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01.06.13 / Form von moderner Sklaverei / Ausbeutung von Lkw-Fahrern aus Osteuropa belastet die Branche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-13 vom 01. Juni 2013

Form von moderner Sklaverei
Ausbeutung von Lkw-Fahrern aus Osteuropa belastet die Branche

Von der Öffentlichkeit we-nig beachtet hat die europaweite Öffnung des Transportmarktes für osteuropäische Speditionen zu einem ruinösen Wettbewerb und Dumping-löhnen in Europa geführt. Durch die Billig-Konkurrenz aus dem Osten lohnt es sich für viele Fernfahrer kaum noch, arbeiten zu gehen. In den Niederlanden und Deutschland beginnen Fernfahrer nun mit Protesten, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen. Mit mehr als 25000 Teilnehmern rechnen etwa die Veranstalter einer Großdemonstration, die für den 1. Juni in Berlin angesetzt worden.

Die Organisatoren der Protestaktion, die Kraftfahrer-Clubs Deutschland (KCD) und die niederländische Initiative „Actie in de Transport“, fordern keineswegs die Rücknahme der Liberalisierung, sondern dass bestehende EU-Richtlinien überhaupt erst einmal konsequent angewendet und kontrolliert werden. Im Zentrum der Kritik: die sogenannte Kabotageverordnung, die regelt, wann Transportdienstleistungen innerhalb eines Landes durch eine ausländische Spedition erbracht werden dürfen. Ein beliebter Trick osteuropäischer Firmen, um auf verbotenem Terrain aktiv werden zu können: die Gründung von Briefkastenfirmen.

Ein erstes Anzeichen für diese Entwicklung liefert die Mautstatistik des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG). In ihr ist der Anteil deutscher Transportunternehmen an den Mauteinnahmen mittlerweile von 62,9 Prozent auf unter 60 Prozent abgesunken. Zudem stellen Unternehmen, die sich am Markt behaupten wollen, immer öfter osteuropäische Arbeitskräfte ein. „Diese sind dann aber zum Teil drei Wochen im Lkw unterwegs, bevor sie wieder nach Hause fahren“, so Ingo Schulze von KCD gegenüber den „Deutschen Wirtschaftsnachrichten“. Angesichts der Arbeitsbedingungen vieler osteuropäischer Fahrer spricht die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) mittlerweile sogar schon von „Moderne Sklaverei im heutigen Europa“.

Eine weitere Verschlechterung der Zustände ist bereits absehbar. Mit der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bulgaren und Rumänen ab 2014 droht sich die Situation für viele Brummifahrer noch weiter zu verschärfen. Welches Lohnniveau dann Einzug halten könnte, wird mit Blick auf den bulgarischen Durchschnittslohn deutlich. Sechs Jahre nach dem EU-Beitritt Bulgariens liegt der bei rund 350 Euro. Damit könnte die neue Billig-Konkurrenz vom Balkan sogar die osteuropäischen Fahrer aus dem Markt drängen.

Außer Dumping-Löhnen sehen sich viele Fernfahrer allerdings noch einem anderen Problem gegenüber. Weit verbreitet ist inzwischen die Angst, während der Ruhezeiten auf einem Autobahnrastplatz zum Opfer eines Überfalls zu werden. Immer öfter werden Planen von Anhängern aufgeschlitzt, wird Fracht gestohlen oder Diesel aus dem Tank abgepumpt. In rund 50 Fällen haben professionell agierende Täter sogar während der Fahrt auf der Autobahn die Ladefläche von Lastwagen geentert und dann die Fracht geplündert. N.H.


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