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13.04.13 / Geteiltes Deutschland / Während einige Kommunen inzwischen wirtschaftlich gut dastehen, sehen andere kein Licht am Horizont

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-13 vom 13. April 2013

Geteiltes Deutschland
Während einige Kommunen inzwischen wirtschaftlich gut dastehen, sehen andere kein Licht am Horizont

Wegen zu hoher Sozialkosten haben viele Städte und Gemeinden trotz Sparprogrammen keine Chance, den Schulden zu entkommen. Und da das Geld bereits für den Konsum im Hier und Jetzt nicht reicht, ist an Investitionen überhaupt nicht zu denken. Dies dürfte sich jedoch bald rächen.

Teilweise Erfreuliches konnte das Statistische Bundesamt im März über die kommunalen Finanzen vermelden. Nach hohen Defiziten in den Krisenjahren 2009 und 2010 erzielten die Kernhaushalte der Gemeinden und Gemeindeverbände 2012 einen Finanzierungsüberschuss von 1,8 Milliarden Euro. Insgesamt verbuchten sie Einnahmen in Höhe von 197,8 Milliarden Euro. Die wichtigste kommunale Steuer, die Gewerbesteuer, stieg gegen-über dem Vorjahr um 5,9 Prozent auf 32,3 Milliarden Euro.

Unvermindert wird aber die Ausgabenseite von den sozialen Leistungen beeinflusst, die sich auf 44,4 Milliarden Euro beliefen. Zwar sanken die darin enthaltenen Leistungen nach Sozialgesetzbuch II – ohne Leistungen für Bildung und Teilhabe – auf 11,3 Milliarden Euro, aber die Kosten für Eingliederungshilfen, Unterkunft und Kinderbetreuung nehmen weiter zu. 2002 betrugen die Ausgaben für soziale Leistungen „nur“ 28,1 Milliarden Euro.

Für den Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, ist es besorgniserregend, „dass es vielen Städten unmöglich bleibt, ihren Haushalt aus eigener Kraft auszugleichen. Kommunen ganzer Regionen fehlen ausreichende Mittel, um ihren Bürgern die wichtigsten Dienstleistungen anzubieten, ohne sich immer weiter verschulden zu müssen“. Als Indiz für die verstetigte Kluft zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kommunen wertet das Bundesfinanzministerium die erhöhte Inanspruchnahme von Kassenkrediten, die entgegen ihrem eigentlichen Zweck inzwischen zur langfristigen Finanzierung genutzt werden. Zwar sollen die Kommunen bis 2016 um 20 Milliarden Euro entlastet werden, indem der Bund die Nettoausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vollständig erstattet, Articus fordert aber, dass der Bund auch die Kosten der Eingliederungshilfen übernimmt.

Vor Kurzem lenkte der Deutsche Städtetag zudem die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Einwanderung aus Südosteuropa, mit der manche Kommune überfordert ist. Ein Teil der Einwanderer habe keine Schul- und Berufsausbildung und ist auf staatliche Hilfe angewiesen. Meist fehle zum Beispiel eine Krankenversicherung, so dass hierzulande nur eine Notfallversorgung möglich ist. Die Lösungen scheinen für den Städtetag vor allem in der Bereitstellung zusätzlicher Gelder durch die Länder, Bund und EU zu bestehen.

Insgesamt sind die Gemeinden und Gemeindeverbände mit 133,6 Milliarden Euro verschuldet, so dass wenig Spielraum für freiwillige Leistungen und Investitionen bleibt. Die Investitionen in Sachgüter sind auch aufgrund auslaufender Konjunkturprogramme auf 21 Milliarden Euro zurückgegangen, davon entfielen 16,3 Milliarden Euro auf Baumaßnahmen. Anfang 2013 wies die vor zwei Jahren durch die Verkehrsministerkonferenz eingesetzte Daehre-Kommission auf die Unterfinanzierung des kommunalen Straßennetzes hin. Jährlich fehlen rund 2,15 Milliarden Euro, um Straßen und Brücken zu sanieren und langfristig in gutem Zustand zu erhalten. Eine Umfrage des Städte- und Gemeindebundes in Nordrhein-Westfalen ergab, dass ein Drittel der rund 15000 Brücken in dem Bundesland schadhaft ist, was einen jährlichen Reparaturbedarf von 500 Millionen Euro bedeutet.

Daher müssten die bestehenden Bundeszahlungen für die kommunale Verkehrsinfrastruktur nicht nur über das Jahr 2019 hinaus fortgeführt, sondern sogar erhöht werden, wie Bernd Jürgen Schneider als Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW bereits vor einem Jahr erläuterte. „Erforderlich ist eine über mehrere Jahre verlässliche Finanzierung, denn unsere Städte und Gemeinden benötigen mittelfristig Planungssicherheit“, so Schneider. Dabei fehlt nicht nur den Kommunen das Geld. Wichtige Landes- und Bundesstraßen verfallen und bedürfen der Sanierung. Bereits 2011 wies die OECD darauf hin, dass Deutschland bei den Straßeninvestitionen zwischen 2000 und 2009 mit 134 Euro pro Jahr und Einwohner an vorletzter Stelle von elf untersuchten westeuropäischen Ländern liegt. Nach Angaben der

Daehre-Kommission fehlen Bund und Ländern allein für die Instandhaltung der Verkehrswege jährlich 7,2 Milliarden Euro. Um den Sanierungsstau aufzulösen, würden 15 Jahre gebraucht, was einige Verkehrsexperten sogar für sehr optimistisch halten. Ulrich Blode


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