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27.04.13 / Keine Experimente / Die Partei »Die Linke« setzt fest, dass ihr Überleben wichtiger ist als Provokation

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-13 vom 27. April 2013

Keine Experimente
Die Partei »Die Linke« setzt fest, dass ihr Überleben wichtiger ist als Provokation

Während der FDP das Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde bei der nächsten Bundeswahl von mehreren Seiten nicht zugetraut wird, ist ganz aus dem Blick geraten, dass sich auch eine andere Partei der kritischen Marke nähert. Auch das dürfte ein Grund sein, warum Parteiikone Oskar Lafontaine im Herbst nicht wieder für „Die Linke“ kandidiert.

Die Bundestagswahl von 2009 ist zwar noch keine vier Jahre her, doch die Partei „Die Linke“ hat seitdem viel durchgemacht. So viel, dass sich auch in den eigenen Reihen keiner der Illusion hingibt, an das Ergebnis von damals anzuknöpfen. Die mit den Zugpferden Oskar Lafontaine und Lothar Bisky 2009 erreichten 11,9 Prozent werden auch gar nicht als Zielmarke angegeben. Offiziell werden die bei der Bundestagswahl 2005 erlangten 8,7 Prozent anvisiert, doch Umfragen wollen der Partei nicht einmal diese zusprechen. Dort ist eher von zirka sechs Prozent die Rede und vieles spricht dafür, dass sich der Zuspruch bis zur Bundestagswahl am 22. September eher verringern als vergrößern dürfte.

Erstaunlicherweise wird der dramatische Niedergang von der Partei „Die Linke“ in der Öffentlichkeit gar nicht groß wahrgenommen. In der Partei blickt man auf die schlechten Umfrageergebnisse eher ängstlich wie das Kaninchen auf die Schlange, statt durchzustarten. Dabei wollten die SED-Erben, die sich 2007 mit der überwiegend westdeutschen Hartz-IV-Protestpartei WASG zusammengetan hatten, im letzten Sommer eigentlich zu neuen Ufern aufbrechen, nachdem sich die neue Führung nach dem erkrankungsbedingten Rück-tritt von Oskar Lafontaine 2009 als Klotz am Bein erwiesen hatte. Weder Gesine Lötzsch noch der in jedes Fettnäpfchen tretende Klaus Ernst hatten sich auch nur als annähernd ebenbürtige Nachfolger von Bisky und Lafontaine erwiesen. Katja Kipping und Bernd Riexinger sollten den Aufbruch wagen, doch obwohl der baden-württembergische Gewerkschafter Riexinger als Freund und sogar Kandidat des linken Provokateurs Lafontaine galt, gibt er sich bisher eher bieder. Und auch Kipping, die vor ihrem Karriereschub an die Parteispitze kraftvolle Reden schwang, verwaltet die Partei eher, als dass sie sie führt. Doch dies ist auch schwierig, denn „Die Linke“ gilt als gespalten. Kommentatoren sprechen immer davon, dass sich die Partei aus westdeutschen Links-utopisten und Pragmatikern aus den neuen Ländern zusammensetze, doch so ganz scheint das nicht zu stimmen, zumindest wenn man die Basis der Partei betrachtet. So soll laut der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ Schatzmeister Raju Sharma vor Kurzem die Mitgliederkartei aufgeräumt haben und dabei festgestellt haben, dass beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, wo man besonders sozialistisch und kommunistisch durchsetzte Mitglieder vermutete, deutlich weniger existieren als vermutet. Über 2000 zahlen gar keinen Beitrag und sind demnach auch keine stimmberechtigten Mitglieder. Von 8100 auf 6800 Mitglieder schrumpfte durch diese Aufräumaktion allein in diesem Bundesland der Landesverband. Überhaupt blieben nach dem Ausmisten von Karteileichen nur noch 63761 Mitglieder übrig. Und noch etwas wurde bei der gewissenhaften Aktion deutlich: Auf dem Boden der ehemaligen DDR sterben der Partei die Mitglieder weg. Zugleich kommen nicht genügend Neumitglieder hinzu. Und während der Tod viele loyale Mitglieder dahinrafft, erweisen sich viele Anhänger der Partei als launische Wähler, was auch das Wesen einer Protestpartei ist, ein Status auf den „Die Linke“ lange stolz war. Inzwischen betont Kipping, dass man doch auch eine Gestaltungspartei sei, und versucht so, Protestwähler bei der Stange zu halten. Doch die flirten schon längst fremd. Im letzten Jahr war es die „Piratenpartei“ und in diesem Jahr dürfte die „Alternative für Deutschland“ (AfD) der Linkspartei besonders gefährlich werden. Laut einer Umfrage gaben 35 Prozent der potenziellen AfD-Wähler an, ihr Kreuzchen 2009 noch bei der Partei „Die Linke“ gemacht zu haben. Die AfD „ist ein Problem für alle Parteien, nicht nur für uns“, antwortete der „Linke“-Fraktionschef Gregor Gysi kurz angebunden, als er von Journalisten darauf angesprochen wurde.

„100 Prozent sozial“ heißt das Parteiprogramm für die Bundestagswahl, das die beiden Chefs vor wenigen Tagen durch den Vorstand ihrer Partei bekommen haben und über das im Juni auf dem Parteitag abgestimmt werden soll. Dessen Inhalt versprüht genauso wenig Aufbruchstimmung wie der Name. Aus Sicht von Schwarz-Gelb radikale Forderungen wie ein Hartz-IV-Satz von 500 Euro, eine Mindestrente von 1050 Euro, Renteneintritt schon ab 60, spätestens aber ab 65 Jahren, ein Spitzensteuersatz von 53 Prozent, höhere Erbschafts- und Vermögenssteuer sowie eine Vermögensabgabe für Europa sind darin festgelegt. Das Ganze ist typisch Linkspartei und zollt dem Umstand wenig Rechnung, dass sich die Zeiten geändert haben.

Es spricht also vieles dafür, dass die Parteiführung darauf setzt, die Stammwähler bei der Stange zu halten, um so die Fünf-Prozent-Hürde sicher nehmen zu können. Keine Experimente, so das Credo, denn noch linkere Positionen würden genauso Stammwähler verschrecken wie ein moderateres Programm. Zumal gleichzeitig nichts zu gewinnen wäre. Sich zahmer zu geben, wäre nur sinnvoll, wenn man die Chance auf eine Regierungsbeteiligung in Form von Rot-Rot-Grün hätte. Doch dies wird immer unwahrscheinlicher. Was allerdings nicht daran liegt, dass sich Rot oder Grün deutlicher als sonst von der Linkspartei distanzierten, sondern daran, dass der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück die besten Chancen hat, ein für seine Partei historisches Ergebnis zu erzielen – in Form eines Negativrekords. Rebecca Bellano


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