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22.06.13 / Herzerwärmende Kindheitserinnerungen / Ostpreuße erzählt von seiner Jugend am Frischen Haff

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-13 vom 22. Juni 2013

Herzerwärmende Kindheitserinnerungen
Ostpreuße erzählt von seiner Jugend am Frischen Haff

Widitten war ein Dorf mit 300 Einwohnern am nördlichen Ufer des Frischen Haffs nahe der Gemeinde Großheidekrug. Bis nach Königsberg beträgt die Entfernung nur 20 Kilometer. 1928 ließ sich der Lehrer Willy Hanemann aus dem Kreis Rastenburg in den kleinen Ort an der Samlandküste versetzen, denn seine beiden Söhne sollten später einmal in der Hauptstadt das Gymnasium besuchen. Siegfried Hanemann, der 1923 geborene ältere Sohn des Dorfschullehrers, hat seine Erinnerungen aus den Jahren 1928 bis 1942 in einem Buch zusammengefasst, dessen Titel lautet: „Das Spülfeld. Eine Jugend am Frischen Haff 1928 bis 1942“. Aus der Feder des Autors stammen auch die Illustrationen. Im Mittelpunkt der kleinen, in sich abgeschlossenen Geschichten von der Haffküste stehen die familiären und schulischen Erinnerungen Siegfried Hanemanns. Man vergisst beim Lesen, wie viel Zeit seitdem vergangen ist, so anschaulich und feinsinnig sind diese Geschichten erzählt. Nur selten legt sich der Schatten der Kriegsereignisse und ihrer Folgen über die Bilder der Vergangenheit.

In den Dörfern am Frischen Haff lebten Bauern, Fischer und Forstarbeiter, während in größeren Orten wie Großheidekrug Arbeiter und Angestellte vom Hafenbauamt Pillau einen großen Anteil der Bevölkerung bildeten. Mobilität war also bereits vorrangig wichtig für einen Teil der Bevölkerung. Es gab Bus- und Bahnverbindungen nach Königsberg und zusätzlich eine neue Dampfschiffslinie auf dem Königsberger Seekanal. Als erster im Dorf schaffte sich Willy Hanemann 1932 ein Auto an, einen Hanomag mit 23 PS. Und so reiste die fünfköpfige Familie im Sommer schon auf moderne Art zu dem 400 Kilometer entfernten Dorf in Westpreußen, wo die Großeltern des Autors einen Bauernhof bewirtschafteten.

In den Wintermonaten war auf dem See- und Landweg längere Zeit kein Durchkommen von Widitten nach Königsberg möglich. Daher war es unumgänglich, dass Siegfried Hanemann im Alter von zehn Jahren zum ersten Mal die Wintermonate in einer Königsberger Pension verbrachte, nachdem er auf das Stadtgymnasium auf der Insel Kneiphof übergewechselt war. Eine amüsante Passage handelt von der Einschulungsfeier. Als der Empfang beendet war, rauschte seine Mutter stehenden Fußes mit ihm davon. Was war geschehen? „Mutter war immer so stolz auf meine wild wachsenden blonden Locken, so dass ich einen Haarbusch wie ein Schaf hatte.“ Doch im Saal hatten sich alle Eltern nach ihnen umgedreht und sich gegenseitig darauf aufmerksam gemacht, „dass da offensichtlich ein Schafskopf zur Schule gehen wollte. Ich habe nichts davon mitbekommen. Mutters resoluter Marsch endete beim ersten Friseurgeschäft, das sie sah.“

Man wünscht diesem Büchlein für ein paar Mußestunden eine größere Anzahl von interessierten Lesern. Dagmar Jestrzemski

Siegfried Hanemann: „Das Spülfeld. Eine Jugend am Frischen Haff 1928 bis 1942“, Edition Solitär im Geistkirch-Verlag, Saarbrücken 2012, kartoniert, 106 Seiten, 12 Euro


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