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11.05.13 / Motiven auf der Spur / Fotograf analysiert Maler

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-13 vom 11. Mai 2013

Motiven auf der Spur
Fotograf analysiert Maler

In dem Werk von Caspar David Friedrich, des bedeutendsten Malers und Zeichners der deutschen Frühromantik, hatte die nordböhmische Berglandschaft mit ihren sanft ansteigenden Vulkankegeln und weiten Fernsichten eine besondere Bedeutung. Mindestens achtmal ist Friedrich (1774–1840) zwischen 1802 und 1810 nach Böhmen gereist, einschließlich einer Fußreise in das Riesengebirge. Unterwegs fertigte er Zeichnungen an, die er später als Vorlage für seine Landschaftsgemälde verwendete.

In seinem zweiten Buch über den Ausnahmekünstler, betitelt „Caspar David Friedrich. Das Riesengebirge und die böhmischen Berge“, beschäftigt sich der Dresdener Fotograf Frank Richter mit der Wahrnehmung von Natur und Landschaft: Er stellt Friedrichs berühmte Riesengebirgsbilder und nordböhmischen Berglandschaften neben seine eigenen Fotografien, die während mehrerer Reisen nach Nordböhmen und ins Riesengebirge entstanden sind. Anhand der Fotografien sind die im Laufe der Zeit eingetretenen Veränderungen der Landschaft augenfällig. Gleichzeitig vermittelt das Buch höchst anschaulich die Entstehungsgeschichte der Gemälde, sofern sie rekonstruiert werden konnte oder auch seit jeher bekannt ist. Bildinterpretationen werden gelegentlich mitgeliefert, aber sie sind hier von eher nachrangiger Bedeutung. Bedingt durch diesen vielschichtigen Ansatz des Autors ist der ästhetisch gestaltete Band aufwendig mit verschiedenartigem Bildmaterial ausgestattet.

Aufgrund eigener Recherchen vor Ort konnte Richter etliche Studien Caspar David Friedrichs lokalisieren oder ältere Lokalisierungen bestätigen. Weitere Ein- und Zuordnungen einzelner Studien hat er dem 2011 erschienenen Werkverzeichnis „Caspar David Friedrich: Die Zeichnungen“ entnommen. Die Zuordnungen sind durch Kartenausschnitte kenntlich gemacht. Vor Jahren hatte der Autor über längere Zeit einen Spitzenkletterer mit seiner Kamera begleitet, und man spürt jederzeit die Anziehungskraft, die die stille Bergwelt auf ihn ausübt; so wie der Ausnahmemaler Fried-rich seinerzeit dafür eine neue Bildsprache fand. Richter: „Es war in diesen Landschaften der Widerhall dessen, was in ihm selbst angelegt war. Das spürt man in den Zeichnungen, … und das findet man, oft ins Transzendente erhöht, in seinen Gemälden.“

Dem Jeschkengebirge, dem Milleschauer und den Riesengebirgsbildern sind eigene Buchkapitel gewidmet. Während Friedrich die Schneekoppe tatsächlich bestiegen hat, ist dies bei den meisten der böhmischen Berge, die er gemalt hat, nicht sicher. Durch die Felsenwelt der sächsischen Schweiz bei Dresden, seinem Wohnort, wurde Friedrichs Interesse am Thema „Berge“ geweckt. Vom Dresdener Elbtal aus erschloss er sich etappenweise die böhmischen Landschaften, die er besuchte. Die Anregungen dazu kamen von Künstlerkollegen und seinem Lehrer Adrian Zingg. Von dem künstlerischen Ertrag der Fußwanderung ins Riesengebirge, die Friedrich 1810 zusammen mit seinem Freund Georg Friedrich Kersting unternahm, zehrte er sein Leben lang. Und so versetzte der fast 60-Jährige in einem kühnen Entwurf die Ruine Eldena ins Riesengebirge: Über einer in die Farben der Dämmerung getauchte Landschaft leuchtet ein prachtvoller Abendhimmel. Auf diesem späten Gemälde, das sich im Pommerschen Landesmuseum Greifswald befindet, sind drei Dinge zusammengefasst: die überlieferte Herkunft Friedrichs aus Schlesien, dass in dieser Gegend die Elbe entspringt (die für den Maler ein Gleichnis des Lebens war) und dass die Klosterruine Eldena gezeigt wird, welche er mehrfach als Symbol für Heimat und zugleich für den Tod, aber im Sinne von Heimkehr, dargestellt hat: „Woher kommen wir, wohin gehen wir und was erwartet uns? In diesem Bild zieht Friedrich eine positive Bilanz“, lautet die Interpretation des Autors. Böhmen fasziniert noch heute, schreibt er – zu Recht. Dagmar Jestrzemski

Frank Richter: „Caspar David Friedrich. Das Riesengebirge und die böhmischen Berge“, Verlag der Kunst Dresden Ingwert Paulsen jr., Husum 2012, broschiert, 143 Seiten, 16,95 Euro


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