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27.04.13 / Es geschah im beschaulichen Gumbinnen / Eine heitere Jugenderinnerung von Dieter Dziobaka

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-13 vom 27. April 2013

Es geschah im beschaulichen Gumbinnen
Eine heitere Jugenderinnerung von Dieter Dziobaka

Wenn im Frühjahr die Natur aus ihrem Winterschlaf erwacht, die ersten Blumen – Schneeglöckchen, Krokusse und Narzissen – zu blühen beginnen, wenn die Bäume ihre Blätter treiben und überhaupt alles voller Saft und Kraft ist, spüren auch die Menschen neue Lust und frischen Tatendrang“, so beginnt Dieter Dziobaka aus Hamburg eine seiner kleinen Geschichten, die ihn zurück in die Kindheit führen. Und die verlebte er in Gumbinnen, der Stadt, der er noch heute die Treue hält, denn er pflegt viele Heimattreffen der Vertriebenen mit seiner musikalischen Präsenz zu bereichern: Der Mittachtziger leitet den in und um Hamburg bekannten und beliebten LAB-Chor. Dieses Kürzel steht für die Chormitglieder, die auch in ihrem späteren Leben musikalisch aktiv sein wollen, denn es sind die Anfangsbuchstaben ihres Leitfadens: Länger aktiv bleiben. Für die Aktivitäten, die Dieter Dziobaka seinen Sängerinnen und Sängern für ihre heiter-beschwingten Liederprogramme vorgibt, muss man schon in der Jugend eine gehörige Portion Vitalität mitbekommen haben, und dass dies der Fall ist, belegt die kleine Geschichte, mit deren Anfangszeilen wir eingeleitet haben. Sie beweist seine bereits im Jungenalter vorhandene „ungebremste Vitalität“ im wahrsten Sinn des Wortes: „Meine Eltern sahen dieser Jahreszeit allerdings mit einiger Besorgnis entgegen, besonders als ich im Alter zwischen acht und elf Jahren war, denn in dieser Zeit geschah oft mit mir ein Malheur. Schon lange war es mein Wunsch gewesen, Besitzer eines Fahrrades zu sein. Infolge der rigorosen Sparsamkeit in unserer Familie musste ich das Geld für den Ankauf selber aufbringen. Dazu gab es glücklicherweise mancherlei Gelegenheiten. So ließen verständnisvolle Seelen wie Großeltern oder Patentanten schon mal einige Dittchen springen. Jedenfalls war es eines Tages so weit, und Papa ging mit mir zum Fahrradhändler Prange in der Goldaper Straße, wo ich nach langem Hin und Her ein Fahrrad der Marke Rixe für 50 Reichsmark erstand. Dieses Rad besaß Vollballonreifen und ich hatte es mit Bedacht ausgewählt, weil viele Straßen in Gumbinnen damals holpriges Kopfsteinpflaster aufwiesen. Vollballonreifen konnten das Rütteln etwas abmildern. Trotzdem suchten mein Klassenkamerad Hans Gerd Kerp und ich für unsere Fahrten zur Schule eine möglichst holperfreie Route aus. Überall glatter Kiesweg oder Asphalt bis – ja bis auf die Luisenstrasse, in deren hinterem Ende die Kerps ein Reihenhaus bewohnten. Wir vermieden das dortige Kopfsteinpflaster, indem wir frech auf dem Bürgersteig radelten. Man muss wissen, dass man damals die kleinsten Abweichungen von den gesetzten Normen als schwere Verfehlungen ansah und die Übeltäter streng bestrafte. Nun war die Luisenstraße jedoch still und meist unbelebt. Unbekümmert, wie es unserem Alter entsprach, missachteten wir das Fahrverbot und kamen so flott und glatt jeden Tag von der Schule nach Hause. In der Mitte der Luisenstraße gab es einige Villen, und gleich die erste wurde von der Familie Köberle bewohnt. Der Besitzer, ein Oberingenieur, hatte einen schwarzweißen Foxterrier, einen üblen Kläffer. So manches Mal, wenn ich verträumt die Luisenstraße entlang fuhr, hob er – unmittelbar hinter dem Zaun lauernd – urplötzlich ein lautes Gebell, so dass ich mich maßlos erschrak. Wie ich diesen Köter hasste! Aber er mich auch. Zum Glück war die Gartenpforte immer geschlossen, so dass mir eine direkte Konfrontation mit dem Hund erspart blieb. Eines Tages waren wir wieder auf dem Bürgersteig unterwegs, ich fuhr vorweg, mein Freund hinter mir. Diesmal war aber alles anders als sonst: Wahrscheinlich hatte der Terrier auf uns schon gelauert oder befand sich zufällig am Zaun, und – die Pforte stand offen! Urplötzlich kam der Hund voller Wut herausgeschossen und stürzte sich auf uns. Das heißt: auf Hans Gerd, denn ich war gerade noch so vorbei- und davongekommen. Hinter mir erhob sich aber ein Mordslärm. Der Hund bellte und jaulte wie verrückt, Hans Gerd schrie, da hinein mischte sich der Knall des stürzenden Fahrrads. Ich schaute mich um: Da lag Hans Gerd am Boden und bildete mit dem Fahrrad und dem kläffenden Köter ein ineinander verschlungenes Knäuel. Na, dachte ich, da hast du noch mal Glück gehabt, als es rums machte und ich mit meinem Fahrrad eine Frau über den Haufen fuhr. Sie war, während ich mich umsah, von mir unbemerkt vor das Fahrrad gelaufen. Vorher war sie nicht da gewesen, wo sie so schnell herkam, weiß ich bis heute nicht. Jetzt lagen nicht nur Hans Gerd, der Hund und sein Fahrrad auf dem Boden, sondern ich auch mit der Frau. Es war obendrein keine Unbekannte, sondern Frau Borm, eine ehemalige Nachbarin von uns. Wie es sich dann herausstellte, hatten wir Jungen außer einigen Schürfwunden keinen Schaden erlitten. Nicht so Frau Borm, die sich den Arm gebrochen hatte! Man kann sich vorstellen, was dann zu Hause los war! Dieser Vorfall muss meinen schlechten Ruf noch verstärkt haben, denn bei dem sich anschließenden Schadensersatzprozess sagte eine Zeugin zur Bestätigung, dass ich ein übler Bursche sei, denn ich hätte einmal ein fahrendes Auto mit einem Schneeball beworfen! Schon schlimm, die Jugend von damals!“ (Dieter Dziobaka, Eitnerweg 6 in 22339 Hamburg, Telefon 040/5382661.) R.G.

Am 28. April tritt der LAB-Chor im Seniorentreffpunkt Fuhlsbüttel, Fliederweg 7 in Hamburg auf.


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