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06.07.13 / Vom Krieg zerstört / Ostpreußin auf Spurensuche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-13 vom 06. Juli 2013

Vom Krieg zerstört
Ostpreußin auf Spurensuche

„Junge Menschen brauchen Flügel, aber auch Wurzeln. Für Hannah und Sophie, Natalie und Charlotte, damit sie erfahren, dass eine ihrer Wurzeln im fernen Ostpreußen liegt.“ So lautet die Widmung in Dagmar Meyers Buch „Verliere nicht dein tapferes Herz“, in dem sie die Liebesgeschichte ihrer Eltern erzählt, die 1933 im Café „Bellevue“ ihren Anfang nahm. Wenn die 1941 in Weinoten bei Tilsit geborene Autorin über ihre Suche nach der Vergangenheit schreibt, dann schafft sie eine ganz besondere Stimmung. Voller Ehrfurcht vor dem Leben ihrer Eltern versucht sie, sich diesem zu nähern. Sie zitiert aus Briefen und beschreibt alte Fotos. Auch greift sie wohl auf Dinge zurück, die ihr ihre Mutter und deren Eltern Luise und Ludwig erzählt haben. Doch Meyer betont, dass ihre Mutter nicht gern über den Krieg gesprochen hat. Wie viel also dann auf wahren Begebenheiten beruht und was dazuerfunden wurde, ist nicht eindeutig klar, doch da die Autorin viel aus besagten Briefen der Eltern zitiert, geben diese den Rahmen vor.

Auf der Spurensuche nach der Vergangenheit beginnt Dagmar Meyers Reise in Geesthacht. Hier trafen ihre Eltern nach der Flucht aus Ostpreußen wieder aufeinander, und hier beendete ihr Vater sein Leben und ließ seine Frau und seine drei Kinder allein zurück.

Nachvollziehbar schildert Meyer, wie die junge Krankenschwesterschülerin Elfriede und der Medizinstudent Bodo sich kennenlernen. Während er die Ideen des Nationalsozialismus überwiegend teilt, ist Elfriede kritischer, zumal ihr Vater, ein Lehrer, sie mit den Schattenseiten konfrontiert. Auch hat sie zwei jüdische Freunde, deren Wohlergehen ihr am Herzen liegt. In einer Szene beschreibt die Autorin ein Treffen von Elfriede mit ihrer Freundin Ruth, was allerdings vom Dialog her ziemlich pathetisch klingt, daher sehr konstruiert wirkt und wohl auch mit dem Wissen der Nachgeborenen geschrieben wurde, die weiß, wie das Schicksal der Juden im Dritten Reich verlief.

Trotz der unterschiedlichen politischen Ausrichtungen heiratet Elfriede ihren Bodo, der sein medizinisches Können sofort nach dem Abgang von der Universität dem Militär zur Verfügung stellt. Elfriede bekommt derweil drei Kinder, die ihr Mann aber wegen seiner langen Einsätze an der Front nur selten sieht. Einfühlsam zeichnet die Autorin die Sehnsucht der beiden Liebenden nach und geht auf Elfriedes Probleme als im Grunde alleinerziehende Mutter ein. Dank der Weitsicht ihrer Mutter, die sich rechtzeitig vor dem Eintreffen der Roten Armee ins spätere Sachsen-Anhalt begibt und dorthin Kinderklamotten und Familienfotos mitnimmt, ist Elfriede nach ihrer überstützten, aber vergleichsweise unspektakulären Flucht nicht ganz mittellos. Und als nach einigen Monaten des Bangens die Familie in Geesthacht ein gemeinsames Zuhause findet, hätte alles gut werden können. Doch Bodo verkraftet die Schmach nicht, dass er wegen noch ausstehender Entnazifizierung seinen Beruf nicht mehr ausüben kann und die Ideale, an die er glaubte, wertlos sind.

Am Ende ist Meyer voller Mitleid mit ihrer Mutter: „Es bleibt das Bewusstsein, dass deine Ehe acht Jahre dauerte, sieben davon das Familienleben, das durch die Kriegseinsätze deines Mannes löchrig wie ein Sieb war.“ Bel

Dagmar Meyer: „Verliere nicht dein tapferes Herz. Ein Roman zwischen Gegenwart und Vergangenheit aus Ostpreußen“, tredition Verlag, Hamburg 2012, broschiert, 148 Seiten, 9,50 Euro


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