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22.06.13 / Putin wirbt um Kudrin / Ehemaliger Finanzminister soll Wirtschaftsflaute stoppen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-13 vom 22. Juni 2013

Putin wirbt um Kudrin
Ehemaliger Finanzminister soll Wirtschaftsflaute stoppen

Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise trifft Russland erst in diesem Jahr. Dank der stabilen Öl- und Gaspreise waren die Experten in Moskau bislang davon ausgegangen, dass man glimpflich davon gekommen sei. Doch die jetzt vorliegenden Wirtschaftsdaten für das erste Quartal lassen Böses erahnen: Statt der erwarteten drei bis vier Prozent stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur um 1,6 Prozent. Das Wirtschaftsministerium korrigierte seine Prognose für 2013 daraufhin radikal nach unten. Die BIP-Wachstumsprognose wurde von 3,7 auf 2,4 Prozent korrigiert.

Unabhängige Experten, darunter der ehemalige Finanzminister Alexej Kudrin, gehen davon aus, dass die russische Wirtschaft wegen der übermäßigen Abhängigkeit von Öl- und Gaseinkommen schneller als andere Staaten zum Stillstand kommen könnte. Russland bekommt das Schrumpfen der Abnehmerländer zu spüren. Erschwerend hinzu kommt, dass ausländische Anleger ihr Vertrauen in Russland verloren haben. Der Abfluss ausländischen Kapitals hält seit Jahren unvermindert an. Investoren beklagen Korruption, fehlende Planungsgewissheit und Wettbewerbsbehinderungen.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, plant Wladimir Putin, seinen langjährigen Wegbegleiter und Finanzminister von 2000 bis 2011, Alexej Kudrin, in sein Kabinett zurückzuholen. Kudrin wurde nicht nur zum besten Finanzminister der Welt gewählt, als liberaler Reformer wird er in Russland wie im Ausland hoch geschätzt. Bei einer Kundgebung während einer Massenprotestveranstaltung trat Kudrin als Redner auf, um zwischen der Regierung und dem Volk zu vermitteln.

Während Putin bereits öffentlich über eine mögliche Rückkehr Kudrins in die Regierungsriege spricht, hält dieser sich bedeckt. Er wolle nicht „als Drückeberger“ arbeiten und nur dann zurückkommen, wenn die Regierung schärfer arbeite, zitierte der Präsident Kudrin..

Dass Kudrin Mitglied einer Regierung würde, die von Dmitrij Medwedjew als Ministerpräsident geleitet wird, ist höchst unwahrscheinlich. Medwedjews Beschluss zur Erhöhung der Militärausgaben lieferte 2011 den Grund für Kudrins Rücktritt vom Posten des Finanzministers. Zwischen Medwedjew und Kudrin war es zum Zerwürfnis gekommen, weil Kudrin an seinem eisernen Sparkurs festhalten, der Präsident auf seine Mahnung aber nicht hören wollte.

Inzwischen hat Präsident Putin viele von Dmitrij Medwedjew eingeleiteten Veränderungen wieder zurückgenommen und das Personal teilweise ausgewechselt. Der bisherige Verteidigungsminister Anatolij Serdjukow, der begonnen hatte, Medwedjews Militärreform umzusetzen, musste wegen Korruptionsgerüchten seinen Sessel räumen. Ende Mai forderte das Finanzministerium das Verteidigungsministerium auf, die Ausgaben für sein Waffenprogramm auf später zu verlegen.

Da Alexej Kudrin, der in den 90er Jahren als stellvertretender Oberbürgermeister von St. Petersburg Wirtschaftsreformen dort durchgesetzt hatte, und den Putin 2000 zum Finanzminister ernannte, als Vertreter eines harten Sparkurses für eine Konsolidierung in Russland sorgte, wird Putin auch in Zukunft auf ihn setzen. Vielleicht wird er Medwedjew als Ministerpräsident beerben. Es ist das Regierungsamt, auf das Kudrin schon lange ein Auge geworfen hatte und auf dem das Volk ihn ohnehin lieber sehen würde als Medwedjew.

Manuela Rosenthal-Kappi


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