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01.06.13 / Geduldete Trickserei / Ob Steuerflucht oder Geldwäsche, die EU und auch der Europarat schauten manches Mal nicht so genau hin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-13 vom 01. Juni 2013

Geduldete Trickserei
Ob Steuerflucht oder Geldwäsche, die EU und auch der Europarat schauten manches Mal nicht so genau hin

Eine Billion Euro entgehen den EU-Staaten jedes Jahr durch Steuerhinterziehung, so der alarmierende Befund der EU-Kommission. Verschwiegen wird allerdings, dass Brüssel dem Steuerdumping für Unternehmen lange Zeit sehr wohlwollend gegenüberstand.

Zumindest für Privatpersonen wird es bald eng, wenn sie dem Fiskus ein Schnäppchen schlagen wollen. Schon bis zum Jahresende soll in Europa das Bankgeheimnis komplett verschwunden sein, so der Beschluss der EU-Regierungschefs auf ihrem jüngsten Gipfel. Auch wenn Luxemburg noch auf eine Verzögerungstaktik setzt, das Bankgeheimnis steht in den 27 EU-Staaten und darüber hinaus in der Schweiz, Monaco und Liechtenstein vor dem Aus.

Während für Privatleute nun die letzten Schlupflöcher zugemacht werden und gleichzeitig in vielen Ländern kräftig die Steuerschraube angezogen wird, ist man in Brüssel bei einem anderen Thema auffällig einsilbig: der Besteuerung von Großkonzernen. Angestoßen durch eine Untersuchung des US-Senats, nimmt allerdings nun auch in Europa die Diskussion um die Steuerpraktiken von Konzernen Fahrt auf. Aktuell ist es mal wieder Irland, das im Zentrum der Kritik um Steuerdumping steht. Bei der Frage, warum der Hightech-Konzern Apple zwar regelmäßig Umsatzrekorde meldet, aber kaum nennenswerte Steuern zahlt, ist der US-Senat auf ein erstaunliches Phänomen gestoßen. Apple ist es durch eine Gesetzeslücke gelungen, quasi staatenlose Tochtergesellschaften zu etablieren.

Wie das Kunststück, nirgendwo Steuern bezahlen zu müssen, konkret funktioniert, wird am Beispiel von „Apple Operations International“ deutlich. In den USA ist diese Tochterfirma von Apple nicht steuerpflichtig, weil die Firma in Irland ansässig ist. Irland will von der Firma allerdings auch keine Unternehmenssteuern. Die Gesellschaft werde von den USA aus geführt, so die Begründung in Dublin. Zusätzlich zu dieser eigenartigen Rechtsauffassung, die Apple Milliarden an Steuerzahlungen erspart, steht die irische Regierung auch noch wegen eines saftigen Steuerrabatts in der Kritik, die dem Mutterkonzern Apple zusätzlich eingeräumt worden sein soll. Statt der üblichen zwölf Prozent zahlt Apple in Irland lediglich zwei Prozent, so der Vorwurf. Da ist der Verdacht naheliegend, dass Dublin zu Lasten anderer EU-Länder und der USA Steuerdumping betreibt, um Firmen und damit Arbeitsplätze nach Irland zu holen.

Tatsächlich spricht einiges dafür, dass derartige Steuersparstrategien für Konzerne in der Vergangenheit von der EU sogar erwünscht waren. „Viele steuerliche Anreize sind von den beteiligten Staaten eingeführt und von der EU mit dem Ziel der Wirtschaftsförderung strukturschwacher Gebiete abgesegnet worden“, so der Steuerrechtsexperte Ullrich Fechner im „Handelsblatt“. „Und jetzt werden sie als illegitime Ausnutzung von Steuerschlupflöchern bezeichnet.“ Der Verdacht, dass von der EU lange Zeit zweifelhafte Geschäftsmodelle als Teil einer vermeintlichen Wirtschaftsförderung geduldet worden sind, drängt sich indessen nicht nur mit Blick auf Irland auf. Auch im Fall Zyperns war Beobachtern seit Jahren klar, dass es sich bei der Insel um eine riesige „Geldwaschanlage“ handelt, die illegale Schwarzgelder aus Russland in legale Investitionen umgewandelt hat. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von selbst nur 23 Milliarden Dollar wurden von der Insel pro Jahr bis zu 150 Milliarden US-Dollar als Direktinvestitionen in Russland getätigt. Nicht nur das: Einige Indizien sprechen dafür, dass man auch in der EU insgeheim vom russischem Geldstrom profitieren wollte, der bisher von Zypern ausging.

Zumindest was den Vorwurf der Geldwäsche durch Zypern angeht, scheint man in Brüssel in der Vergangenheit nicht sonderlich an Aufklärung interessiert gewesen zu sein. Bereits im September 2011 hatte Moneyval – ein Gremium des Europarates – eine Untersuchung zum zyprotischen Bankensektor vorgelegt. Das Ergebnis: Zypern habe „umfassende Maßnahmen“ ergriffen, um den Missstand zu beheben, dass zyprotischen Banken die Identität ihrer Kunden oft unbekannt sei. Generell werde der Finanzsektor Zyperns aber „angemessen überwacht“, so das Lob Moneyvals. Gestützt hatte man sich auf Unterlagen, die Zypern zur Verfügung gestellt hatte. Auf eigene Prüfungen vor Ort hatte man jedoch verzichtet.

Inzwischen liegt auch von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte eine eigene Untersuchung zu Zypern vor, das Ergebnis liest sich indes völlig anders als beim Europarat. Während Zyperns Banken im Zeitraum von 2008 bis 2010 keine einzige „verdächtige“ Transaktion gemeldet hatten, stießen die Prüfer von Deloitte auf 29 verdächtige Vorgänge allein in den letzten zwölf Monaten. Zerpflückt wurde ebenso die Behauptung von den „umfassenden Maßnahmen“, die Zyperns Banken ergriffen hätten. Bei 400 geprüften Großanlegern wussten die Banken in über 90 Prozent der Fälle nicht, wer eigentlich ihre Kunden sind. Von 14000 Firmen, die Deloitte unter die Lupe genommen hatte, handelte es sich in 12000 Fällen um Briefkastenfirmen. Der alarmierende Bericht, der im Widerspruch zu allem steht, was im Zuge des Zypern-Rettungspakets behauptet und versprochen wurde, hat der Überweisung der ersten Hilfstranche von zwei Milliarden Euro an Zypern keinen Abbruch getan. Norman Hanert


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