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22.06.13 / Nur schöner Schein / Direktinvestitionen gen Osteuropa dienen oft nur der Steuerersparnis

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-13 vom 22. Juni 2013

Nur schöner Schein
Direktinvestitionen gen Osteuropa dienen oft nur der Steuerersparnis

Auf den ersten Blick ist es eine Entwicklung, die Rätsel aufgibt: Osteuropas Wirtschaftdaten enttäuschen auf breiter Front, trotzdem haben die ausländischen Direktinvestitionen in die neuen EU-Länder im vergangenen Jahr um 35 Prozent zugelegt. Vor allem in Ungarn ist ein erstaunliches Phänomen zu beobachten. Während ausländische Firmen an der Wirtschaftspolitik Budapests kaum ein gutes Haar lassen und Ungarns Wirtschaft stagniert, scheint das Land immer mehr Investoren anzuziehen. Allein im Jahr 2012 hat es fast eine Verdreifachung der Ausländischen Direktinvestitionen gegeben – von knapp vier Milliarden Euro auf über zehn Milliarden Euro. Ernüchternd die Erklärung, die das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) zu den Zahlen liefert: Es handelt sich vielfach um sogenanntes „Roundtripping-Kapital“. Es sind keine echten Investitionen, es werden lediglich Finanzströme zur Steueroptimierung durch die Bilanzen von Tochterfirmen in verschiedenen Ländern geschleust.

Ablesbar ist diese Rundreise von Kapitalströmen unter anderem an den acht Milliarden Euro, die Ungarns Unternehmen 2012 im Ausland investiert haben sollen. Für die Forscher des WIIW angesichts der Firmenstruktur Ungarns eine unrealistische Annahme. Ein Phänomen, das auch in Russland oder Tschechien zu beobachten ist. Hinter dem „Kapital auf Rundreise“ stehen oft Steuersparmodelle vor allem von US-Unternehmen, die unterschiedliche Bilanzstichtage nutzen. Steueroptimierend wird dabei „Transitkapital“ von einer Tochterfima zu einer anderen ausländischen Tochterfirma verschoben, wenn die Bilanzerstellung ansteht. Ist der Stichtag vorüber, wird das Geld wieder abgezogen.

Sieht man von solchen Schein-investitionen ab, dann bietet Osteuropa ein düsteres Bild. Echte Investoren meiden Osteuropa und Südosteuropa immer mehr. Schlimmer noch: Das Geld ausländischer Investoren hat die bisherige Rolle eines Wachstumsmotors für die Region verloren. Ein realistisches Bild der Lage liefern die Zahlen von Bauprojekten für neue Unternehmensstandorte auf der grünen Wiese. Die Zahl solcher Projekte ist in Osteuropa auf einen neuen Tiefstand gefallen, sie ging 2012 um 17 Prozent zurück, das Investitionsvolumen in diese Projekte fiel um geschätzte 32 Prozent.

Erstaunlich gering ist inzwischen auch die Zahl neuer Projekte auch bei hochentwickelten Dienstleistungen und der verarbeitenden Industrie. Beide Branchen galten bisher als die treibenden Kräfte für Standortverlagerungen von West- nach Osteuropa. Selbst mit den Investitionen, welche die Osteuropäer an Land gezogen haben, dürfte sich die Freude in Grenzen halten, so fließen doch die Einnahmen früherer Investitionen von Ausländern zum Großteil wieder ab. So zog Tschechien 2012 zwar 8,2 Milliarden Euro an Direktinvestitionen an, zugleich flossen aber rund sieben Milliarden Euro aus Erlösen früherer Investitionen in die Heimatländer der Investoren zurück. Noch drastischer ist das Verhältnis in Polen. Dort zogen ausländische Investoren mehr von ihren erzielten Einnahmen wieder ab als überhaupt Neuinvestitionen ins Land geholt werden konnten. N.H.


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