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06.04.13 / Bäume statt Beton / Endgültiges Aus für den norddeutschen »Weltflughafen«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-13 vom 06. April 2013

Bäume statt Beton
Endgültiges Aus für den norddeutschen »Weltflughafen«

Der Traum vom „Luftdrehkreuz des Nordens“ bei Hamburg ist nach über 50 Jahren endgültig geplatzt. Eine Arbeitsgruppe der zuständigen Ministerien aus Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern empfiehlt, das Projekt nicht weiterzuverfolgen. So steht es in dem Entwurf für ein „Norddeutsches Luftverkehrskonzept“. Den fünf SPD-geführten Bundesländern geht es um eine abgestimmte Luftverkehrspolitik und konkret um die Zusammenarbeit der drei internationalen Verkehrsflughäfen Hamburg, Hannover und Bremen sowie der Regionalflughäfen Lübeck, Sylt, Rostock, Schwerin-Parchim und Braunschweig-Wolfsburg. Die Ausschöpfung von deren Kapazitäten soll Vorrang vor einem Neubau haben. Zur Begründung verweisen die Experten mit Blick auf das de­saströse Berliner Flughafenprojekt darauf, dass „insbesondere die finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Großinvestitionen sehr schwierig geworden“ seien. In Hamburg, Hannover und Bremen indes werden die Kapazitäten 2030 endgültig ausgeschöpft sein. Deshalb könnten, so das Papier, Lübeck und Rostock „langfristig als Reserve in Betracht kommen“. Dazu müssten diese von Kapitalgesellschaften betriebenen und defizitären Plätze jedoch mit Steuermitteln erhalten werden. Die Hamburger SPD, die sonst gegen den „Privatisierungswahn“ zu Felde zieht, sieht die Luftfahrtinfrastruktur allerdings nicht als Teil öffentlicher Daseinsvorsorge und lehnt dies ab. Ihr Wirtschaftsexperte Jan Balcke fordert, Flughäfen, die sich nicht selbst finanzierten, zu „hinterfragen“. Wie dann in gut 15 Jahren das Passagier- und Frachtaufkommen bewältigt werden soll, lässt er offen.

Die Befürworter des Flughafenprojekts befürchten gravierende Nachteile für den gesamten norddeutschen Wirtschaftsraum. Sie sehen hier eine Riesenchance, die nun auf politischer Ebene leichtfertig vergeben wurde. Die Pläne für den „Weltflughafen Kaltenkirchen“ waren in der Tat ambitioniert. Im Oktober 1960 schlug eine Kommission der norddeutschen Bundesländer und des Bundesverkehrsministeriums vor, nördlich von Hamburg den größten und modernsten Flughafen der Welt zu bauen. Den Planern schwebte ein blühendes Verkehrs- und Wirtschaftszentrum mit 100000 Arbeitsplätzen vor. Die Hamburger Flughafenverwaltung schuf dafür durch Landkäufe eine zusammenhängende Fläche von rund 2200 Hektar, wofür sogar zwei Ortschaften von der Landkarte verschwanden. Ansonsten tat sich außer 1300 Verwaltungsgerichtsklagen, die das Vorhaben verzögerten, nichts. 1983 beschlossen die Regierungen in Hamburg und Kiel, das Projekt angesichts geänderter Prognosen über die Zuwachsraten im Luftverkehr ad acta zu legen. Bis dahin waren allein in die Planung 100 Millionen D-Mark geflossen. Lediglich die CDU in Hamburg und Schleswig-Holstein hält bis heute an der Option fest, den Flughafen doch noch eines Tages zu bauen. Wenn es nach der SPD geht, schießen in Kaltenkirchen in Zukunft neben unzähligen Bäumen, die dort bereits gewachsen sind, Windräder aus dem Boden. „Für die Energiewende“, so Balcke. Das Gelände soll nämlich nicht verkauft werden, weil sein aktueller Marktwert unter dem Anschaffungspreis liegt. J.H.


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