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18.05.13 / Spaltung abgewendet? / Neues Sprachengesetz macht russischsprachige Ukrainer zahm

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-13 vom 18. Mai 2013

Spaltung abgewendet?
Neues Sprachengesetz macht russischsprachige Ukrainer zahm

In den seit August 2012 offiziell russischsprachigen Regionen der Ost- und Südukraine bahnt sich seit dem Inkrafttreten des neuen Sprachengesetzes eine interessante Ent- wicklung an, mit der viele kaum gerechnet hätten. Am 8. August hatte der ukrainische Staatspräsident Viktor Janukowitsch das neue Sprachengesetz der Ukraine unterzeichnet und nur eine Woche später hatten 13 Regionen – rund die Hälfte der Ukraine – Russisch zur Regionalsprache erhoben. Die jetzt offiziell anerkannte russischsprachige Bevölkerung der Ukraine, die viele als Erfüllungsgehilfen Moskaus in der Ukraine gesehen haben, entwickelt jetzt eine eigene nationale Identität für die Ukraine. Auf den sozialen Netzwerken hatten sich im letzten Jahr verschiedene Gruppen „Russischsprachiger ukrainischer Nationalisten“ gebildet, diese Gruppen haben sich inzwischen zusammengeschlossen und sind dabei, ein eigener Verband zu werden. Millionen ukrainischer Staatsangehöriger könnten die Basis dieses neuen Verbandes bilden. Die Russischsprachigen bilden etwa 45 Prozent der ukrainischen Bevölkerung. Zwei Drittel von ihnen sind ethnische Ukrainer, die im Laufe von Generationen russifiziert worden sind, und nur ein Drittel sind Auslandsrussen, die beim Zerfall der Sowjetunion ihren Wohnsitz in der falschen Republik hatten. Laut Umfragen betrachten 86 Prozent der Russischsprachigen die Ukraine als ihre Heimat, 72 Prozent sind sogar richtige ukrainische Patrioten.

Der Führer der neuen russischsprachigen ukrainischen Nationalisten, Sergej Samiljuchin, legt Wert darauf, keine politischen, sondern lediglich erzieherische und bildungspolitische Ziele zu verfolgen. Er möchte den russischsprachigen Ukrainern erklären, warum das Russische ihnen und ihren Familien im Laufe der Geschichte aufgedrängt worden ist und warum es nicht die Sprache ihrer Nation ist.

Im letzten Jahr, als das neue Sprachengesetz gegen den Widerstand starker gesellschaftlicher Kräfte auch mit Fäusten durchgesetzt wurde, waren nur 28 Prozent der ukrainischen Bevölkerung von der Aufwertung der Stellung des Russischen begeistert. Nach Umfragen des Internationalen Soziologie-Instituts von Kiew unterstützten jedoch 47 Prozent der Bevölkerung die Anerkennung des Russischen als Regionalsprache in Gebieten mit mehr als 30 Prozent Anteil an Russischsprachigen. Nach Einschätzung des führenden Soziologen des Instituts Wladimir Zolotorew betrachteten viele Russischsprachige Ukrainer die Ukraine zwar als ihr Vaterland, aber viele fühlten sich bis dahin als „nicht korrekte“ Ukrainer. Dies könnte sich jetzt durch die Bewegung von Samiljuchin ändern, nachdem diese das Russische sozusagen auch zur Sprache der ukrainischen Nationalisten gemacht hat.

Bislang hatte die Partei der inhaftierten Julia Timoschenko, die im Westen der Ukraine ihr Schwergewicht hat, auch im russischsprachigen Osten und Süden noch eine starke Verwurzelung. Sollte es der neuen russischsprachigen patriotischen Bewegung gelingen, auch aus den Russischsprachigen echte ukrainische Patrioten zu machen, würde dies der alten Ost-West-Spaltung der Ukraine entlang der Sprachgrenze entgegenwirken und die Angst vor einer Spaltung, die von Timoschenko am meisten instrumentalisiert wurde, abnehmen. Bodo Bost


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