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06.07.13 / Möchtegern-Nazi-Versteherin / Peinliche Aufarbeitung eines Kindes der Wendegeneration

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-13 vom 06. Juli 2013

Möchtegern-Nazi-Versteherin
Peinliche Aufarbeitung eines Kindes der Wendegeneration

Ist das nicht Etikettenschwindel? Der Titel „Eisenkinder. Die stille Wut der Wendegeneration“ dröhnt von Wendegeneration und ihrer Wut, aber der Inhalt offeriert bloß eine dröge Autobiografie, die man ab Seite 123 wegwerfen mag, als tumbe Chronik von Rennefanz’ Leben bei Hamburger christlichen Fundamentalisten, garniert mit Floskeln wie: „Mein neuer Lenin hieß Jesus.“ Ihr neues Idol war der Theologe Kopfermann, entrückt wie die „Altnazis in Jena“.

Vielgebrauchter Begriff in der ersten Buchhälfte ist „Selbsthass“, der wohl auch der Autorin die Feder führte, was verständlich ist: Geboren wurde sie in einem hinterwäldnerischen Oder-Dorf, wo noch mittelalterlicher Aberglaube regierte, war Kind von Eltern, die Bildung als „Zeitverschwendung“ ansahen und aufschrieen, als sie erstmals einen „Neger“ sahen. Zur Schule ging sie im tristen Eisenhüttenstadt, vormals „Stalinstadt“, wo die SED-Herrschaft weiterging, als in Berlin längst die Mauer gefallen war. Nur dort kann Hass auf den Rest der Welt aufkommen, besonders auf „Westler“, auch jene, die „uns regelmäßig Pakete zu Weihnachten“ schickten. Aus pubertären Tagebüchern zitiert sie Tiraden und fügt heuchlerisch hinzu: „Ich verstehe selbst nicht mehr, auf wen ich so wütend war.“

Interessant ist das Buch nur dort, wo sich die Autorin selber widerspricht. Da sagt sie über die DDR, „als wichtigster Rohstoff galten die Menschen, es war wichtig, Talente früh zu fördern“. Dann folgen Dutzende Beispiele, dass es nirgends eine „Förderung“ gab, auch nicht an ihrer „Talentschule“, deren streng ideologische Selektion („Hat Ihre Familie West-Kontakte?“) sie nur durch mutige Lügen überwand. Da fragt sie schon im „Prolog“, wer Uwe Mundlos „zum Mörder gemacht (hat). die DDR oder die Nachwendezeit“? „Ich hätte ... unter Umständen Neonazi werden können“, sagt sie, nachdem ihr jüngerer Bruder sich zum hartgesottenen Neonazi à la NSU-Typen ausgewachsen hat.

Ihre Hamburger Freunde schicken sie als Missionarin nach Karelien, denn „du sprichst russisch“, was ein mehrfacher Flop wurde: Ihre Russischkenntnisse waren (wie sie ehrlich einräumt) miserabel, in Karelien spricht man Finnisch, und „die Russen wollten keinen Heiland. Sie hatten ihren Wodka“.

Das Buch beginnt und endet mit Rennefanz’ Versuchen, sich an die NSU-Gruppe anzubiedern, nicht als Mitglied, nur als Nazi-Versteherin, die Mundlos und Böhnhardt als Teil ihrer „Wut“ vereinnahmen will, damit aber nicht einmal bei Mutter Brigitte Böhnhardt landen kann. Wolf Oschlies

Sabine Rennefanz: „Eisenkinder. Die stille Wut der Wendegeneration“, Luchterhand Literaturverlag, München 2013, 256 Seiten, 16,99 Euro


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