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08.06.13 / »Wollen Sie uns verarschen?« / Der Prozess im Fall Jonny K. muss neu beginnen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-13 vom 08. Juni 2013

»Wollen Sie uns verarschen?«
Der Prozess im Fall Jonny K. muss neu beginnen

Der Prozess im Fall Jonny K. ist geplatzt. Das Gericht brach den Prozess wegen der Besorgnis der Befangenheit des Schöffen Siegfried K. ab. In der Vorwoche hatte er den Tatzeugen Ali Y., der sich auf einmal angeblich an gar nichts mehr erinnern konnte, mit den Worten angeherrscht: „Sind Sie zu feige, hier eine Aussage zu machen, oder wollen Sie uns verarschen?“ Die Verteidiger der sechs türkischstämmigen Angeklagten, denen vorgeworfen wird, im Oktober 2012 Jonny K. auf dem Berliner Alexanderplatz totgeschlagen und totgetreten zu haben, stellten Befangenheitsanträge. Der Staatsanwalt hatte sie für unbegründet erklärt, ebenso Anwalt Roland Weber, der die Nebenklägerin Tina K., die Schwester des Opfers, vertritt.

Noch war offen, wie das Gericht entscheidet. Doch am fünften Verhandlungstag prangte in großen Lettern auf der Titelseite der Boulevardzeitung „B.Z.“: „Berlins mutigster Schöffe.“ In dem Blatt wurde Siegfried K. so zitiert: „Am Montag werden die Verteidiger noch ein bisschen motzen. Die wollen halt den Prozess kaputtmachen. Das haben die doch schon mehrmals so gemacht. Auch mit dem Befangenheitsantrag gegen die Anwälte der Opfer.“ Richtig ist, dass ein Verteidiger beantragte, Anwalt Weber abzuberufen, weil dieser auch Opferbeauftragter des Berliner Senats ist und es deshalb angeblich eine Interessenkollision gebe.

Über diesen Antrag hätte eigentlich an diesem Tag entschieden werden sollen. Doch dazu kam es gar nicht erst. Es ging nur noch um den Schöffen, und es war sofort klar, dass er nicht mehr zu halten war. Siegfried K. bestritt, die Aussagen gegenüber der „B.Z.“ gemacht zu haben. Der Pressesprecher des Gerichts telefonierte mit der „B.Z“, deren Reporter kündigte eine eidesstattliche Versicherung an, dass die Äußerungen des Schöffen zutreffend wiedergegeben seien.

Das Gericht beschloss, den Prozess möglichst bereits am 6. Juni neu zu beginnen. Die Verteidiger verzichteten auf formelle Ladungsfristen. Dafür nutzten sie die Gunst der Stunde, um Anträge auf Haftverschonung für ihre Mandanten zu stellen. Hüseyin I., Melih Y. und Osman A. wurden auf freien Fuß gesetzt. Memet E. kam nie in U-Haft. Inhaftiert sind nur noch Onur U. und Bilal K. (siehe Kommentar Seite 8). Michael Leh


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