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29.06.13 / Unionsmitglieder verhöhnt / Merkel und Seehofer schieben alle demokratischen Regeln beiseite

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-13 vom 29. Juni 2013

Unionsmitglieder verhöhnt
Merkel und Seehofer schieben alle demokratischen Regeln beiseite

„Regierungsprogramm“ der Union: Die Wirtschaft ist entsetzt, die Parteimitglieder wurden übergangen und die Anhänger sind enttäuscht.

Das Urteil hätte kaum vernichtender ausfallen können: „Die mittelständische Industrie hat keine politische Heimat mehr“, klagt Thomas Lindner, Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Im VDMA sind jene Unternehmen zusammengeschlossen, auf denen die weltweit beneidete Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und damit der deutsche Wohlstand ruht.

„Wir verfrühstücken gerade die wirtschaftliche Dynamik, die die Agenda 2010 geschaffen hat“, schimpft Lindner und gibt der Politik der Bundesregierung die Schuld. Der vergangene Montag erschien wie eine zynische Bestätigung für Lindners Klage. Was CDU und CSU als ihr „Regierungsprogramm“ vorstellten, werde zu „spürbaren Mehrbelastungen“ der Steuerzahler und Rentenbeitragszahler führen, warnen die Arbeitgeberverbände. CDU-Chefin Angela Merkel und ihr CSU-Kollege Horst Seehofer hatten beteuert, dass ihre versprochenen sozialen Wohltaten wie höhere Mütterrenten und die Einführung einer „Lebensleistungsrente“ keine zusätzlichen Belastungen brächten. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt nennt das einen „schweren Fehler“.

Was die Union am Montag präsentiert hat, entspricht weit mehr sozialdemokratischer Füllhorn-rhetorik als verantwortungsbewusster bürgerlicher Politik, darin sind sich die allermeisten Kritiker einig. Offensichtlich zielen Merkel und Seehofer längst auf eine große Koalition, in der sie dann die SPD für die unumgänglichen Mehrbelastungen für Steuer- und Beitragszahler verantwortlich machen können. Rot wie Grün überschlagen sich ohnehin seit Monaten in Steuererhöhungs-­ phantasien.

Doch nicht bloß inhaltlich ist das Wahlprogramm der Union für ihre Anhänger und Parteimitglieder eine Provokation. Die Art, wie das Programm verabschiedet wurde, kommt einer dreisten Verhöhnung demokratischer Gepflogenheiten gleich. Waren es früher gewählte Parteitagsdelegierte, die die Programme verabschiedeten, so entschieden jetzt einfach die Vorstände. Selbst längst gefasste

Parteitagsbeschlüsse spielten überhaupt keine Rolle mehr. Dass die Unionsführung ihren Katalog dann auch noch hochtrabend „Regierungsprogramm“ statt Wahlprogramm nannte, obwohl die Wähler nach ihrer Meinung, wer regieren soll, noch gar nicht gefragt wurden, setzt dem Ganzen die Krone auf.

Die Parteimitglieder der Union sind bereits allerhand gewöhnt und haben dabei erstaunlichen Gleichmut bewiesen. Was ihnen indes am vergangenen Montag zugemutet wurde, stellt das Gewesene weit in den Schatten. Im Grunde hat für sie die Mitgliedschaft jeden Sinn verloren, denn das damit verbundene Versprechen, mitreden zu dürfen, wird nicht einmal mehr zum Schein eingelöst. Hans Heckel


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