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20.04.13 / »Spiegel«: Nächste Attacke von links

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-13 vom 20. April 2013

Moment mal!
»Spiegel«: Nächste Attacke von links
von Klaus Rainer Röhl

Heute vor vier Jahren, auch ein paar Monate vor einer Bundestagswahl, wurde der damalige Chefredakteur des „Spiegel“ Stefan Aust nach einer langen, intensiven Untergrundarbeit von seinen eigenen Kollegen aus dem Blatt geworfen. Die „Spiegel“-Re-dakteure konnten das. Sie waren nach dem Tod des Alleininhabers und Blattmachers Rudolf Augstein die Inhaber des Magazins geworden, organisiert in der sogenannten Mitarbeiter-KG. Unglücklicherweise hatte Augstein, einer Schnapsidee des Zeitgeistes von 1968 nachgebend, seinen Redakteuren schon zu einem frühen Zeitpunkt fast die Hälfte seines Verlages geschenkt, so dass die Mitarbeiter-KG jetzt über die Mehrheit des Verlages verfügte. Selber schuld. Solange er lebte, konnte er die von ihm gegründete Zeitschrift leiten. Immerhin bestimmte er noch seinen Nachfolger, den ehemaligen „konkret“-Redakteur Stefan Aust, der bis 2009 im Amt blieb. Keineswegs alle Mitglieder der Mitarbeiter-KG wollten ihren Chef aus dem Sessel kippen. Doch die aktiven unter ihnen, und das waren keineswegs immer die besten Journalisten, versuchen das Blatt zu ändern. Nach Vorstellungen und Vorurteilen, die letzten Endes auf 1968 zurückgehen.

Und die 68er hatte Aust in den 13 Jahren seiner Herrschaft oft durch den Kakao gezogen. Aust hatte nicht nur allen Unsinn der 68er – von der Haschischverharmlosung bis zum radikalen Feminismus („Gender-Mainstreaming“), von der Gentechnik-Hysterie bis zum Bio-Wahn – durch kritische Berichterstattung lächerlich gemacht, vor allem aber hatte er die SPD vor der letzten Bundestagswahl ziemlich schonungslos angegriffen. Durch die Absetzung von Aust würde das Blatt wieder auf „linken Kurs“ gebracht werden, freute sich damals die „taz“. Doch dies geschah offenbar nicht im gewünschten Ausmaß.

In diesen Tagen soll der Versuch, das Flaggschiff der deutschen Publizistik nach links zu drehen, offenbar wiederholt werden. Die nach dem Rauswurf von Aust eingesetzte Zweimannspitze ist abgesetzt worden. Vordergründig geht es um die Auflagezahlen und Verkaufserlöse aus der Anzeigenwerbung. Untergründig geht es um die Macht. Rückt der „Spiegel“ wieder nach links?

Die Frage ist nur, ob der „Spiegel“ je links war. Das Nachrichtenmagazin, für das Augstein von den Engländern noch während der Besatzungszeit eine Lizenz erhalten hatte, nach dem Vorbild von „Time“ mit einer reichlichen Portion verbalem Zynismus und Oberschichten-Humor (mit einem Schuss Massenverachtung) ausgestattet, war beim bürgerlichen Leserpublikum der Nachkriegszeit bald sehr beliebt. Den „Spiegel“ zu lesen gehörte jeden Montagmorgen zum guten Ton bei Intellektuellen und Halbintellektuellen vom Dorfschulmeister bis zum Generaldirektor. Man war immer dagegen, und das war schick. Links im Sinne von sozialdemokratisch oder gar kommunistenfreundlich war das Blatt nie. Bei der Opposition gegen die Adenauer- und Erhard-Regierung war es mit seinem ebenfalls ungeniert von „Time“ übernommenen, flapsigen „Spiegel“-Stil, durch seinen Kampf mit Akten und Fakten gegen eingebildete Autorität und Machtwillkür allen voran. Über den kommunistischen Teil des Landes machte man sich lustig. Das Ulbricht-Regime und seine Nachfolger waren geradezu ideale Objekte für bissigen Hohn und Spott, und das Blatt war dem Regime denn auch zutiefst verhasst. Jedes einzelne Exemplar wurde an der Grenze als feindliche Hetze eingezogen – und sogleich von den Grenzkontrolleuren gern gelesen.

