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11.05.13 / Quo vadis, Star Trek? / Seit einem halben Jahrhundert irrt Raumschiff Enterprise durchs Universum – Jetzt kehrt Captain Kirks Crew ins Kino zurück

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-13 vom 11. Mai 2013

Quo vadis, Star Trek?
Seit einem halben Jahrhundert irrt Raumschiff Enterprise durchs Universum – Jetzt kehrt Captain Kirks Crew ins Kino zurück

Gemeinsam mit Scotty können sich Kinogänger in ein neues Weltraumabenteuer „beamen“ – diesmal in 3D und einer bombastischen Geräuschkulisse. Am 9. Mai hebt die Kinorakete „Into Darkness“ in die unendlichen „Star Trek“-Weiten ab.

Der rote Teppich war diesmal schwarz. Sicher in Anlehnung an den Titel „Star Trek Into Dark­ness“ („Ins Dunkle“). Bei der Berliner Deutschlandpremiere warfen Scheinwerfer im Sony Center am Potsdamer Platz die Aufbauten, die das Innere des Raumschiffs suggerierten, in ein helles Weiß. Und da stand sie dann, die neue „Star Trek“-Crew: Chris Pine (Captain Kirk), Zachary Quinto (Mr. Spock), Simon Pegg (Scotty), Zoë Saldana (Uhura) und die Neue auf der Brücke, Alice Eve als verführerische Physikerin Carol Marcus.

Die Darsteller hatten Spaß am Premierenbad in der Menge. Kein Wunder, entrichteten die in Sternenuniformen verkleideten Fans doch den „Vulkaniergruß“. Mit dabei auch Martin Netter aus Bad Münster, der nach eigenen Angaben die größte Sammlung von „Star Trek“-Requisiten besitzt. Bedeutet für ihn die „Star Wars“-Welt eine Konkurrenz? Immerhin bildet das von George Lucas in den 70er Jahren erdachte „Krieg der Sterne“-Epos eine Art Paralleluniversum. Darauf hat der Fan nur eine Antwort: „Star Trek ist um Längen besser!“

Davon ist natürlich auch J. J. Abrams überzeugt, der Macher des Films und Präsident der Firma Bad Robot Productions. Sein Regiedebüt gab der gebürtige New Yorker mit „Mission Impossible III“. 2005 gewann er mit der Serie „Lost“ als Produzent und Regisseur des Pilotfilms zwei Emmys. „Der Film wurde nicht nur für die Fans gedreht, sondern für alle Kinobesucher“, ließ Abrams wissen. „Wir versuchen den Geist der Serie zu würdigen und wollen ein berührendes Abenteuer schaffen, nicht nur eine Neuverfilmung fast 50 Jahre alter Geschichten.“

Auch Zoë Saldana, charismatische Darstellerin der Uhura strahlte und hob die Hand zum „Vulkaniergruß“, wobei je zwei Finger den Buchstaben „V“ bilden. „Lebe lang und erfolgreich“, sollte das bedeuten. Der Gruß kann als Motto des Sternen-Mythos gelten. Schon lange und erfolgreich laufen diese Weltraumgeschichten. Mittlerweile umfasst das „Star Trek“-Universum zwölf Kinofilme und sechs TV-Serien.

Was aus der schlichten Verfilmung in Pappmaché werden würde, konnte sich der Erfinder Gene Roddenberry 1964 nicht einmal im Traum vorstellen. Zuerst war es nur eine Idee, aus der ein Pilotfilm entstand. Die Fernsehanstalten lehnten ab. Dass der Autor eine Frau in Führungsposition und einen Außerirdischen, der teuflisch aussah, mit auf die Brücke stellte, erregte die Gemüter zusätzlich. Die Produzenten wollten Western! So erzählte ihnen Roddenberry das Märchen vom Weltraumwestern, in dem Pferde zu Weltraumschiffen wurden. Das stimmte die Fernsehbosse um.

Die erste „Star Trek“-Serie, die hierzulande als „Raumschiff En­terprise“ lief, wurde von 1966 bis 1969 produziert. Das Ende fiel zeitlich mit der Mondlandung zusammen. Eine günstige Konstellation, wie sich herausstellte. Die Episoden wurden so populär, dass sie Kultstatus erreichten. 1979 sah man die Crew mit William Shatner als Kirk und Leonard Nimoy als Spock in „Star Trek: Der Film“ auch auf der Kinoleinwand. Mit weiteren sechs Filmen wurde das Filmepos zur beliebtesten Kinoserie Hollywoods.

