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04.05.13 / Eine Meldung genügt schon

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-13 vom 04. Mai 2013

Eine Meldung genügt schon
von Manuela Rosenthal-Kappi

Wir werden keinen Schauspieler ehren, der so über seine Vergangenheit gelogen hat.“ Mit diesen Worten begründete der Sendedirektor des holländischen Fernsehsenders „Max“, Jan Slagter, die Absetzung der Wiederholungen der legendären Krimi-Serie „Derrick“ mit Schauspieler Horst Tappert in der Hauptrolle. Geplant war die Ausstrahlung von 20 Folgen der auch im Ausland beliebten deutschen Kultserie.

Was war geschehen? Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hatte unter Berufung auf den Soziologen Jörg Becker über Horst Tapperts Rolle während des Zweiten Weltkriegs geschrieben. Bei Recherchen zu einer Biografie der deutschen Demoskopin Elisabeth Noelle-Neumann stieß Becker in den Akten der Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der deutschen Wehrmacht (WASt) darauf, dass Tappert im März 1943, als 19-Jähriger, Angehöriger der Waffen-SS im Rang eines einfachen Grenadiers gewesen sei.

Ob Tappert sich freiwillig gemeldet hatte oder Druck auf ihn ausgeübt wurde, ist unbekannt. Tappert selbst hat über sein Privatleben nie viele Worte verloren. Laut der „Welt“ soll er angegeben haben, Kompaniesanitäter in einer Wehrmachtseinheit und nicht Soldat im Panzergrenadierregiment 1 „Totenkopf“ gewesen zu sein.

Allein diese Meldung genügte dem holländischen Sender schon, um sofort zu handeln. Die Ausstrahlung der Sendung beleidige die Opfer des Krieges, so Slagters Begründung. Dabei war Tappert nie in den Niederlanden eingesetzt, sondern bei der Rückeroberung Charkows 1943. Opfer von ihm kann es in Holland also nicht geben. Eigene Recherchen anzustellen oder über die Zahl der Niederländer, die in der Waffen-SS als Freiwillige gedient haben, zu reflektieren hielt Slaters offensichtlich nicht für nötig.

Die Erwähnung „Waffen-SS“ führt auch hierzulande meist zu einem schnellen Urteil. Eine Zeitung schrieb: „Das Denkmal des braven TV-Detektivs hat Risse bekommen.“ Es ist erfreulich, dass die meisten deutschen Leitmedien nicht gleich über den 2008 Verstorbenen herfielen, sondern differenziert berichteten. Der „Spiegel“ weist darauf hin, dass sich Historiker heute einig seien: „Das Vorgehen der Waffen-SS war verbrecherisch. Doch die alleinige Mitgliedschaft wurde später nicht als Verbrechen gewertet.“ Die Dis-kussion, die Günter Grass 2006 mit seinem Geständnis, Flakhelfer bei der Waffen-SS gewesen zu sein, ausgelöst hat, zeigt hier offensichtlich noch Wirkung, so dass die Medien sich im Fall Tapperts zurückhalten.

Tatsache ist, dass viele holländische Fernsehzuschauer, die sich auf die „Derrick“-Folgen gefreut hatten, enttäuscht sind und die Aufforderung, die Verdienste Tapperts zu würdigen, in Internetforen kundtun.


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