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08.06.13 / Egozentriker in Nöten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-13 vom 08. Juni 2013

Egozentriker in Nöten
von Rebecca Bellano

Merkt er die Einschläge nicht mehr oder ist er so reich, dass es ihm schon egal ist, was die Leute von ihm denken? Zumindest scheint es den Milliardär Nicolas Berggruen schon zu ärgern, dass die Gewerkschaft „verdi“ die Karstadt-Mitarbeiter zum Streik gegen Tarifpause aufruft, die die von Berggruen engagierte Karstadt-Geschäftsführung beschlossen hat. Wer der „Bild“-Zeitung ein Interview anbietet, will Schlagzeilen. Es ist auch böse von „verdi“, dass sie an Berggruens Selbstbild als Weltenretter und Menschenfreund kratzt. Und das auch noch genau während seiner Europa-Reise, bei der er sein neues Buch „Klug regieren – Politik für das 21. Jahrhundert“ vorstellt, für dessen deutsche Fassung übrigens Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder das Vorwort verfasst hat. Solange sich die EU nicht in eine echte föderale, politische und nicht nur wirtschaftliche Union umwandele, werde „das erst zur Hälfte fertiggestellte europäische Haus“ nicht vollständig erbaut werden können, rät der jugendlich aussehende US-Amerikaner, der kein solcher sein will, denn er sei ja Weltenbürger. Schließlich habe er keinen festen Wohnsitz, sein Vater war Deutscher und seine Mission sei es, die Welt zu retten.

2010 wollten ihm das auch in Deutschland noch viele glauben. Wie ein vom Himmel höchstselbst gesandter rettender Engel wurde er von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) als Retter des angeschlagenen Warenhauskonzerns Karstadt präsentiert. Gut, Karstadt ist zwar nicht die ganze Welt, aber irgendwo muss man ja mit dem Retten anfangen. „Ob er ein auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Investor ist, muss man in Frage stellen“, merkte dieser Tage Jörg Funder von der FH Worms gegenüber dem WDR an. „Die Investmentstrategie, die Finanzierungs- und Haftungsinstrumente sehen vielmehr aus wie bei anderen Hedgefonds oder Private Equity Firmen auch“, so der Handelsexperte. Auch soll Berggruen, der zu den 500 reichsten Menschen der Welt gehören soll, jedes Jahr mehrere Millionen von Karstadt einfordern, damit das Unternehmen weiter den Namen tragen darf, den er 2010 für fünf Millionen Euro erworben haben soll. Zudem ist inzwischen immer noch nicht klar, wie die von Berggruen berufene Geschäftsführung Karstadt sanieren will. Sinkende Umsätze kann man nicht ewig mit Einsparungen beim Personal kompensieren. Angesichts dieser Fakten wirkt es absolut albern, wenn sich Berggruen weiter als Weltenretter inszeniert, so wie er es gerade mit seinem Buch getan hat. Wer nicht in der Lage ist, eine qualifizierte Mannschaft zu berufen, um ein einzelnes Unternehmen zu sanieren, der sollte sich vielleicht mit Ratschlägen, wie man gleich ganze Staaten besser regieren sollte, zurückhalten.

Noch alberner ist es jedoch, wenn Politiker wie Schröder oder von der Leyen sich um den Milliardär scharen und an ihm kleben wie die Fliegen am Licht. Erst Ende Mai sonnte sich von der Leyen im Glanze Berggruens, als sie mit ihm und ihrem französischen Amtskollegen in Paris Vorschläge zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa vorstellte, die Berggruens Stiftung mit ausgearbeitet hatte.


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