19.04.2024

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13.07.13 / Flucht über die Ostsee / Zeitzeugen berichten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-13 vom 13. Juli 2013

Flucht über die Ostsee
Zeitzeugen berichten

Bis zur Kriegswende im Osten im Sommer 1944 war es noch ruhig in Ostpreußen. Nach den Luftangriffen auf Königsberg wurden dann aus Berlin evakuierte Kinder aus dem nun auch nicht mehr sicheren Ostpreußen per Bahn zurückgeschickt. Als die Russen ab Oktober 1944 in Ostpreußen einmarschierten, kam es trotz des Fluchtverbotes bald zur Bildung von Flüchtlingstrecks. Die Menschen flüchteten zuerst auf dem Landweg, bis die Rote Armee den Durchstoß zur Küste erreichte. Danach blieb nur der Seeweg offen, der von den ostpreußischen Häfen in Richtung Westen oft erst einmal im Pendelverkehr bis zu den pommerschen Häfen führte.

So war im März 1945 nicht nur die pommersche Bevölkerung noch in Pommern, sondern auch unzählige ostpreußische Flüchtlinge saßen hier fest und wurden erneut von der Front eingeholt. Auch die pommersche Bevölkerung wurde viel zu spät über die gefährliche Lage informiert. Während die Front immer näher rückte, flüchteten Menschen aus ganz Pommern bei Eiseskälte mit klapperigen Wagen und Schlitten an die Küste. Die noch zugänglichen Pommernhäfen waren oft die letzte Hoffnung für Abertausende von Menschen.

Heinz Schön gibt in dem kurz vor seinem Tod im April vollendeten Buch „Pommern auf der Flucht 1945. Rettung über die Ostsee aus den Pommernhäfen“ einen Überblick über die Kriegslage im Osten ab Sommer 1944. Er stellt neun Pommernhäfen vor: Rügenwalde, Stolpmünde, Kolberg, Stettin, Swinemünde, Greifswald, Stralsund sowie Saßnitz und zeigt jeweils die Situation in den Häfen bis zur Räumung. Es herrschte ein unvorstellbares Chaos, die Menschen strömten aus allen Richtungen in der verzweifelten Hoffnung, einen Platz auf einem Schiff zu bekommen, und waren dabei alliierten Bombenangriffen ausgesetzt.

In 56 bisher unveröffentlichten Texten lässt Schön Zeitzeugen zu Wort kommen. Die Berichte der Flüchtlinge sind erschütternd, dadurch wird dem Leser ein persönlicher Einblick gegeben. Auch Schön selbst hat einen Erlebnisbericht von der Bombardierung Swinemündes geschrieben, wo er zur Bergung von Leichen abkommandiert war. Er schildert seine Gefühle beim Weg in die zerbombte Stadt. In den bewegenden Berichten von Müttern mit Kindern, Kranken und verwundeten Soldaten kommen die Schrecken der Flucht, aber auch die Hoffnung auf einen Neuanfang zum Ausdruck, denn trotz der tragischen Untergänge der großen Schiffe „Wilhelm Gustloff“, „Steuben“, „Goya“ und vieler kleinerer Schiffe konnten über zwei Millionen Menschen dank eines logistischen Meisterwerks über die Ostsee gerettet werden.

Heinz Schön, der als 18-jähriger Zahlmeister-Assistent den Untergang der „Wilhelm Gustloff“ überlebte, hat mit seinen Forschungen dazu beigetragen, dass das größte Rettungswerk der Seegeschichte, das „Unternehmen Rettung über die Ostsee“, ausgezeichnet dokumentiert ist und nicht in Vergessenheit gerät. Bis zu seinem Tode hat er regelmäßig Bücher zu dem Thema veröffentlicht. Mit seinem letzten Werk „Pommern auf der Flucht 1945“ ist ihm ein sehr lesenswertes Buch gelungen, in dem für den Leser durch die Mischung von historischen Fakten und persönlichen Erlebnissen diese Zeit lebendig wird. Britta Heitmann

Heinz Schön: „Pommern auf der Flucht 1945. Rettung über die Ostsee aus den Pommernhäfen“, Zeitgut, Berlin 2013, geb., 444 Seiten, 19,90 Euro


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