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11.05.13 / Moralist und Monarchist / Gedichte des vor 110 Jahren geborenen Reinhold Schneider trösteten Frontsoldaten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-13 vom 11. Mai 2013

Moralist und Monarchist
Gedichte des vor 110 Jahren geborenen Reinhold Schneider trösteten Frontsoldaten

Der katholische Dichter Reinhold Schneider war schon zu Lebzeiten eine Art Ikone. Das aber weniger aufgrund seiner historiografischen Romane („Philipp II.“, „Das Inselreich“, „Die Hohenzollern“), sondern wegen seiner theologischen Essays und geistlichen Sonette. Mit ihnen hatte er während der NS-Zeit vielen Menschen Trost und Orientierung gegeben.

In seiner politischen Grundhaltung war der vor 110 Jahren am 13. Mai 1903 in Baden-Baden geborene Schneider ursprünglich Monarchist gewesen. Auch wenn seine Sicht über das Wesen und die Bedeutung der Krone nicht frei von Idealisierung und Verklärung war, so hatte er doch so unrecht nicht, wenn er nach dem Untergang des NS-Reiches feststellte: „Wenigstens drei Verbrechen hätten sich mit der monarchischen Staatsform kaum vereinbaren lassen: die Verfolgung der Juden, der zynische Bruch des Rechts, die Verfolgung der Christen beider Bekenntnisse.“

Bereits 1934 hatte Schneider von der Existenz der Konzentrationslager erfahren. Seitdem ließ ihn das Leiden der in die Lager und Gefängnisse Verschickten nicht mehr los. In der 1938 erschienen Erzählung „Las Casas vor Karl V.“ schildert er, wie der Dominikaner Las Casas sich vor dem Kaiser zum Fürsprecher der Indios in den südamerikanischen Kolonien macht und leidenschaftlich gegen deren Unterdrückung und Misshandlung durch die sich als Vertreter einer höherwertigen Rasse verstehenden spanischen Konquistadoren protestiert. Mit seiner exemplarischen Erzählung sprach sich der Autor indirekt gegen die menschenverachtende Judenpolitik im Dritten Reich aus.

Mit dem Haus Hohenzollern war Schneider befreundet. Mehrmals war er zu Gast bei Wilhelm II. in dessen Exil im holländischen Doorn. Die in Wilhelms Cha­rakter, in seinem sprunghaften und rastlosen Wesen liegenden staatsmännischen Defizite und Grenzen, er­kannte Schneider nur zu sehr. Doch beteiligte er sich nicht an einer Karikierung dieser tragischen Gestalt der Geschichte, der – nach Schneider – ihre Ruhelosigkeit zum „entscheidenden Verhängnis“ geworden war. Für Schneider war der Hohenzollernkaiser „das Opfer seiner Zeit, wie auch die Zeit sein Opfer war“. Wilhelm II. ist ihm ein „Symbol kranker Macht“.

Im Zweiten Weltkrieg versuchte Schneider durch ungezählte Briefe, durch religiöse Kleinschriften und Gedichte vor allem den vom Krieg getroffenen und gezeichneten Soldaten in ihrer Not und Glaubensgefährdung geistliche Deutung und Ermutigung zu geben. Seine Schriften – heimlich kopiert und weitergereicht – erreichten die Soldaten an der Front, in den Gefangenenlagern und Lazaretten; ja bis hinein in den Kessel von Stalingrad und in Konzentrationslager sickerten sie durch.

Schneider wiederum er­hielt Tausende von Briefen, in denen einfache Soldaten, Mütter von Gefallenen, Schwestern aus Krankenhäusern und Lazaretten ihm tief bewegt ih­ren Dank aussprachen.

Obwohl er von Anfang an die Gegnerschaft der neuen Machthaber verspürte, hatte sich die Frage der Emigration für ihn nie ernsthaft gestellt, „Ich kann nur leben“, so bekannte er in seiner Autobiographie „Verhüllter Tag“, „mit meinem Volke; ich möchte und muss seinen Weg mitgehen Schritt für Schritt; so hoch ich diejenigen achte, die aus Gesinnung emigrierten, so habe ich doch nie daran gedacht, Deutschland zu verlassen; es hat sich auch ergeben, dass eine geistige Einwirkung auf ein der Diktatur unterworfenes Land von außen kaum möglich ist.“

Kurz vor Kriegsende hatte Martin Bormann gegen Schneider einen Prozess wegen „hochverräterischer Wehrkraftzersetzung“ eingeleitet. Als die Gestapo Schneider festnehmen wollte, befand sich dieser schwerkrank und kurz vor einer Operation stehend, in einem Freiburger Krankenhaus. Das sollte ihm das Leben retten. Zumal bald darauf die zerbombte Stadt von den Franzosen eingenommen wurde.

Auch nach Kriegsende setzte Schneider in seinen Schriften sein ethisch-moralisches (Ein-)Wirken auf die verstörten Menschen und die noch ungefestigten politischen Verhältnisse im Nachkriegsdeutschland fort.

Doch um 1950/51 herum wird der eben noch vielfach Geehrte zur Zielscheibe heftiger, bösartiger Kritik, da er sich nicht nur gegen die Wiederbewaffnung, sondern auch gegen die beginnende atomare Aufrüstung ausgesprochen hatte. Die nun einsetzende Welle der Distanzierung und Verleumdung traf den überaus sensiblen, physisch und psychisch ohnehin schon stark angeschlagenen Dichter zutiefst. Im Alter von erst 54 Jahren starb Schneider am 7. April 1958 in Freiburg an den Folgen eines schweren Sturzes. Matthias Hilbert


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