Weil das Blatt bald zum bevorzugten Werbeträger, ja geradezu zum Pflichtorgan für die Industrie und Konsumgüter-Werbung geworden war, konnte es flächendeckenden wirtschaftlichen Murks des „ersten deutschen Arbeiter- und Bauernstaats“ nicht ignorieren – auch dann nicht mehr, als die Bundesrepublik Deutschland in die Hände der SPD oder SPD-Koalitionen fiel, die blauäugig oder böswillig, – das wurde noch nie richtig untersucht – den „Wandel durch Annäherung“ an ein Terror-Regime erprobte. Solange, bis das System buchstäblich am Ende war, trotz des von Franz-Josef Strauß erwirkten Kredits in Höhe von einer Milliarde D-Mark.

Es kam, wie es kommen musste, es kam die Wiedervereinigung. Zehn gute Jahre für den „Spiegel“, der trotz Freude über die Einheit Deutschlands genug Haare in der Suppe fand, um seine kleinen Bosheiten und großen Enthüllungen auf den Markt zu bringen. Treuhand und kein Ende. Der „Spiegel“ blieb witzig, zynisch und regierungskritisch.

Richtig links wurde er nie. Sollte er aber werden nach dem Willen einer Minderheit von Redakteuren und einer größeren Gruppe Außenstehender. Der Kampf um die Macht hatte schon zu Augsteins Lebzeiten begonnen. Und endete mit der Mitarbeiter-KG. Nun ist der Kampf erneut ausgebrochen. Beim „Spiegel“ streiten die Mitarbeiter der Druckausgabe gegen Macher von „Spiegel Online“. Ihr Kolumnist: Jakob Augstein. Sein Slogan: Im Zweifel links!

Denn die nächste Bundestagswahl steht vor der Tür. Schon jetzt ist sicher: Zu wenig der deutschen Wähler wollen der diffusen Allianz von Sozialdemokraten und Grünen eine Mehrheit geben. Die am Ende doch, zusammen mit dem Rest der SED-Truppe, regieren könnte. Die Wähler sind doch nicht blöd. Da hilft auch ein linker, die Wirklichkeit spiegelverkehrt wiedergebender „Spiegel“ nicht.

Woher kommt eigentlich die fixe Idee der linken und linksliberalen Minderheit in Deutschland? Sind es besonders kluge und gebildete Leute? Was treibt sie um, einer schon im 19. Jahrhundert nicht sehr einleuchtenden Lehre wie dem Marxismus anzuhängen? Bei der gezeigten Massenver-achtung, die die Meinungsführer der Gesellschaft schon immer hatten, und ihrem gleichzeitigen Hang zu gutem Leben können sie richtige Sozialisten wohl nicht sein. Was heißt für sie links? Ihr Lieblingsorgan ist ja nicht das „Neue Deutschland“ oder die „taz“. Eher ist die „Süddeutsche Zeitung“ ihr Leitmedium. Was am Sonnabend in der „Süddeutschen“ steht, wird, zusammen mit der wöchentlichen Enthüllungsstory und der Titelgeschichte des „Spiegel“, am nächsten Dienstag in der Provinz veröffentlicht, meist ein bisschen schlechter geschrieben, aber die Botschaft bleibt: Alles Mist. Die Unternehmer, die Banken, der Kapitalismus sind schuld. Das steht am Dienstag in der ganzen deutschen Presse. Ausnahmen kommen vor, sind aber selten. Einige wenige größere Blätter wie die „Rheinische Post“ oder die „Stuttgarter Zeitung“ halten sich, so gut es geht, heraus.

Rückt der „Spiegel“ nun nach links? Wer wird den Machtkampf gewinnen. Wer wird Chefredakteur von Augsteins Magazin?

Etwa der? Nach unseren unsterblichen, unwiederholbaren Hamburger Wochen-end-Partys im Jahr 1968 kamen am Sonntagvormittag alle noch mal zu einer Art Katerfrühstück zusammen. Abtrunk des Sommers. Da brachten wir alle unsere damals noch kleinen Kinder mit. Manchmal kam auch Maria Augstein mit ihrem Baby, das muss Jakob gewesen sein, Walsers Sohn, den Augstein aufzog. Ist er der Retter des Blattes? Der Vollstrecker von Dutschkes Vermächtnis, geboren aus dem Geist von 1967 und auferstanden im Jahr 2013.

Im Zweifel links. Eine Probe hat er kürzlich in „Spiegel Online“ abgeliefert. Eine vorsichtig verschwurbelte Diffamierung der „Alternative für Deutschland“, der Partei der Euro-Kritiker, die an diesem Wochenende gegründet wurde. Das sei eine Partei für Leute über 50. Auweia. Weiß Jakob Augstein, wie viele das sind?


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