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11.05.13 / Durchsichtiges Manöver / Studie soll die Vorzüge des Euro beweisen – und scheitert erbärmlich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-13 vom 11. Mai 2013

Durchsichtiges Manöver
Studie soll die Vorzüge des Euro beweisen – und scheitert erbärmlich

Hunderttausende neue Arbeitslose, weit weniger Einkommen – das blüht den Deutschen im Jahre 2025, wenn sie zur D-Mark zurückkehren, so eine Studie des „Prognos-Instituts“. Dabei stützen sich die Autoren auf längst widerlegte Prognosen, ignorieren die historische Erfahrung und blenden schwerwiegende Aspekte einfach aus.

Weitgehend kritiklos nahmen die deutschen Medien eine neue Studie des Prognos-Instituts im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung auf, wonach Deutschland erheblich vom Euro profitiere. Kehrte die Bundesrepublik mit sofortiger Wirkung zur D-Mark zurück, führe dies bis 2025 zum Verlust von 200000 Arbeitsplätzen. Zu­dem büße jeder Beschäftigte bis 2025 etwa 1100 Euro jährlich an Gehalt ein, so die Prognose.

Der Grund für den Einbruch sei, dass die deutsche Währung massiv aufwerten würde. Dadurch verlöre die heimische Wirtschaft an Wettbewerbsfähigkeit. Außerdem müssten die Betriebe wieder mit Wechselkursschwankungen leben wie damit, dass die Preise in anderen Ländern weniger durchschaubar seien als heute unter dem Dach der gemeinsamen Währung.

All dies wurde in den Medien beifällig aufgenommen. Die offenkundigen Schwachstellen der Studie wurden hingegen übersehen. Wesentliche Gesichtspunkte werden in der Arbeit entweder gar nicht berücksichtigt oder falsch dargestellt.

Ein Grund für die fehlerhafte Darstellung mag darin liegen, dass es erklärtermaßen das Anliegen der Studie ist, die, wie die Autoren selbst schreiben, „Vor­tei­le Deutschlands aus der Wäh­rungs­union aufzuzeigen“. Die par­tei­ische Motivation hat den Blick auf die Realität offensichtlich getrübt.

So unterstellt die Studie, dass einer der „wesentlichen positiven Effekte einer gemeinsamen Währung ... die Intensivierung des Handels innerhalb des Währungsraums“ sei. Davon gingen die Euro-Befürworter in der Tat aus. Fakt ist jedoch, dass das genaue Gegenteil eintrat.

Im Jahre 1995 gingen rund 46 Prozent der deutschen Exporte in Länder, die heute den Euro haben. Schon 2011 war dieser Prozentsatz auf unter 40 Prozent gefallen. Die jüngsten Meldungen aus den sogenannten „Krisenstaaten“, beispielsweise über dramatisch einbrechende Absatzzahlen im Autohandel, deuten darauf hin, dass die Bedeutung dieser Märkte für den deutschen Außenhandel noch weiter schrumpfen dürfte.

Die Frage ist: Wie kommt Prog­nos dann zu der irrigen Annahme, der Euro habe den Handel innerhalb des Währungsraums „intensiviert“? Ganz einfach: Statt auf die Fakten zu blicken, stützen sich die Autoren auf andere, ältere Studien, die teilweise noch aus der Frühphase des Euro stammen und somit gar keine aussagekräftigen Daten über die Entwicklung des innereuropäischen Handels unterm Euro verwenden konnten. So hangelt man sich von (bereits widerlegter) Studie zu Studie, statt die Wirklichkeit zu betrachten.

Die These vom angeblich zwingenden Zusammenhang zwischen Exporterfolg und günstigem Wechselkurs ist überhaupt ein Dauerbrenner, der zwar spontan einleuchtend klingt. Dem Blick auf die Wirklichkeit hält die These jedoch nicht stand. In keinem Jahrzehnt wurde die D-Mark so stark aufgewertet wie in den 1970er Jahren. In keiner anderen Dekade aber wuchs auch der deutsche Export so stark.

Statt dass der Export infolge der Aufwertung einbrach, geschah nämlich etwas anderes: Deutschland musste sich von der Produktion günstiger Massenware etwa im Textil- oder Schiffbau trennen. Das kostete tatsächlich viele Arbeitsplätze, zwang die Deutschen aber dazu, sich auf wertintensive Qualitätsprodukte zu konzentrieren. Aufs Ganze gesehen stärkte die harte Währung auf diese Weise die internationale Wettbewerbsfähigkeit.

Vor dem Hintergrund dieser Erfahrung mahnen Experten sogar, dass sich dieser Effekt unterm Euro umdrehen könnte: Dadurch, dass Deutschland nun günstiger exportieren könne, lasse der Innovationsdruck nach, was langfristig die Konkurrenzfähigkeit schwäche.

Unstrittig ist, dass der Euro für Deutschland relativ „schwach“, für andere Länder hingegen verhältnismäßig „stark“ ist. In den Euro-Südländern hat die starke Währung zu beträchtlichen Einbrüchen geführt, weshalb ihre Regierungen am Rande des Bankrotts wandeln und die Volkswirtschaften darniederliegen.

Welche Auswirkungen diese Krisen für den deutschen Außenhandel haben, lässt die Prognos-Studie allerdings völlig unbe­rücksichtigt. Dabei hängt die Antwort auf die Frage, ob ein Mercedes in Spanien einen Käufer findet, weniger davon ab, ob der Wagen ein paar tausend Euro, D-Mark oder Peseten mehr kostet als vielmehr davon, in welcher wirtschaftlichen Situation der potenzielle spanische Käufer steckt. Die EU feiert die zurückgehenden Außenhandelsdefizite der „Krisenländer“ als Zeichen ihrer Erholung. Tatsache ist jedoch, dass sich derzeit dahinter vor allem der Zusammenbruch der dortigen Kaufkraft verbirgt.

Könnten diese Länder wieder in eigener Währung abwerten, würden deutsche Waren zwar teurer. Gleichzeitig aber könnten sich ihre eigenen Volkswirtschaften erholen, Kaufkraft und Zuversicht kehrten zurück und damit auch die Nachfrage nach hochwertigen, wenn auch teuren deutschen Qualitätsprodukten.

Ganz ausgeblendet werden in der Studie auch die Auswirkungen der europäischen Leitzinspolitik. Um den „Krisenländern“ billige Kredite zu ermöglichen, werden für die Euro-Zone Niedrigstzinsen erzwungen, die das Ersparte der Deutschen wegschmelzen lassen, weil der Zinssatz unter der Inflationsrate liegt (siehe auch Beitrag unten).

Alles in allem ist die Prognos-Studie nur ein weiterer Versuch, die Lage schönzureden. Im Vorfeld der Bundestagswahlen soll Euro-Kritikern der Wind aus den Segeln genommen werden. Das Manöver ist jedoch allzu leicht zu durchschauen. Hans Heckel


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