1987 kam es zu einem Generationenwechsel. In „Star Trek: Treffen der Generationen“ verabschiedete sich die alte Mannschaft. Jetzt wurde ein neues Schiff unter dem Kommando von Jean Luc Picard im Fernsehen auf die Reise geschickt, angesiedelt etwa 100 Jahre nach den ersten Abenteuern. Die Erstausstrahlung brach alle Zuschauerrekorde. 30 Millionen Menschen wollten teilhaben an den Weltraumabenteuern. Nach sieben Jahren erschien die neue Crew auch als Kinofilm.

Doch die Geschichten waren noch lange nicht auserzählt. Mit „Deep Space Nine“ ging von 1992 bis 1999 eine weitere Serie an den Start. Angesiedelt im 24. Jahrhundert, stand erstmals eine Raumstation im Mittelpunkt. 1995 war man soweit, einer Frau das Kommando zu übergeben. Bis 2001 durfte Kate Mulgrew als Captain Kathryn Janeway in sieben Staffeln die im Weltall gestrandete „USS Voyager“ durch die Galaxien zum Heimatplaneten Erde geleiten. Von 2001 bis 2005 entstanden noch zwei Serien als sogenannte Prequels, also Handlungen, die zeitlich vor der ersten Serie spielen. Abrams stellte 2009 alles auf Anfang. Ihm und Produzent Bryan Burk gelang mit dem Kinofilm „Star Trek: Die Zukunft hat begonnen“ die Wiederbelebung der Saga mit unverbrauchten jungen Schauspielern. Temporeich wurde die Vorgeschichte der Figuren Kirk und Spock erzählt.

In „Star Trek Into Darkness“ schickt Abrams sein bewährtes Team nun auf eine zweite Reise. „Wir übertreffen den ersten Film in jeder Beziehung. Wir zeigen Vulkanplaneten, wilde Raumschiff-Verfolgungsjagden und gewaltige Spezialeffekte“, versprach der Regisseur. Wer sich im Kinosessel einen gemütlichen Abend machen will, wird enttäuscht werden. Der schnurrige Charme und hintergründige Witz der frühen Jahre ist ad acta gelegt. Die Crew um Captain Kirk lässt einen jetzt keine Sekunde mehr verschnaufen. Eher sollte man sich auf einen Marathonlauf mit Dauergetöse einstellen. So fliegen einem die Gesteinsbrocken auch virtuell in 3D um die Ohren. Und immer mal wieder erhebt sich ein Flugobjekt über den Kinoplätzen und landet, wo man es gar nicht vermuten würde.

Dass die Crew um Kirk unterwegs ist in den Weiten des Alls und gerade gegen die Gesetze der Föderation verstoßen hat, erfährt man später. Kirk wird als Strafe vom Admiral Pike (Bruce Greenwood) das Schiff entzogen. Doch ein Terroranschlag in London ändert alles. Der Film ist temporeich und bleibt es die ganzen zwei Stunden lang. Immer wieder wird an Ground Zero erinnert. Einstürzende Türme, Menschen, die in Staubwolken schreiend davon eilen. Die Terrorangst der Amerikaner wird bestens bedient.

Neu in der Crew lächelt sich Alice Eve als Carol Marcus in Kirks Herz. Man nimmt ihr viel ab, nur keine promovierte Physikerin. Um Glaubwürdigkeit geht es auch nicht. Mit seinem bombastischen Getöse und der Spezial-Effekt-Maschinerie wirkt der Film wie eine massentauglich sauber Din-genormte Action-Orgie aus der Hollywoodfabrik.

Es geht ab wie in Über-Lichtgeschwindigkeit. Wenigstens der Impuls- und Warpantrieb der Enterprise funktioniert noch. Selbst Physikprofessoren haben sich damit schon wissenschaftlich beschäftigt, obgleich sie bewiesen haben, dass das gar nicht funktionieren kann: Die Mannschaft würde bei der Beschleunigung zu „Biomatsch“ werden.

Der geistige Vater Roddenberry war seiner Zeit wohl zu weit voraus. Er stellte eine feministisch gleichberechtigte Multikulti-Crew nebeneinander. Als die dunkelhäutige Uhura in einer Folge in den 60rn vom Captain geküsst wurde, ging man in den Südstaaten auf die Barrikaden. Bis heute ist die Episode nicht gesendet worden und war damals ein Skandal. In „Star Trek Into Darkness“ ist man nun soweit, dass Uhura den Außerirdischen Spock anhimmeln darf.

Der menschliche Fortschritt versöhnt einen ein wenig mit dem nervigen filmtechnischen. Am liebsten möchte man dem Bordtechniker Scotty den Befehl geben: „beam“ uns zurück in die 60er. Silvia Friedrich


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