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22.06.13 / Verspieltes Erbe / Südafrikas Wirtschaft schwächelt, doch die Schwarzen halten aus Loyalität zur Regierungspartei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-13 vom 22. Juni 2013

Verspieltes Erbe
Südafrikas Wirtschaft schwächelt, doch die Schwarzen halten aus Loyalität zur Regierungspartei

Als Nelson Mandela 1994 Südafrikas erster schwarzer Präsident wurde, waren die Voraussetzungen für einen Erfolg so günstig wie in kaum einem anderen afrikanischen Land. Fast 20 Jahre später rutscht das Land wie in Zeitlupe immer tiefer in die Krise.

„Afrika wird zum Boom-Kontinent“, „Afrika entscheidet die Zukunft“: Erstaunlich viele Medien warten derzeit mit Schlagzeilen wie diesen auf. Mal ist es der Reichtum an Bodenschätzen, mal an Menschen, der als Grund für den scheinbar unvermeidlichen Aufschwung Afrikas herhalten muss. Nur drei Jahre ist es her, dass man aus Anlass der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Bezug auf Südafrika von ähnlichen Zukunftsaussichten gehört hat. Inzwischen ist in Kapstadt und Pretoria nicht nur Ernüchterung eingekehrt, es wächst die Angst, dass Südafrika in den kommenden Jahren politisch und wirtschaftlich einen Absturz erlebt.

Unübersehbar sind die Zeichen, dass sich Südafrika in einem schleichenden Niedergang befindet. Einen Einbruch des Wechselkurses und Panik unter Investoren machte sich breit, als unlängst die Wachstumsprognosen für Afrikas größte Volkswirtschaft präsentiert wurden. Vorausgesagt sind für 2013 wenig mehr als zwei Prozent. Angesichts einer Arbeitslosigkeit von offiziell 25 Prozent – inoffiziell 40 Prozent – ist dies kaum mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein. Hoffnung auf eine Besserung ist nicht in Sicht, eher das Gegenteil ist der Fall. Ausgerechnet der Bergbausektor, der 50 Prozent der südafrikanischen Exporte ausmacht, gilt als schwer angeschlagen. 2012 haben landesweite Streiks zu langen Produktionsausfällen geführt und Südafrika einen unrühmlichen Rekord eingebracht. In keinem Land der Welt gingen im vergangenen Jahr mehr Arbeitstage durch Streiks verloren als in Südafrika. Fallen jetzt, wie befürchtet, auch noch die Rohstoffpreise, dann könnte dies nicht nur den Bergbaufirmen, sondern ganz Südafrika wirtschaftlich den Rest geben.

Angesichts der vorgefundenen Voraussetzungen ist dies eine erstaunliche Entwicklung. Mit dem Ende der Apartheid waren vor 20 Jahren die Startbedingungen so günstig wie in kaum einem anderen Land Afrikas. Übernommen wurden eine für afrikanische Verhältnisse vorbildliche Verwaltung und die leistungsfähigste Wirtschaft südlich der Sahara. Als Nelson Mandela im Jahr 1994 als Präsident die Amtsgeschäfte übernahm, war er klug genug, trotz extremer Forderungen in der Regierungspartei ANC, dieses Erbe nicht leichtfertig zu verspielen.

Seine Nachfolger haben diese Weitsicht nicht mehr besessen. Mehr noch. Der Afrikanische Nationalkongress ANC gilt mittlerweile sogar als Hauptgrund für den schleichenden Niedergang des Landes. Ununterbrochen seit 1994 an der Macht ist die Partei nicht nur zerstritten und inkompetent, sondern steht auch im Ruf, durch und durch korrupt zu sein. Speziell gegen den amtierenden Präsidenten Jacob Zuma (ANC) wird immer wieder der Vorwurf laut, er stopfe sich und seiner Familie die Taschen voll und zahle an jene Gefälligkeiten zurück, die ihm ins Präsidentenamt geholfen haben. Dabei scheint Zuma auch noch unangreifbar zu sein. Der ehemalige Geheimdienstchef des ANC habe gegen alle politischen Konkurrenten etwas in der Hand, heißt es. Während die Selbstbereicherung von ANC-Politikern vor allem seit Zumas Machtantritt im Jahr 2009 immer drastischere Dimensionen annimmt, haben in Südafrika inzwischen auch Korruption, Bürokratie und Kriminalität epidemische Ausmaße angenommen.

Trotz der weitverbreiteten Unzufriedenheit ist ein Machtwechsel kaum wahrscheinlich. Die größte Oppositionspartei „Democratic Alliance“ (DA) gilt unter der schwarzen Bevölkerung als zu „weiß“. Dass der ANC immer noch mit einer Zustimmung von 60 Prozent rechnen kann, hängt zum einen mit einer weitverbreiteten traditionellen Loyalität vieler Schwarzer zu „ihrem“ ANC zusammen. Großzügige Wahlgeschenke wie etwa ein Wohnungsbauprogramm tun ihr Übriges. Angesichts dieser Voraussetzungen ist Südafrika auf dem besten Wege, sich mit den für 2014 anstehenden Wahlen endgültig in einen Ein-Parteien-Staat mit einer Pseudo-Opposition umzuwandeln. Kaum zu übersehen sind auch die Bemühungen des ANC, die Freiheit der Me-dien und die Unabhängigkeit der Justiz immer stärker zu gängeln.

Mit dem sich verschlechternden Gesundheitszustand Nelson Mandelas ist bei vielen Südafrikanern die Sorge um die Zukunft des Landes noch einmal gewachsen. Zwar diente der Name Mandelas dem ANC bisher zum Machterhalt, gleichzeitig hatte der 94-Jährige aber auch immer noch einen mäßigenden Einfluss. Schon jetzt verlassen immer mehr weiße Südafrikaner das Land. Geschätzt wird, dass allein 4000 von ihnen jeden Monat nach Australien auswandern. Eine wichtige Triebfeder dieser Entwicklung: ein grassierender Rassismus, bei dem die schwarze Hautfarbe wichtiger ist als etwa die berufliche Leistung oder fachliches Können. Mit denen, die gehen, verliert Südafrika Schritt für Schritt auch die Fachkräfte, die bisher die Basis für den Erfolg von Afrikas größter Volkswirtschaft waren. Norman Hanert


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