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25.05.13 / Krankes Vaterland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-13 vom 25. Mai 2013

Krankes Vaterland
von Jan Heitmann

Ein Tag im niederländischen Arnheim, Schauplatz einer der berühmtesten Schlachten des Zweiten Weltkrieges. Auf dem Parkplatz der Kriegsgräberstätte stehen 20 Motorräder Marke Harley Davidson mit niederländischen Kennzeichen. Die Fahrer stehen in Gruppen auf dem Friedhof und unterhalten sich gedämpft, so, wie es der Würde des Ortes entspricht. Darunter einige Typen, die jedem Klischee vom „harten Biker“ entsprechen. Alle tragen sie die szenetypische Motorradbekleidung. Ein kurzes Kommando des Anführers, und alle treten in sauber ausgerichteter Linie an. Ein weiteres Kommando, und sie grüßen militärisch. Der Anführer spricht einige Worte und befiehlt Rühren und Wegtreten. Es sind aktive und ehemalige Soldaten der niederländischen Streitkräfte. Für sie war es selbstverständlich, bei ihrer Tour hier Station zu machen und den Gefallenen die Ehre zu erweisen. Die Friedhofsbesucher sind beeindruckt und begeistert.

Zwei Wochen später startet eine Gruppe Motorradfahrer vom ehemaligen Flughafen Berlin-Tempelhof zu einer Gedenkfahrt. Es sind die „Recondo Vets“, ein Motorradclub ehemaliger Bundeswehrsoldaten, die meisten davon mit Einsatzerfahrung. Zu ihnen haben sich einige Ehemalige aus anderen Nato-Staaten gesellt. Der Bund Deutscher Veteranen ist Mitorganisator der Veranstaltung. Seitens der Bundeswehr, des Reservisten- und des Bundeswehrverbandes ist trotz Einladung niemand erschienen. Ziel des „Memorial Run“ ist das Ehrenmahl für die Toten der Bundeswehr an der Hilde­brandstraße. Es liegt unauffällig am Rande des Areals des Bundesverteidigungsministeriums. Ringsherum absolutes Halteverbot, damit ja keiner auf die Idee kommt, es zu besuchen.

Die Motorradfahrer gedenken ihrer toten Kameraden in angemessener Würde. So wie die in Arnheim. Aber hier enden die Parallelen. In Deutschland gibt es dafür keine Anerkennung oder gar Begeisterung. Statt dessen Kritik an der angeblich unangemessenen Bekleidung, kleinkarierte Verweise auf die Uniformvorschriften, die das Tragen militärischer Abzeichen und Kopfbedeckungen zur Zivilkleidung nicht vorsehen, und hämische Bemerkungen über die Leibesfülle einiger schon in die Jahre gekommener Teilnehmer.

Ist das alles wirklich wichtig? Nein! Es kommt nicht auf die Verpackung, sondern auf den Inhalt an. Lieber „harte Biker“ in Motorradkluft, die es ehrlich mit den Toten der Bundeswehr meinen, als eine wohlgewandete Gedenkgemeinde, die nur Stereotypes und Geheucheltes von sich gibt. Sie tun wenigstens etwas zur Ehrung der Gefallenen und zur Erinnerung an die vielen versehrten und traumatisierten Soldaten. Die Politik dagegen ist noch immer damit beschäftigt, eine Definition für den Veteranenbegriff zu suchen und sich auf ein offizielles Gedenken zu verständigen. Deutschland, krankes Vaterland.


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