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08.06.13 / Von Stalin und Molotow zu Grabe getragen / Vor 80 Jahren starb die auch in der DDR geehrte sächsische Kommunistin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin im Moskauer Exil

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-13 vom 08. Juni 2013

Von Stalin und Molotow zu Grabe getragen
Vor 80 Jahren starb die auch in der DDR geehrte sächsische Kommunistin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin im Moskauer Exil

Josef Stalin und Wjatscheslaw Molotow trugen die Urne mit ihrer Asche in einer pompösen Zeremonie zu Grabe. Ihre letzte Ruhestätte fand Clara Zetkin an der Moskauer Kremlmauer. In ihrer Heimat wurde die Kommunistin vor allem zu DDR-Zeiten als Organisatorin und Programmatikerin der deutschen und internationalen Frauenbewegung ideologisch vermarktet. Der DDR-Ministerrat stiftete eine „Clara-Zetkin-Medaille“, die für besondere Verdienste um die Frauenbewegung einzig und allein an Frauen verliehen wurde. Gleich dem ersten Staatsratsvorsitzenden der DDR, Walter Ul­bricht, stammte Clara Zetkin aus Sachsen. In der Familie des strengen und lutherischen Dorfschulmeisters Gottfried Eißner kam Clara Eißner am 5. Juli 1857 im Dörfchen Wiederau nahe Rochlitz zur Welt. Ihre Mutter Josephine geborene Vitale entstammte einer Leipziger Arztfamilie, die von französischer Herkunft war. Gottfried Eißner wird als „Lehrer von altem Schrot und Korn“ geschildert und ließ daher seine Tochter in einem Leipziger Lehrerinnenseminar gleichfalls als Lehrerin ausbilden, wobei sie in ihrem Abschlusszeugnis die besten Noten bemerkenswerterweise im Fach Religion aufwies.

Hier in Leipzig kam Clara Eißner mit der Frauenfrage und den emanzipatorischen Zielen des „Allgemeinen Deutschen Frauenvereins“ in Kontakt. Den Boden bürgerlicher Weltanschauung begann die junge Frau zu verlassen, als sie in Leipzig auf Ossip Zetkin traf. Der junge Russe jüdischer Herkunft, der aus Odessa stammte, war als typischer „Narodniki“ („Volkstümler“) Marxist und glaubte an das Proletariat wie die kommende sozialistische Revolution. In Leipzig studierte er Nationalökonomie wie Geschichte und arbeitete halbtags bei einem sozialdemokratischen Tischler. Mit Ossip Zetkin machte Clara Eißner ihre ersten sexuellen Erfahrungen. Von ihm wurde sie in den Marxismus eingeführt sowie mit der Sozialdemokratie und der Arbeiterbewegung in Leipzg bekannt gemacht. Von Zetkin bekam Clara Eißner zwei Söhne, Maxim und Kostja. Geheiratet haben die beiden allerdings nie. Trotzdem trug sie später wie selbstverständlich seinen Familiennamen.

Nachdem Ossip Zetkin bereits mit 39 Jahren 1889 an Tuberkulose verstorben war, heiratete Clara Zetkin im Jahr 1899 den 18 Jahre jüngeren deutschen Kunstmaler Friedrich Zundel, welcher der Öffentlichkeit allerdings weitestgehend unbekannt blieb. Auf eine zunehmende Entfremdung folgte im Jahr 1928 die Scheidung.

Eine gewisse Bekanntheit hatte Clara Zetkin bereits 1889 erlangt, als die auf dem Gründungskongress der Zweiten Internationale ein vielbeachtetes Referat zur Frauenfrage gehalten hatte. Ab 1907 leitete sie das Frauensekretariat der SPD. Erfolgreich setzte sie sich für einen „Internationalen Frauentag“ ein, der erstmals am 19. März 1911 begangen und 1921 auf den 8. März umgelegt wurde.

Clara Zetkin war innerhalb der SPD eine ganz enge Freundin, Fördererin und Unterstützerin von Rosa Luxemburg, die eine Beziehung zu ihrem jüngsten Sohn Kostja unterhielt. Durch den Einfluss von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sowie die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs radikalisierte sich die früher vor allem an der Frauenfrage interessierte Clara Zetkin zunehmend und ging immer mehr zu radikalen politischen Positionen über. Sie wurde Spartakistin und gehörte 1919 zu den Gründungsmitgliedern der Kommunistischen Partei Deutschlands. In den folgenden Jahren wuchs ihr Einfluss in der deutschen Arbeiterbewegung stetig. Dabei kam ihr zugute, dass sie sich aus den ideologischen Grabenkämpfen der deutschen Kommunisten heraushielt und nie den Anspruch erhob, eine große sozialistische Theoretikerin zu sein. 1925 wurde sie Vorsitzende der Roten Hilfe Deutschlands und damit Nachfolgerin Wilhelm Piecks und nach dem Tod von Julian Marchlewski übernahm sie auch die Leitung der Internationalen Roten Hilfe. Kurz vor dem Ende der Weimarer Republik war ihr noch eine politische Sternstunde vergönnt. Als Alterspräsidentin eröffnete sie 1932 den Reichstag. In ihrer Rede gab sie ihrer Hoffnung Ausdruck, trotz ihres hohen Alters noch „den ersten Rätekongress Sowjetdeutschlands“ eröffnen zu können.

Nach dem kurz drauf erfolgten Machtantritt der Nationalsozialisten emigrierte sie in die Sowjet­union und verstarb dort am 20. Juni 1933. So blieb es ihr wenigstens erspart, die Stalinschen Repressionen zu erleben, die sie als alte Sozialistin kaum gutgeheißen hätte. Jürgen W. Schmidt


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