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29.06.13 / Von Euphorie geblendet / Freihandelszone mit den USA bietet keineswegs nur Chancen, sondern auch Risiken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-13 vom 29. Juni 2013

Von Euphorie geblendet
Freihandelszone mit den USA bietet keineswegs nur Chancen, sondern auch Risiken

Speziell Deutschland sollte sich fragen, ob es bei einer transatlantischen Freihandelszone EU- und weltweit nicht mehr zu verlieren als zu gewinnen hat.

Man solle die Chance nutzen, so der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP), dass die US-Amerikaner endlich auf die Avancen der Europäer reagieren und über ein transatlantisches Freihandelsabkommen reden wollen. Lange hatten die US-amerikanischen Partner kein Interesse und betrieben sogar, als die Weltwirtschaftskrise hereinbrach, das Gegenteil der von ihnen in alle Welt exportierten Idee des Freihandels: Sie schützen ihre eigene Wirtschaft gegen Konkurrenz von außen. Dabei waren es gar nicht so sehr Zölle, der Klassiker des Protektionismus, sondern entsprechende Gesetze und Subventionen, die der eigenen Wirtschaft halfen, wieder auf die Beine zu kommen.

Mit diesem Verhalten waren die US-Amerikaner keineswegs allein. Laut Forschern der Universität St. Gallen und ihren britischen Kollegen vom Centre für Economic Policy Research sollen allein in den letzten zwölf Monaten weltweit 400 neue Maßnahmen ergriffen worden sein, die den freien Welthandel behindern. Vor allem Russland, Argentinien und Indien machen Ausländern den Marktzugang derzeit schwer, aber auch die Länder der EU bauen in Form von Sicherheits- und Zertifizierungsbestimmungen hohe Hürden auf und schützen so ihre Wirtschaft, aber auch ihre Verbraucher.

Als „Wachstumsmotor“ und als „Mittel gegen Chinas Dominanz“ bezeichnet Westerwelle die Schaffung einer transatlantischen Freihandelszone und wirbt damit für etwas, was auf den ersten Blick attraktiv erscheint. Durch den Wegfall von Zöllen werden importierte Güter günstiger, heimische Unternehmen exportieren mehr. Beides klingt nach Wachstum und einer sinkenden Arbeitslosigkeit. Doch da die Zölle zwischen den USA und den Ländern der EU gar nicht so hoch sind, im Durchschnitt betragen sie knapp drei Prozent des Handelsvolumens, kann das erhoffte Wachstum für die beiden schwächelnden Wirtschaftsräume nur kommen, wenn auch Subventionen, Fördermaßnahmen jeglicher anderer Art und Qualitätsstandards gelockert werden.

Die von Umweltverbänden propagierte Sorge, vor dem auf diese Weise auf den europäischen Markt gelangenden Genmais und das mit Chlor behandelte Hühnchenfleisch kommen nicht von ungefähr. Und die Angst der Franzosen, die US-Filmindustrie könnte die eigene als kulturell hochstehend betrachtete Branche ins Hintertreffen geraten lassen, hat ebenfalls ihre Berechtigung. Skepsis bezüglich der US-Motive kommt auch auf, wenn man liest, dass bei dem Freihandelsvorhaben von US-Seite keineswegs das Handelsministerium, sondern der Nationale Sicherheitsrat federführend war. Da die Verhandlungen zur transatlantischen Freihandelszone überwiegend geheim ablaufen, sieht sich so mancher US-Kritiker in der Vermutung bestätigt, dass hier auf Kosten Europas die Rettung der US-Wirtschaft betrieben wird.

Nein, nicht ganz Europas, lautet das Ergebnis einer Studie des Münchener ifo-Instituts. Vor allem Großbritannien, das schon jetzt enge Verbindungen zu den USA hat und zudem die gleiche Sprache teilt, würde profitieren. Auch Länder wie Spanien und Frankreich würden profitieren, weil sie teure Importe aus dem Norden durch billigere aus den USA ersetzen könnten, wo dank günstiger Strompreise, eine Folge des Frackings, derzeit die Industrie immer billiger produzieren kann. Deutschland hingegen würde seine klassischen Handelspartner zugunsten der USA verlieren, trotzdem aber noch um 2,7 Prozent wachsen, dank des leichteren Zugangs zum US-Markt. Unberücksichtigt bleibt jedoch, dass andere Länder die neue Freihandelszone als Affront gegen sich betrachten könnten und im Gegenzug ihre Märkte dicht machen könnten, so dass hier Umsatzverluste die Folge wären. R. Bellano


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