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01.06.13 / Chinas »Entwicklungshilfe« am Pamir / Tadschikistan überlasst dem Nachbarn umstrittenes Grenzland für großzügige Kredite und Infrastruktur

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-13 vom 01. Juni 2013

Chinas »Entwicklungshilfe« am Pamir
Tadschikistan überlasst dem Nachbarn umstrittenes Grenzland für großzügige Kredite und Infrastruktur

Ende Mai schloss die zentralasiatische Republik Tadschikistan eine wegweisende Vereinbarung über eine strategische Zusammenarbeit mit China. Für weitreichende Investitionen überlässt Tadschikistan dem Nachbarn eine 1500 Quadratkilometer große grenznahe Region zur Nutzung. Neben China ringen jedoch auch Russland und die USA um Einfluss in Zentralasien.

Das Pamirgebirge versorgt die zu seinen Füßen liegenden zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan und Usbekistan mit Wasser. Weil dieses überlebenswichtige Element in der Region knapp und Grenzverläufe unklar sind, kommt es häufig zu Konflikten. Erst kürzlich gab es im Ferganatal eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Kirgisen und Tadschiken, bei der zwölf Menschen verletzt wurden. Zu Auseinandersetzungen ist es wiederholt auch an der kirgisisch-usbekischen Grenze gekommen, an der Usbekistan sogar Minen einsetzt, um unter anderem illegale Wasserentnahmen zu verhindern.

Außer Wasser bietet der Pamir weitere Schätze, die schon seit Ende der 90er Jahre Begehrlichkeiten bei den Chinesen wecken: Im Inneren des Gebirges lagern neben Uranreserven Gold-, Bauxit- und Asbestvorkommen sowie Bergkristalle und wertvolle Steine. Im grenznahen Sarykol-Gebiet, einer einsamen Steinwüste, leben nur wenige Menschen. Es sind Schäfer, die ihre Herden dies- und jenseits der Grenze weiden lassen. Sie leben von dem, was die Natur ihnen gibt, in ärmlichen Steinhütten, in denen sie Strom aus chinesischen Solarbatterien gewinnen. Auch alles andere beziehen sie aus China, weil es auf kirgisischem Gebiet nichts zu kaufen gibt.

Anfang Mai lancierte die tadschikische Opposition Berichte über eine militärische Okkupation in der Region Murgab in die russischsprachige Presse. Chinesische Panzer seien etwa 20 Kilometer auf tadschikisches Territorium vorgedrungen und hätten die einzige Straße im Gebiet besetzt. In Wahrheit handelte es sich um Lkws und Straßenbaumaschinen, die überall in der Region und legal arbeiten. Ähnliche Schreckensmeldungen über eine chinesische Expansion tauchen schon seit Jahren immer wieder auf. Dieses Mal handelte es sich um eine gezielte Attacke auf Präsident Emomalii Rahmon. Kurz danach kursierte auf „YouTube“ ein Video, das Rahmon − angeblich betrunken − singend und tanzend auf einer Hochzeitsparty zeigte. Rachmon ließ daraufhin kurzfristig das Internet sperren. Im Herbst finden in Tadschikistan Präsidentschaftswahlen statt.

Rahmons Politik ist in der Tat wenig Glück beschieden. Das Land steht vor dem Bankrott. Um bei einem Bruttoinlandsprodukt von zirka 141 Euro pro Kopf überleben zu können, ist man auf ausländische Kredite angewiesen. Galt bislang Russland als wichtigster Investor und Handelspartner, beginnt China Moskau den Rang abzulaufen. Ende Mai unterzeichnete Emomalii Rahmon bei einem zweitägigen Besuch in China eine weitreichende Erklärung über die strategische Zusammenarbeit mit dem Nachbarn. Peking versprach eine Reihe von Inverstitionen in die tadschikische Wirtschaft. Unter anderem wurde ein Vertrag über den Bau einer Öl-Raffinerie im Süden Tadschikistans geschlossen und ein Kredit über 140 Millionen US-Dollar für die Entwicklung eines gemeinsamen Unternehmens für die Goldgewinnung bewilligt. Überhaupt soll China größere Anteile an wichtigen tadschikischen Un-ternehmen erhalten. 2012 betrug der Warenumsatz mit China bereits 2,3 Milliarden Dollar. Duschanbe verpflichtete sich im Gegenzug, keiner politischen oder militärischen Union beizutreten, die nicht mit chinesischen Interessen korrespondiert.

Darüber hinaus hat Rahmon das Territorium im Sarykol-Gebiet gegen den Erlass von Schulden den Chinesen zur Nutzung überlassen, woraufhin der sozialdemokratische Politiker Rachmatillo Sojirow zur Schlammschlacht gegen den Präsidenten ausholte. Während der nun 20-jährigen Unabhängigkeit Tadschikistans hat China insgesamt 1500 Quadratkilometer von seinem Nachbarn erhalten. Eine Rückgabe ist höchst unwahrscheinlich, denn die Chinesen haben mit der Nutzung längst begonnen. Wohin man schaut, überall sind chinesische Bauarbeiten im Gange. Es sind chinesische Arbeiter, die mit chinesischem Geld Straßen, Tunnel, Brücken, Fabriken, Stromlinien und Handelsplätze schaffen. Seit Anfang des Jahres ist der Bau eines mit heimischer Kohle betriebenen Heizkraftwerks geplant, um von Gaslieferungen aus Usbekistan unabhängig zu werden. Solche Infrastrukturobjekte sind für Tadschikistan überlebenswichtig. Ohne chinesisches Kapital kämen die Tadschiken nicht mehr aus. Chinesen halten 70 Prozent am Goldunternehmen „Sarafschon“ sowie bedeutende Anteile an der Aluminiumfabrik. Sie haben eine weitere Aluminium verarbeitende Fabrik gebaut, die ursprünglich der russische Konzern „Rusal“ fertigen sollte. Dabei nehmen die Chinesen tadschikischen Menschen keine Arbeitsplätze weg, sie füllen lediglich die freien Stellen derjenigen, die zum Arbeiten nach Russland gegangen sind.

In den vergangenen Jahren schwankte Tadschikistan zwischen einem Beitritt zur Zollunion mit Russland und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ). Heute sind Duschanbe und Peking SOZ-Mitglieder.

Doch auch Moskau lässt sich nicht kampflos aus der Region verdrängen. Am 8. Mai unterzeichnete Wladimir Putin eine Verlängerung der Vereinbarung über die Stationierung russischer Truppen in Tadschikistan. Ebenso interessieren sich die USA für das Land, denn vor dem Beginn des Truppenabzugs aus Afghanistan droht Kirgisien mit der Kündigung der Nutzung des Flughafens Manas, wohl, um einen höheren Pachterlös zu erzielen. Tadschikistan wittert eine neue Einnahmequelle und zieht in Erwägung, den Amerikanern seinen bislang von der russischen Armee genutzten Flughafen „Ajni“ zur Verfügung zu stellen. Die Entscheidung darüber steht noch aus. Manuela Rosenthal-Kappi


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