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06.04.13 / Schmiergeld war Auslöser / Korruption: Wie deutsche Stadtwerke an US-Investoren gelangten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-13 vom 06. April 2013

Schmiergeld war Auslöser
Korruption: Wie deutsche Stadtwerke an US-Investoren gelangten

Lediglich zehn Jahre ist es her, dass Bürgermeister und Stadtkämmerer deutscher Kommunen von einer Euphorie erfasst waren, die im Rückblick wie ein kollektiver Wahnsinn anmutet. Das Geschäftsmodell Cross-Border-Leasing galt damals als Wundermittel, um leere Gemeindekassen zu füllen. Von 1995 bis 2004 haben Kommunen massenweise Wasserwerke, Verkehrsbetriebe oder Messehallen an US-Investoren verkauft, um sie im Gegenzug gleich wieder zurück zu mieten. In den USA wurde der „Kauf“ – zumindest bis 2004 – als Steuersparmodell anerkannt, so dass ein kleiner Teil der Kaufsumme als „Barwertvorteil“ an die Kommunen in Deutschland weitergegeben werden konnte.

Hieß es vor zehn Jahren noch, „Da muss man dabei sein“, so ist inzwischen meist nur noch der Wunsch auf Rückabwicklung der Verträge übriggeblieben. Bei Laufzeiten von 35 bis 99 Jahre waren die von den Investoren gezahlten Einmalbeträge auf das Jahr gerechnet minimal. Gleichzeitig wurde den Kommunen erst nach Vertragsabschluss klar, dass sämtliche Risiken des Geschäfts bei ihnen lagen, für jede Veränderung an der verkauften Infrastruktur wie Reparaturen aber die Einwilligung des US-Investors nötig war.

So wie zuverlässige Angaben darüber, wie viele deutsche Gemeinden sich auf das Cross-Border-Leasing eingelassen haben, so fehlt auch ein Gesamtüberblick über die erfolgten Rückabwicklungen. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 150 Kommunen Cross-Border-Leasing-Verträge mit einem Gesamtvolumen von bis zu 100 Milliarden Euro eingegangen sind.

Im Nachhinein immer noch extrem verwunderlich ist, warum sich scheinbar nüchtern kalkulierende Bürgermeister und Kämmerer – nicht selten Juristen – auf diese Geschäfte eingelassen haben. Die Verträge umfassten nicht selten bis zu 2000 Seiten – abgefasst in Juristenenglisch. Gerichtsstand der Verträge war mit gutem Grund immer New York. Dort bleiben Verträge auch dann gültig, wenn sich herausstellt, dass sie gegen US-Bundesrecht verstoßen. Genau dieser Fall ist 2004 eingetreten. Die US-Regierung stufte das Geschäftsmodell Cross-Border-Leasing als Scheingeschäft und Betrug am Steuerzahler ein und verbot Neuabschlüsse. 2008 kam von einem Bezirksgericht in Ohio noch ein Urteil dazu, welches die erlangten Steuervorteile als rechtswidrig einstufte. Die Begründung: Der Ei-gentümerwechsel bei der Infrastruktur sei nur vorgetäuscht, es handele es sich um eine Art von „Karussellgeschäft“.

Ebenso auch erst im Nachhinein klar erkennbar geworden ist, dass auch Korruption mit den Geschäften einhergegangen ist. Zur inzwischen üblichen „politischen Landschaftspflege“ gehörten großzügige Spenden an die jeweiligen Kommunen. In Dresden spendeten die Investoren etwa 190000 Euro für die Dresdner Frauenkirche und 190000 Euro für die Synagoge. Dabei scheint es aber nicht immer geblieben zu sein. Bei einigen Kommunen gibt es inzwischen den Verdacht, dass auch Einzelpersonen geschmiert worden sind – juristisch allerdings fast ebenso wasserdicht wie die Leasingverträge. So soll deutschen Entscheidungsträgern billig Land in der US-Provinz zum Kauf angeboten worden sein. Nach Ablauf einer Schamfrist von einigen Jahren kam für die Grundstücke dann ein arrangiertes, erheblich höheres Kaufangebot. Wie von Wunderhand hatten sich die ursprünglich fast wertlosen Grundstücke in Bauland verwandelt. N.H.


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