Emigration verliefen. „Aber auch die Aufnahmeregularien der möglichen Fluchtländer, der Zeitpunkt der Flucht und nicht zuletzt der Zufall waren entscheidende Faktoren“, heißt es in der Ankündigung. Es gehe zudem um Heimatverlust, dem Verhaftetbleiben in der alten Kultur, dem Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit, dem Schicksal der geraubten Karriere oder auch der gelungenen Integration.

Doch die Kurzbiografien von bekannten Personen wie dem Maler George Grosz und dem Publizisten Ernst Loewy sowie weniger bekannten wie Emma Kann, Hilde Loewe-Flatter, Ernst Moritz Manasse oder Fritz Neumark lassen die Geschichte nicht lebendig werden. Die in den Schaukästen gezeigten Gegenstände und Dokumente aus den Nachlässen sind statisch und der insgesamt fünf Stunden umfassende Audio-Guide ist für einen normalen Museumsbesucher nur in Ausschnitten hörbar, da er zu viel Zeit in Anspruch nimmt.

Und um ehrlich zu sein, hat man Lebensläufe von Juden, die rechtzeitig vor den Nationalsozialisten flüchteten, im Exil aber nicht glücklich wurden, in zahlreichen anderen Ausstellungen schon besser und bewegender präsentiert bekommen. Rebecca Bellano

Sonderausstellung „,Fremd bin ich den Menschen dort‘ – Lebenswege im Exil“, Buddenbrookhaus, Mengstraße 4, 23552 Lübeck, Telefon (0451) 122 4190. Eintritt: 6 Euro, ermäßigt 3 Euro.


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