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13.04.13 / Zeit ist Luxus / Nicht nur in der Pflege ist alles getaktet, auch bei Ärzten tickt die Uhr

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-13 vom 13. April 2013

Zeit ist Luxus
Nicht nur in der Pflege ist alles getaktet, auch bei Ärzten tickt die Uhr

Zeit ist Geld und Geld ist zu wenig da. Daher ist Zeit in der heutigen medizinischen Versorgung zu einem knappen Gut geworden, ausgenommen Wartezeiten auf Arzttermine und in Wartezimmern, hier muss ein Patient oft viel Zeit und Geduld mitbringen. Auf die Spitze getrieben wird die Anrechnung der Zeit vor allem in der Pflege. Dort heißt es: „Umlagern: zwei bis drei Minuten. Einfache Hilfe zum Aufstehen/zu Bett gehen: je ein bis zwei Minuten. Darm- oder Blasenentleerung, nach Wasserlassen: vier bis sechs Minuten und nach Stuhlgang: sieben bis zehn Minuten.“ Aber auch beim Arzt tickt stets die Uhr im Hintergrund mit. Denn egal wie lange ein Gespräch dauert, er bekommt im Normalfall pro Patient je Quartal von der Gesetzlichen Krankenkasse nur eine feste Pauschale. Nimmt er sich mehr Zeit für einen Patienten, kann er innerhalb einer Stunde weniger behandeln und bekommt somit auch weniger Geld.

Dabei kristallisiert sich oft erst in einem längeren Gespräch heraus, welche Krankheitssymptome der Patient hat. Doch anstatt auf diesem Wege eins und eins zusammenzuzählen, überwiegt in der heutigen Gerätemedizin die „Ausschließeritis“, sprich die Behandlungs-Philosophie, anhand des Ausschließenes möglicher Erkrankungen sich der wahren Erkrankung anzunähern. So werden Mägen und Därme gespiegelt, Körper mit Röntgenstrahlen durchleuchtet, Bluttests gemacht, MRT und CT durchgeführt, um am Ende auf ein Ergebnis zu kommen, was durch manches längere Gespräch mit einem guten Diagnostiker längst hätte erreicht werden können. Dass all diese Untersuchungen oft mehr Geld kosten als längere Gespräche, ist zwar ein offenes Geheimnis, aber Konsequenzen werden daraus von den Entscheidern in der Gesundheitspolitik nicht gezogen. Letztendlich geht es hier um die Frage, welche Lobby in der Branche die größte ist, und nachweisbar haben Fachärzte, die Herren der Gerätemedizin, die bessere Interessenvertretung als Allgemeinmediziner, wie die Verteilung der Honorare zeigt. Während ein Radiologe sich bei moderaten Arbeitszeiten nicht über mangelnde Einnahmen beklagen kann, muss ein Hausarzt lange arbeiten und sich überlegen, ob er Notarztzeiten und Hausbesuche übernimmt, da sie wenig einbringen.

Die Patienten spüren die Missstände, fühlen sich mit ihren Beschwerden alleingelassen, und wer Geld hat, erkauft sich anderswo die Zeit. Nur so lässt sich die steigende Nachfrage nach Heilpraktikern, Homäopathen, Osteopathen und anderen Heilern erklären. „Wir Heilpraktiker können uns in der Regel ein wenig mehr Zeit lassen“, so der Heilpraktiker Jan Fahning im „Hamburger Abendblatt“. „Ein Termin kann schon mal 30 bis 45 Minuten dauern. So entsteht Raum für eine Unterhaltung, die sich nicht starr an Symptomen abarbeiten muss.“ Doch da die wenigsten Krankenkassen die Kosten für alternative Medizin bezahlen, können sich diesen Luxus nur Besserverdienende leisten, so dass auch hier wieder eine Form von Zweiklassenmedizin im Entstehen ist. Bel


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