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23.03.13 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel / Europäischer Friedenshass / Wie Merkel mit unserem Geld für unser Geld bürgt, wie Schäuble das Hintertürchen aufschließt, und wie schnell wir vorankommen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-13 vom 23. März 2013

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Europäischer Friedenshass / Wie Merkel mit unserem Geld für unser Geld bürgt, wie Schäuble das Hintertürchen aufschließt, und wie schnell wir vorankommen

Müssen wir jetzt Mitleid haben mit den Zyprioten? Fällt schwer, wenn man sich die Zahlen anguckt. 2008 hat man die Insel in den Euro aufgenommen, und die Banken dort sind feuchtfröhlich eingestiegen in alle erdenklichen Risikogeschäfte. Bis es Plumps gemacht hat. Aber in der Zwischenzeit konnten die zypriotischen Banken dank ihrer waghalsigen Engagements den Sparern im Schnitt mehr als 24 Prozent Zinsen ausschütten, die Deutschen mussten sich in dem Zeitraum dagegen mit zusammen 13 Prozent begnügen. Selbst wenn man den Zyprioten jetzt zehn Prozent wegnimmt, stehen die also immer noch besser da als die Deutschen.

Das dazu, aber darum geht es ja gar nicht. Die Nachricht ist vielmehr: Ab sofort holt sich der Staat, was er will. Eigentumsschutz gilt nicht mehr, was uns schon ein wenig beunruhigt. Muss es aber nicht, kein Grund zur Panik, sagt Mutti und stellt klar: Unsere Spargroschen sind sicher, dafür bürge sie mit ... ja, womit eigentlich? Wenn es ernst wird, wird sie dann den Reichstag verhökern und alle Ministerien, Kasernen und andere Liegenschaften des Bundes, um unsere Bankkonten zu retten?

Nein, wird sie nicht. Das Geld für die Einlagensicherung müsste sie sich wohl oder übel bei den Bürgern holen. Mit anderen Worten: Die Kanzlerin bürgt für unsere Konten mit unserem eigenen Geld. Ist das nicht gerissen? So leimt man die Leute.

Aber das macht nichts, erstens, weil die gesamte „Euro-Rettung“ von Beginn an aus solchen Finten gestrickt wurde, weshalb wir uns längst an die Tricksereien gewöhnt haben. Und zweitens, weil es hierzulande sowieso nie so weit kommen wird. „In Deutschland muss sich diese Sorge wirklich niemand machen“, versprach Wolfgang Schäuble und fügte an, dies gelte zumindest, solange der Staat zahlungsfähig sei.

Na, dann müssen wir uns ja wirklich keine Sor ... Moment, wie war der letzte Satz? „Solange der Staat zahlungsfähig sei“? Sowas nennt man ein „Hintertürchen“, das der Minister vorsorglich aufschließt, während seine Chefin vorne vor großem Publikum noch die Unbezwingbare spielt. So kann später niemand behaupten, die Politiker hätten uns über die Wahrheit im Unklaren gelassen, wenn nicht belogen. Die Aussagen von Merkel und Schäuble zusammengefasst, haben wir nämlich zwei Botschaften im Briefkasten. Die eine lautet: Macht euch keine Sorgen. Die andere: Macht euch auf was gefasst. Die eine oder andere Erfahrung der jüngsten Zeit spricht dafür, sich überwiegend auf die zweite Botschaft zu konzentrieren.

Indes – Deutschland zahlungsunfähig? Ist doch ganz undenkbar. Nun ja, es sei denn, die Euro-Zone fliegt chaotisch auseinander und die Kredite, Garantien, Bürgschaften und was die Bundesregierung sonst noch alles auf unsere Kappe eingegangen ist, verwandelt sich über Nacht in echte Verluste. Dann steht Berlin splitternackt im Wind, das Hintertürchen springt auf und herein kommt der Finanzminister in seiner neuen Rolle als Bankräuber.

Allerdings zeigt das Beispiel Zyperns, dass dem Räuber auf dem Weg durch die kalte Küche allerlei Gefahren auflauern. Es gibt da nämlich noch jemanden, mit dem man in Brüssel oder im Bundesfinanzministerium gar nicht mehr gerechnet hatte: das Volk!

Das fällt aus allen Wolken und schnaubt vor Wut, was nicht ganz unwichtig ist. Denn die offene Enteignung kommt zu früh. Mit der Entzahnung der Demokratie zugunsten der Eurokratie sind wir noch nicht so weit, weshalb der Pöbel immer noch allerhand Schaden anrichten kann. Die zypriotischen Parlamentarier haben die Hosen gestrichen voll.

