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20.04.13 / Nervensäge / Singbewegte über die DDR

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-13 vom 20. April 2013

Nervensäge
Singbewegte über die DDR

In den neuen Bundesländern erinnert man sich noch an die eher talentarme „Gebrauchslyrikerin“ Gisela Steineckert, die von 1984 bis 1990 Präsidentin des „Komitees für Unterhaltungskunst“ in der DDR war. Ihre Lieder wurden allerdings selbst von der regimetreuen „Singebewegung“ links liegen gelassen, ihre Bücher übersahen sogar Ulbrichts Kultur-Stalinisten.

Hunderte Liedtexte will sie verfasst haben, aber nur ein einziger wird sie überleben: „Nichts ist von Dauer, was keiner recht will“, von vielen als Schwanengesang auf die DDR empfunden, was sie bis heute nicht verstehen kann. Sie „kümmerte sich“ um Sänger wie Gerhard Gundermann, den sie als SED-Opfer hinstellt, wo er doch Stasi-IM war. Naiv erzählt sie in „Das Leben hat was“ Geschichten, wie man sie nicht erfinden kann. Da ist sie „für Biermann Klinken putzen gegangen“, zu dessen Schrecken sogar erfolgreich, wo er die Rechte an seinen Liedern längst in dem Westen verkauft hatte. Später hat sie bei der Regierung gegen Biermanns „Ausbürgerung“ protestiert, was echolos verhallte. Sie ging vielen „dermaßen auf den Senkel“, dass man nachgab, um sie los zu werden – zum Beispiel Erich Honecker. Von ihm forderte sie eine „Interessensvertretung“ für „Unterhaltungskünstler“. Ho-necker willigte ein, „gut, dann ist es also beschlossen“. Heraus kam das „Komitee für Unterhaltungskunst“, ohne Reisestelle, Bedeutung und Haushalt. 

Steineckert, geboren 1931, fragt sich bis heute, „ob die DDR zu Recht untergegangen ist“. Sie hatte in der Endphase der DDR fassungslos den Zynismus der Regierenden verfolgt, die der Bevölkerung „sehr unterschiedliche Grundrechte“ zubilligten und Autoren wie Stefan Heym hätschelten, der „sein Geld im Westen behalten und ohne Kontrolle der DDR die Bücher drüben verlegen“ durfte. Diese Spaltungsprofiteure lachten alle aus, die eine „bessere DDR“ wollten, aber nach dem Herbst 1989 trauerten sie der DDR mit dem Aufruf „Für unser Land“ nach, was Gisela Steineckert noch heute zu hellem Zorn reizt.           Wolf Oschlies

Gisela Steineckert mit Irmtraud Gutschke: „Das Leben hat was“, Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2013, 220 Seiten, 16,99 Euro


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