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Suchen und finden
27.04.13 / Strahlendes Erbe / Endlager für radioaktiven Müll ist überfällig, aber die Suche beginnt wieder bei Null

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-13 vom 27. April 2013

Strahlendes Erbe
Endlager für radioaktiven Müll ist überfällig, aber die Suche beginnt wieder bei Null

Deutschland steigt zwar aus der Atomenergie aus, wird die strahlende Erbschaft so schnell aber nicht los. Nun wird ein neuer Anlauf gestartet, ein sicheres Endlager für nuklearen Müll zu finden.

Die Zahlen strahlen alles andere als Ruhe und Zuversicht aus: 700000 Tonnen hochradioaktiver Abfall lagern auf der Erde. Jährlich kommen 12000 Tonnen hinzu. Der strahlende Müllberg wächst und wächst. Und niemand weiß bislang, wohin damit für die nächsten paar tausend (oder vielleicht Millionen) Jahre.

Seitdem die gewaltige Energie, die bei der Spaltung von Atomkernen frei wird, vom Menschen genutzt wird, zerbrechen sich Forscher, Ingenieure und Politiker in aller Welt den Kopf darüber, wie man die Hinterlassenschaft dieser Technologie wirksam und dauerhaft von unserem Lebensraum fernhalten kann.

Anfangs war die Begeisterung für das neuartige Energiewunder nahezu flächendeckend. Blinde Fortschrittsgläubigkeit verdrängte das Bewusstsein für Risiken – und folglich auch die Bereitschaft, langfristig Vorsorge zu treffen. Energie-Versorgung geht vor Entsorgung, so dachte auch der kettenrauchende Weltökonom der SPD, Helmut Schmidt, in dessen Amtszeit als Bundeskanzler die meisten bundesdeutschen Kernkraftwerke gebaut wurden.

Erst 1979 wurde mit der Erkundung eines Endlagers für den hochradioaktiven Abfall aus den Kernkraftwerken begonnen. Zuvor waren, eher halbherzig, schwach- und mittelaktive Abfälle, zum Beispiel aus der Medizin, in stillgelegten Bergwerken abgelagert worden. Die wirklich gefährliche Fracht wartete in Abklingbecken oder Zwischenlagern auf ein ungewisses Schicksal – Endlager oder Wiederaufarbeitung?

Als Standort für ein mögliches Endlager war das niedersächsische Gorleben ausersehen. Vier Jahre lang wurde die Eignung der dortigen Salzstöcke im wörtlichen Sinne oberflächlich erkundet. 1983 beschloss die nunmehr schwarz-gelbe Bundesregierung die Erkundung unter Tage. 1986 begannen die Arbeiten. Ende 2000 – inzwischen regierte Rot-Grün – wurde die Erkundung unterbrochen, für „drei bis zehn Jahre“, wie es in dem Moratorium hieß. Nach dessen Ablauf wurde es hektisch. Die Bundesregierung, neuerdings wieder schwarz-gelb, verlängerte Ende 2010 die Laufzeiten der Kernkraftwerke und beendete den Stillstand in Gorleben. Ein halbes Jahr später stieg dieselbe Bundesregierung aus der Kernenergie aus. Ende 2012 erklärte Bundesumweltminister Peter Altmaier die Erkundungsarbeiten in Gorleben für vorerst beendet. Im Frühjahr 2013 gewann Rot-Grün die niedersächsischen Landtagswahlen unter anderem mit dem Versprechen, Gorleben stehe als möglicher Standort definitiv nicht mehr zur Verfügung.

Wenige Wochen später wurde daraus: Es gilt das gebrochene Wort. Das neue Hannoversche Kabinett stimmte einer Vereinbarung von Bund und Ländern zu, erneut nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll zu suchen – einschließlich Gorleben.

Die Wendland-Gemeinde symbolisiert den deutschen Sonderweg des massiven Widerstands gegen alles Nukleare. Gorleben dient nämlich auch als Zwischenlager für die nicht mehr als Brennstoff wiederverwendbaren Strahlenabfälle, die Deutschland vertragsgemäß von den Wiederaufbereitungsanlagen in Frankreich und England zurücknehmen muss. Die Regierenden mussten erkennen, dass weitere Castor-Transporte ins Wendland wegen der massiven Proteste weder finanzierbar noch öffentlich vermittelbar sind. Die sogenannten Demonstranten hatten ihr Ziel erreicht: Verhinderung der Kernkraftnutzung durch die Hintertür, nämlich durch Verhinderung einer sicheren Endlagerung. Die Erfahrung zeigt, dass auch das Zurück aufs Startfeld – wie bei Monopoly oder „Mensch ärgere dich nicht“ – daran nichts ändern wird. H.-J. Mahlitz


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