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15.06.13 / Hitlers moderner »Marschall Vorwärts« / Vor 125 Jahren wurde Generaloberst Heinz Guderian, der Schöpfer der deutschen Panzerwaffe, geboren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-13 vom 15. Juni 2013

Hitlers moderner »Marschall Vorwärts«
Vor 125 Jahren wurde Generaloberst Heinz Guderian, der Schöpfer der deutschen Panzerwaffe, geboren

Vater des Blitzkrieges“, „Panzerpapst“, „Heinz Brausewind“ und „der schnelle Heinz“ sind einige der Attribute, mit denen der vor 125 Jahren geborene Panzergeneral Heinz Guderian bis heute belegt wird. Manche davon mögen überhöht sein, aber zweifellos gehört Guderian zu den legendären Gestalten der deutschen Militärgeschichte. Als Spross einer Generalsfamilie trat der am 17. Juni 1888 in Kulm geborenen Guderian im Alter von 13 Jahren in die Kadettenschule in Karlsruhe ein, von der er später auf die Hauptkadettenanstalt Berlin-Lichterfelde wechselte. Nach dem Abschluss diente er in Jägerbataillonen, bevor er 1912 wegen seines ausgeprägten technischen Interesses zur Nachrichtentruppe versetzt wurde. Während des Ersten Weltkrieges bekam er kein direktes Truppenkommando, sondern er diente ausschließlich in Stäben. Das erwies sich jedoch nicht als Makel, denn dadurch konnte er ein ausgeprägtes operatives Verständnis entwickeln. Vor allem hatte er erkannt, dass eine statische Kriegführung nur zu einem unnötigen Gemetzel führt. Daraus entwickelte sich seine entschiedene Ablehnung starrer Verteidigungslinien und des Anrennens gegen feindliche Stellungen.

Nach Kriegsende diente Guderian als Generalstabsoffizier einer Freikorpsdivision, die im Baltikum gegen die Sowjets kämpfte. Im Sommer 1919 wurde er in die Reichswehr übernommen und als Chef einer Jägerkompanie und Taktiklehrer an einer Offizierschule eingesetzt. Seine wahre Bestimmung fand der Major jedoch als Chef des Truppenamtes für Heerestransport. Durch das Studium der Schriften des britischen Militärtheoretikers Basil Liddell Hart vertiefte er seine Kenntnise auf dem Gebiet der Panzertaktik. Dieser plädierte dafür, Panzer als eigenständige Durchbruchswaffe und nicht mehr als Hilfsmittel der Infanterie einzusetzen. Denn, so seine These, der „reißende Sturzbach“ schnell und konzentriert angreifender Panzerkräfte sei selbst durch noch so viele Dämme nicht mehr aufzuhalten, wenn er die gegnerische Front erst einmal an einer Stelle durchbrochen habe und aus der Tiefe genährt werde. Diese Erkenntnis machte er sich zu eigen und entwickelte daraus seine berühmte Panzertaktik, die nicht mehr auf die alte Doktrin vom Massenangriff auf breiter Front, sondern auf die Konzentration aller Kräfte auf einen Punkt setzte: Schnelligkeit, der verbundene Einsatz aller Waffen und eine geschickte Kombination von Feuer und Bewegung führen zu einem Durchbruch, der energisch ausgenutzt wird und in der rastlosen Verfolgung und schließlichen Vernichtung des geschlagenen Gegners mündet. Der „fanatische Willen nach vorn“ sei daher die höchste Tugend eines Panzerführers, so Guderian in seinem 1937 erschienenen Buch „Achtung – Panzer!“. Als Kommandeur einer Kraftfahrabteilung ließ er Übungen mit hölzernen Attrappen, Traktoren und Lastwagen durchführen, da der Reichswehr der Besitz von Panzern durch den Versailler Vertrag verboten war.

