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08.06.13 / Auf alles eine Antwort / Heidelberg feiert 450 Jahre protestantischen Katechismus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-13 vom 08. Juni 2013

Auf alles eine Antwort
Heidelberg feiert 450 Jahre protestantischen Katechismus

Der Jubilar wirkt klein und unscheinbar. Aber das 1563 erstveröffentlichte Büchlein mit der Aufschrift „Catechismus oder Kurtzer Unterricht Christlicher Lehr, wie der in Kirchen und Schulen der Chur und Fürstlichen Pfaltz getrieben wird“ ist die bedeutendste Bekenntnisschrift der reformierten Kirche. Am Heidelberger Katechismus orientieren sich heute rund 20 Millionen Menschen in aller Welt.

Das Jubiläum „450 Jahre Heidelberger Katechismus“ wird im Kurpfälzischen Museum und im Schloss Heidelberg mit einer großen Doppelausstellung gefeiert, die rund 300 Exponate umfasst. Das Museum widmet sich wissenschaftlichen und theologischen Aspekten. Im Schloss geht es um Hofleben und Politik. Die Doppelschau verfolgt den Zeitraum von der Einführung der Reformation unter Kurfürst Ottheinrich (1502–1559) bis zur Hochzeit Friedrichs V. (1596–1632) mit der englischen Königstochter Eliza­beth Stuart (1596–1662).

Auftraggeber des Heidelberger Katechismus war Kurfürst Fried­rich III. von der Pfalz (1515–1576). Zum Verfasser bestimmte er den Theologieprofessor Zacharias Ursinus. Das Glaubensbekenntnis umfasst 129 Fragen und Antworten in drei Kapiteln mit den Überschriften: „Von des Menschen Elend“, „Von des Menschen Erlösung“ und „Von der Dankbarkeit“. Ein entscheidender Unterschied der Reformierten zum katholischen und lutherischen Glaubensbekenntnis besteht in der Haltung zum Abendmahl, das nicht als wirkliche Gegenwart Christi in Brot und Wein aufgefasst wird, sondern als Gedächtnismahl, bei dem Christus geistig anwesend ist. Ein kolorierter Kupferstich, der die „Eröffnung der Nationalsynode zu Dordrecht“ 1619 zeigt, weist darauf hin, dass der Heidelberger Katechismus dort als verbindliche Bekenntnisschrift der Reformierten anerkannt wurde. Danach fand er weltweite Verbreitung.

Die Schau stellt anhand von Porträts, Dokumenten und Publikationen die Protagonisten und Ereignisse der Zeit vor. Auf die konfessionellen Konflikte weist der „Gründungsvertrag der Protestantischen Union“ (1608) hin. Der von Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz angeführten Protestantischen Union trat 1610 Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg bei, dessen von unbekannter Hand geschaffenes Porträt (um 1610) ausgestellt ist.

Ausstellungskuratorin Karin Tebbe berichtet: „Lutherisch erzogen, bekehrte sich Johann Sigismund 1604 bei einem längeren Aufenthalt in Heidelberg zur reformierten Lehre.“ Gleichwohl akzeptierte er in einem 1614 erlassenen Toleranzedikt die fortdauernde Geltung des Luthertums in Kirchen- und Schulangelegenheiten. Das Gegengewicht zur Protestantischen Union bildete die auf Betreiben des Herzogs Maximilian I. von Bayern ins Leben gerufene Katholische Liga, deren Gründungsvertrag (1609) ebenfalls gezeigt wird.

Das größte Exponat der Schau ist die über der Altstadt aufragende Heidelberger Schlossruine. Deren Renaissancebauten beherbergten bis zum Dreißigjährigen Krieg einen der bedeutendsten Höfe des Reiches. Vom „Ottheinrichsbau“ (1556–1566) wurden die beiden unteren Geschosse wieder hergestellt, während die darüber als Ruine erhalten sind. Kurfürst Ottheinrich sorgte für 16 Fassadenskulpturen zur Verherrlichung seiner Regentschaft. Die Originale sind im Ottheinrichsbau untergestellt und gehören dort zum zweiten Teil der Sonderausstellung. Dort steht anhand von Musikinstrumenten, prachtvollen Jagdwaffen und bei Turnieren getragenen Prunkharnischen der Glanz des Hoflebens im Blick­punkt. Gemälde und Druckgrafiken feiern die Hochzeit Fried-richs V. mit der englischen Königstochter als seinerzeitiges Jahrhundertereignis. Mit dieser Eheverbindung war die Erwartung auf ein Goldenes Zeitalter in der Pfalz verknüpft.

Doch es kam anders. Friedrich V. nahm die ihm von den protestantischen Böhmen 1619 angetragene Königswürde an. Das forderte Gegenmaßnahmen des katholischen Kaisers Ferdinand II. heraus. Friedrichs Regentschaft endete bereits ein Jahr später mit der Niederlage in der Schlacht am Weißen Berg gegen die kaiserlichen Truppen, was ihm den Spottnamen „Winterkönig“ einbrachte. Er verließ fluchtartig Prag und begab sich über Schlesien und Brandenburg zu seinen Verwandten ins niederländische Exil. Frieder Hepp, Direktor des Kurpfälzischen Museums, erklärt: „Mit dem verhängnisvollen Griff nach der böhmischen Königskrone und dem Sturz des Winterkönigs im Dreißigjährigen Krieg endet eines der spannendsten Kapitel in der kurpfälzischen Geschichte.“ Veit-Mario Thiede


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