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06.07.13 / Arbeit im Überfluss / Wohlfahrtsverbände profitieren von alternder Gesellschaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-13 vom 06. Juli 2013

Arbeit im Überfluss
Wohlfahrtsverbände profitieren von alternder Gesellschaft

Größter Arbeitgeber jenseits des Staates sind die Wohlfahrtsverbände. Der katholische Wohlfahrtsverband Caritas kommt zusammen mit der evangelischen Diakonie, dem Roten Kreuz, der Arbeiterwohlfahrt, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband und der Zentralen Wohlfahrtsstelle der Juden auf anderthalb Millionen Angestellte. Damit stellt die Wohlfahrtsindustrie bei der Anzahl der Beschäftigten selbst große Industrieunternehmen wie Siemens und Volkswagen in den Schatten.

Seit 1970 ist das hauptamtlich beschäftigte Personal bei der freien Wohlfahrtspflege, vor allem bei den kirchlichen Verbänden, von knapp unter 400000 auf 1,5 Millionen Arbeitnehmer gestiegen und stellt heute über fünf Prozent an der Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Der größte Teil arbeitet in der Alten-, Gesundheits- und der Jugendhilfe. Bei der Caritas sind nach eigenen Angaben 507477 Menschen in den 24373 Einrichtungen und Diensten tätig, die dem Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche bundesweit angeschlossen sind.

Die Deutsche Bank weist in ihrer Studie „Wirtschaftsfaktor Wohlfahrtsverbände“ darauf hin, dass in den sechs Mitgliedsverbänden der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege eine äußerst uneinheitliche Struktur mit über 100000 einzelnen selbstständigen Trägern und Einrichtungen vorherrsche. Mit Umsätzen bis zu 40 Milliarden Euro liegen die Verbände vor manchen Branchen des verarbeitenden Gewerbes, unterliegen aber aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit anderen wettbewerblichen Vor- und Nachteilen. So gebe es Steuerbefreiungen,

-vergünstigungen und öffentliche Zuwendungen. Öffentliche Zuwendungen und Spenden sind aber meistens zweckgebunden und können aufgrund der Organisationsstrukturen nicht zwischen den Einrichtungen übertragen werden. Weiterhin verbiete es die Gemeinnützigkeit, Gewinne auszuschütten. Dadurch beschränke sich die Finanzierung vor allem auf Eigenmittel und teureres Fremdkapital.

Zunehmend sehen sich die Mitglieder der freien Wohlfahrtspflege auch der Konkurrenz durch private Anbieter gegenüber. So verlieren sie beispielsweise auf dem Krankenhausmarkt Anteile, während private Kliniken welche gewinnen.

Für die Zukunft kann dennoch mit einer weiter steigenden Bedeutung der Wohlfahrtsverbände gerechnet werden, da in einer alternden Gesellschaft auch die Zahl der Pflegebedürftigen zu­nimmt. Unter anderem werden Demenzerkrankungen stark zu­nehmen. Derzeit wird von

1,2 Millionen Demenzkranken in Deutschland ausgegangen. Bis 2030 wird diese Zahl Schätzungen zufolge auf 1,8 Millionen ansteigen. Entsprechend werden auch die Pflegekosten sich erhöhen, weil aufgrund der Demenz die Pflegeverläufe wie höhere Pflegestufen und professionell erbrachte Pflegeleistungen sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Die Nachfrage nach Pflege- und Gesundheitsdienstleistungen und der Bedarf in den Kernbereichen der Sozialwirtschaft werden aufgrund der älter werdenden Bevölkerung, so Deloitte, überproportional ansteigen. Ulrich Blode


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