Wir können uns die Empörung der Eurokraten vorstellen. Seit Jahrzehnten haben sie gemacht, was sie wollten, ohne das Volk, den „großen Lümmel“, zu fragen. Und wenn es dann doch mal zu einer Abstimmung kam und das Gesindel falsch votierte, wurde die Sache eben wiederholt. Am Ende konnte man sich aber ebenso sicher sein wie am Anfang, dass die Angelegenheit in vorgesehener Weise abgeht. Nun jedoch das: Nicht bloß die Zyprioten rebellieren, sogar bei den braven Deutschen rührt sich eine „Alternative“, wie wir hier bereits vergangene Woche schockiert vermelden mussten.

Der griechische Finanzminister ist wegen seines Volkes dermaßen in Panik, dass er mitten in das Durcheinander um Zypern auch noch eine fürchterliche Stinkbombe geschleudert hat: EU-Kommission und Europäische Zentralbank hätten ihm versprochen, dass Konten von Griechen auf zyprischen Banken von der Teilenteignung nicht betroffen wären, behauptet er.

Nun ja, bestimmt haben auch einige Deutsche, Holländer oder Finnen Konten auf Zypern. Etwa solche, die dort ein Feriendomizil ihr Eigen nennen. Deren Länder mussten den Hellenen schon mehrfach beispringen. Da wird es sie gewiss entzücken zu hören, dass sie gerupft werden, während die Griechen mit Zypern-Konto ohne Schrammen davonkommen.

Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen. Irgendwie hat der Euro-Kahn heftig Schlagseite bekommen, und obwohl die Lenzpumpen quietschen und qualmen, steigt das Wasser im Rumpf immer höher.

Da könnte man leicht den Mut sinken lassen. Etwas Aufheiterung täte gut. Kein Problem: Am Achterdeck tritt der Chef des „Euro-Rettungsschirms“, Klaus Regling, auf und kündet den niedergeschlagenen Euro-Völkern von der schönen, heilen Welt. Wir hätten die Talsohle der Euro-Krise durchschritten, jubelt Regling: „Alle Zahlen zeigen, dass die Krisenländer auf gutem Weg sind.“

„Alle Zahlen“, so, so. Spinnt der? Iwo: Schauen Sie sich nur die Zahlen des Statistischen Amtes von Griechenland an. Wunderschön sind die – das waren sie ja eigentlich schon immer.

Hoppla, das war jetzt aber polemisch! So geht das nicht. Regling hat das bestimmt nicht so gemeint. Nein, die Produktivität der Betriebe in den Krisenländern ist tatsächlich gestiegen. Das sagen die Zahlen (die richtigen!) tatsächlich.

Aber kennen wir das nicht irgendwoher? Sicher: Kurz nach der deutschen Vereinigung legte die Produktivität in den neuen Bundesländern ebenfalls rasant zu. Indes, das lag vor allem daran, dass die Unternehmen reihenweise pleitegingen, die unproduktivsten logischerweise zuerst, so dass der Rest im Durchschnitt ganz von selbst immer besser wurde. Dabei blieben allerdings ein paar Millionen Arbeitsplätze auf der Strecke.

Dennoch, wir wollen nicht kleinlich sein: Die Zahlen sind schön, darüber sollten sich die Bewohner der Krisengebiete auch mal freuen. Herr Regling sollte sich einfach mal zu den spanischen Arbeitslosen gesellen oder den Griechen, die im Müll nach Nahrung suchen, um ihnen mitzuteilen, dass es ihnen „statistisch“ viel besser geht, als sie glauben.

Ob das bei denen allerdings allzu gut ankommt – da sind wir uns nicht so sicher. Reglings Wirklichkeit hat sich von der Wirklichkeit in Europa vermutlich ein wenig entfernt, was zu Verständigungsschwierigkeiten führen könnte.

Er ist halt Eurokrat, und die haben sich längst ein Europa geschaffen, das mit dem Europa, in dem wir hienieden leben dürfen, nicht viel gemein hat. Denken wir nur an das „Friedensprojekt Euro“, in Brüssel lebt das noch immer. Derweil bestürmen in Nikosia aufgebrachte Demonstranten die deutsche Botschaft und reißen unsere Fahne herunter. Solche Bilder kannten wir bislang eher aus Bürgerkriegsgebieten in der Dritten Welt, bis wir Ähnliches vor Jahren zuerst in Griechenland bestaunen durften.

Hellas aber musste immerhin fast zehn Jahre im Euro sein, bis sein europäischer Friedenshass auf Deutschland voll erblüht war. Bei den Zyprioten, die, wie erwähnt, 2008 beigetreten sind, reichte die Hälfte der Zeit. Wir sehen: Die europäische Integration schreitet immer schneller voran. Da können wir’s gar nicht abwarten zu erleben, wo wir wohl in ein oder zwei Jahren stehen!


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