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29.06.13 / Keineswegs immer sozial und fair

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-13 vom 29. Juni 2013

Keineswegs immer sozial und fair

Egal in welche Himmelsrichtung man schaut, die EU versucht derzeit mit zahlreichen Ländern Freihandelsabkommen abzuschließen. Dieses Interesse ist nicht neu, stößt aber in den angestrebten Partnerländern nicht immer auf Gegenliebe.

Bereits 2010 beim EU-Afrika-Gipfel holte sich Brüssel eine Abfuhr. Die EU verlangte, dass die afrikanischen Länder ihre Zölle gegenüber 80 Prozent der europäischen Importe fallen lassen sollten. „Europäische Exporte von Milchpulver, Tomatenpaste, Geflügel- und Schweinefleisch drängen Kleinbauernfamilien in Ghana, Burkina Faso und der Elfenbeinküste aus den lokalen Märkten und gefährdet deren Menschenrecht auf Nahrung“, warnte damals bereits das christliche Hilfswerk Misereor und konnte sich dabei auf Erfahrungen aus der Vergangenheit berufen. Zudem beschrieb es diese Form des Freihandels als unfair, da die EU auf die Subvention ihrer Agrarprodukte nicht verzichten wolle und somit zwar ihre eigene Wirtschaft fördere, den afrikanischen Staaten aber die billigere Form des Schutzes durch Zölle untersagen wollte.

Ähnliches plant die EU gerade im Freihandelsabkommen mit Indien. Hier gab es sogar bereits Demonstrationen, da die rund 90 Millionen Menschen, die in dem Milliardenvolk von der Milchwirtschaft leben, ihre Arbeitsplätze durch billiges europäisches Milchpulver bedroht sehen. Auch Straßen- und Kleinhändler fürchten, von europäischen Handelsketten verdrängt zu werden – eine Furcht die nicht unberechtigt ist, denn selbst in vergleichsweise industrialisierten Ländern wie Spanien haben Aldi, Lidl und ikea zahlreiche heimische Händler vom Markt gefegt. Bel

 

Zeitzeugen

Guido Westerwelle – Der deutsche Außenminister (FDP) wirbt massiv für eine transatlantische Freihandelszone. Er ist überzeugt, auf diese Weise auch europäische Werte zu exportieren: „Wir wollen, dass die Normen und Standards von morgen von uns und bei uns gesetzt werden, von der Elektromobilität bis zum Schutz geistigen Eigentums. Auch unsere im Vergleich hohen Sozial- und Umweltstandards könnten Maßstab werden für künftige Wirtschaftsabkommen mit dem Rest der Welt.“

Angela Merkel – „Mir persönlich liegt sehr viel an diesem Freihandelsabkommen“, betonte die deutsche Kanzlerin beim Besuch des US-Präsidenten Barack Obama in Berlin. Sie kündigte an, sich mit voller Kraft dafür einzusetzen.

David Ricardo – Inspiriert vom schottischen Ökonomen Adam Smith entdeckte der Sohn portugiesischstämmiger Juden, der an der Londoner Börse mit einer Wette gegen einen Sieg Napoleons bei Waterloo ein Vermögen verdient hat, Ende des 18. Jahrhunderts das Thema Freihandel für sich. Er war überzeugt, dass auch Länder an der internationalen Arbeitsteilung gewinnbringend teilnehmen können, die in der Produktion aller Güter absolute Kostennachteile gegenüber anderen Ländern haben. Doch der von ihm ermittelte „komparative Kostenvorteil“, der Eingang die die Wirtschaftslehrbücher weltweit gefunden hat, geht in der Realität nicht wirklich auf. Gerade unterentwickelte Länder können gegen billigere Produkte aus Industriestaaten nicht ankommen.

Ulysses Grant – „Über Jahrhunderte hinweg hat England auf die Protektion seiner eigenen Wirtschaft gesetzt, dieses Prinzip zu äußerster Konsequenz getrieben und damit befriedigende Ergebnisse erzielen können“, so der Oberbefehlshaber des US-Heeres im US-Bürgerkrieg und US-Präsident (1869–1877). So verdanke England seine Stärke ebendiesem System. Nach 200 Jahren nun scheine es England genehm, das Prinzip des Freihandels zu übernehmen, weil es sich von der Protektion nichts mehr verspräche, so Grant kritisch, der zum Zeitpunkt dieser Äußerungen meinte, die USA seien erst in 200 Jahren wirtschaftlich reif für den Freihandel.


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