Im Vorjahr zum Oberst befördert, wurde Guderian 1934 zum Chef des Stabes des Inspekteurs der motorisierten Truppen ernannt. Durch dessen Schriften über moderne Kriegführung auf Guderian aufmerksam geworden, beauftragte Adolf Hitler ihn 1935 mit der Schaffung einer deutschen Panzerwaffe. Guderian konnte Hitler davon überzeugen, die Panzer nicht gleichmäßig über das gesamte Heer zu verteilen, sondern zunächst drei Panzerdivisionen als selbständig operierende Verbände aufzustellen. Entgegen Hitlers Vorliebe für schwergepanzerte Riesenfahrzeuge konnte Guderian die Entwicklung schneller, wendiger sowie zum Straßen- und Schienentransport verlastbarer Panzer durchsetzen. Als ehemaliger Nachrichtenoffizier mit modernen Kommunikationstechniken vertraut, sorgte er dafür, dass jeder Panzer ein Funkgerät erhielt und Führungsfahrzeuge mit leistungsfähigen Fernmeldeanlagen ausgestattet wurden, um sie als mobile Gefechtsstände einsetzen zu können. Guderian erhielt das Kommando über die 2. Panzerdivision und wurde im August 1936 zum Generalmajor befördert. 1938 wurde er, bei gleichzeitiger Beförderung zum Generalleutnant, zum Kommandierenden General des neu aufgestellten XVI. Armeekorps ernannt, in dem die drei Panzerdivisionen zusammengefasst wurden. Noch im gleichen Jahr erfolgte die Beförderung zum General der Panzertruppen und die Ernennung zum „Chef der Schnellen Truppen“ im Oberkommando des Heeres. Als solcher war er für die Aufstellung und Ausbildung aller motorisierten Einheiten verantwortlich.

Im Polenfeldzug bewährte sich Guderians Konzeption vom Bewegungskrieg ebenso wie 1940 in Frankreich. Mit dem konzentrierten Angriff in die Tiefe des Raumes gelang ihm der Dammbruch, der zum raschen Zusammenbruch der gegnerischen Verteidigung führte. Auch im Russlandfeldzug erzielte der inzwischen zum Generaloberst beförderte Guderian Blitzkrieg­erfolge, bis die zögerliche Haltung der Führungsspitze seinem Vorstoß den Schwung nahm. Vergeblich versuchte er, Hitler davon zu überzeugen, die Fortsetzung des Angriffs auf Moskau der vorgesehenen Eroberung der Ukraine vorzuziehen. Dadurch bekam die Rote Armee Gelegenheit, Reserven heranzuführen und ihre Winteroffensive zu starten. Um seine Truppen nicht in ihren vorgeschobenen Positionen untergehen zu lassen, befahl Guderian im Dezember 1941 eigenmächtig eine Zurücknahme der Front auf leichter zu verteidigende Stellungen. Solange der aufbrausende Panzergeneral siegte, sah Hitler ihm seine Unbotmäßigkeit nach. Diskussionen über den Einsatz der Panzerkräfte hatte Guderian unter Hinweis darauf, dass man „klotzen, nicht kleckern“ müsse, um diesen nicht die Wirkung zu nehmen, stets für sich entschieden. Nun aber löste Hitler ihn kurzerhand ab.

Im März 1943 erhielt Guderian eine neue Verwendung als Inspekteur der Panzertruppen, bevor er im Juli 1944 zum Chef des Generalstabs des Heeres berufen wurde. Nunmehr in Hitlers unmittelbarer Umgebung, geriet er mit diesem immer heftiger aneinander. So, wie er sich über den Anblick stehender Panzer im Gefecht erregen konnte, brachten ihn der im Führerhauptquartier herrschende militärische Dilettantismus, Beratungsresistenz und Servilität in Wut. Während einer Auseinandersetzung mit Hitler und dessen Lakaien über die dramatische Frontlage geriet er am 28. März 1945 so in Zorn, dass seine Mitarbeiter um seine Gesundheit fürchteten. Hitler nutzte die Gelegenheit, einen der wenigen Generale, die ihm immer wieder Respekt abgetrotzt hatten, loszuwerden. Guderian wurde „krankheitshalber“ beurlaubt und geriet am 10. Mai in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1948 entlassen wurde.

Eine Anklage vor einem alliierten Militärgericht blieb ihm erspart, da ihm nichts Substantielles vorzuwerfen war. Der unpolitische Guderian war kein Nationalsozialist, auch wenn er stets loyal war. Seine Treuebekundungen gegenüber Hitler gingen nie über das pflichtgemäße Maß hinaus. Aus diesem Grunde blieb er auch über das Kriegsende hinaus geachtet. In den Folgejahren verfasste er seine Memoiren sowie militärwissenschaftliche Studien und arbeitete als Berater für das Amt Blank. Guderian erlag am 14. Mai 1954 in Schwangau einem Herzleiden. Seine Vorstellungen von der Panzerkriegführung wurden von seinem gleichnamigen Sohn und Ritterkreuzträger in die Bundeswehr getragen, der es dort bis zum Inspizienten der Panzertruppe und zum Generalmajor brachte. Jan Heitmann


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