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06.04.13 / Banales als Basis / Historiker bietet kreativen Ansatz zur Bewertung der Vergangenheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-13 vom 06. April 2013

Banales als Basis
Historiker bietet kreativen Ansatz zur Bewertung der Vergangenheit

Papst Julius III. soll einmal gesagt haben, wir würden uns wundern, wenn wir wüssten, mit wie viel Unverstand die Welt regiert werde. An dieser Stelle setzt der Titel des kleinen Buches „Die Nase der Kleopatra“ von Wolfgang Reinhard an. Gemeint ist die Tatsache, dass am Anfang historisch weittragender Entscheidungsketten oft nicht längerfristige, rationale Überlegungen stehen, sondern völlig banale Dinge, wie etwa die äußeren Reize einer ägyptischen Königin.

Leider gibt sich das mit Fakten, Einsichten und Interpretationen dicht gefüllte, gerade einmal 160 Seiten umfassende Bändchen nicht ganz so leichtfüßig, wie ein solcher Ausgangspunkt vermuten lassen sollte. „Ein Spaziergang durch die Weltgeschichte“ ist es nicht, den Reinhard hier anbietet. Der emeritierte Freiburger Ordinarius hält vielmehr eine Vorlesung, die hohe Aufmerksamkeit erfordert – schließlich werden Schlaglichter auf 2500 Jahre Geschichte geworfen. Ausgehend von Europa richtet Reinhard den Blick immer wieder auf die anderen Teile der Welt.

Vor einen im Großen und Ganzen chronologischen Parforceritt durch die Ereignisse hat Reinhard zwei Abschnitte gestellt. Zunächst – und hier meldet sich deutlich der Professor zu Wort – findet eine theoretische Betrachtung des Begriffs „Geschichte“ statt. In Erinnerung gerufen werden sowohl die Bedeutung und Subjektivität von Quellen als auch die Tatsache, dass Geschichte bei weitem mehr beinhaltet als die Ereignisse der „großen Politik“. Bemerkenswert ist das zweite Auftaktkapitel: Reinhard hält die Rolle der „Gewalt in der Geschichte“ für so bedeutsam, dass er eine entsprechende zusammenfassende Betrachtung an den Anfang seines „Spaziergangs“ platziert. Er fragt, ob Gewalt eine allgegenwärtige Konstante des menschlichen Lebens sei.

Danach setzt die Erzählung mit den Griechen als „Erfinder“ der Demokratie ein. Festgestellt wird, dass die Griechen langfristig den intellektuellen und künstlerischen Erfolg für sich in Anspruch nehmen konnten, den politischen hingegen die Römer.

Großes Interesse gilt der Wechselwirkung Europas mit anderen Erdteilen, der Konfessionalisierung sowie der Entwicklung des modernen Staates. Am Ende steht eine pessimistische Betrachtung der deutschen Gegenwart: Beklagt wird die eingeschränkte staatliche Souveränität nach außen und der Zerfall des Machtmonopols nach innen zugunsten von Interessenverbänden. Erik Lommatzsch

Wolfgang Reinhard: „Die Nase der Kleopatra. Ein Spaziergang durch die Weltgeschichte“, Herder, Freiburg, geb., 160 Seiten, 14,95 Euro


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