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13.07.13 / Missbrauchter Sarrazin / Doug Saunders betont, warum er keine Überfremdung erkennen kann

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-13 vom 13. Juli 2013

Missbrauchter Sarrazin
Doug Saunders betont, warum er keine Überfremdung erkennen kann

Natürlich macht es neugierig, wenn ein Titel als Anti-Sarrazin-Buch gefeiert wird. Und der auf dem Buchumschlag von „Mythos Überfremdung. Eine Abrechnung“ abgedruckte Satz „Unsere von Sarrazin geprägten Vorstellungen über muslimische Einwanderung sind falsch“ lässt vermuten, dass es um eine direkte Auseinandersetzung mit den Thesen des deutschen Autors Thilo Sarrazin geht. Doch der kanadisch-britische Autor Doug Saunders befasst sich vorwiegend mit englischsprachigen Autoren, die zum Teil aber ähnliche Thesen wie der deutsche Autor vertreten. Sarrazin selbst findet nur zweimal im Buch Erwähnung. Aber irgendwie muss man es ja bewerben, hat sich der Verlag anscheinend gedacht und die Medien, die bisher den Titel rezensiert haben, bissen auch brav an.

Saunders betont zwar, er teile viele islamkritische Ansichten von Salman Rushdie und Ayyan Hirsi Ali, trotzdem sei er überzeugt, dass muslimische Einwanderer nicht bedrohlicher seien als frühere Wellen armer Neuankömmlinge. „Die Vorstellung von der klammheimlichen Übernahme durch fromme Muslime beruht auf einer Täuschung“, so der Autor. Für ihn ist der islamische Extremismus eine Reaktion unsicherer Menschen auf die Modernisierungstendenzen des Individualismus und der Globalisierung.

Gleich zwei Kapitel beginnen mit dem norwegischen Mörder Anders Breivik, der angab, aus Fremdenhass heraus 77 sozialdemokratische Jugendliche und Passanten massakriert zu haben. Derartiges verärgert massiv, denn so versucht der Autor, Sarrazin und andere Autoren mit dem Psychopathen Breivik in Verbindung zu bringen. Nur schwer ist dem Impuls zu widerstehen, das Buch schon jetzt an die Wand zu werfen.

Und das Gefühl besteht fort, wenn Saunders aus seiner Sicht islamfeindliche Behauptungen anführt, sie mit Zitaten zweier Befürworter dieser Thesen unterlegt und dann schreibt, warum sich selbst renommierte Autoren wie Niall Ferguson und Oriana Fallaci aus seiner Sicht irren. So nimmt er sich zum Beispiel der These an, dass der islamische Glaube zu höheren Geburtenraten führe, und versucht diese mit dem Hinweis zu widerlegen, dass die meisten muslimischen Familien in Europa, aber auch in Länder wie dem Iran oder der Türkei inzwischen immer weniger Kinder bekommen. Allerdings: Wie religiös sind diese Menschen, über die er schreibt, wirklich? Er selbst betont, dass der Großteil der in Europa lebenden Muslime seine Religion gar nicht auslebe, doch was sagt dann dessen Verhalten über gläubige Muslime aus? Und auch wenn Muslime nicht so schnell die Mehrheit der Bevölkerung in Europa stellen werden, so tun sie es doch jetzt schon in zahlreichen Großstadtbezirken und prägen diese in ihrem Sinne, der nicht immer von Toleranz geprägt ist.

Seltsam wird es, wenn er es als Zeichen der guten Integration hervorhebt, dass immerhin 25 Prozent der weiblichen Muslime in Frankreich einen nichtmuslimischen Partner hätten. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass aber 75 Prozent der weiblichen Muslime in ihrer eigenen Religionsgemeinschaft heiraten. Wo ist das bitte ein Zeichen von Integration? Und dass Muslime im nordamerikanischen Bildungssystem erfolgreich sind, ist ein Hinweis, der nichts an dem Umstand ändert, dass der Anteil der Schulabbrecher unter Muslimen in Europa besonders hoch ist. Auch verharmlost er die Einführung von Schariagerichten und lobt, dass sie doch die Kosten im Justizwesen senkten.

Das einzig Lesenswerte an dem Buch sind die historischen Kapitel am Ende, in denen er die Reaktion auf die Flut der irisch- und italienisch-katholischen Einwanderer in die USA und der jüdischen nach England und in die USA nachzeichnet. Und ja, es gibt auch durchaus Parallelen zur muslimischen Zuwanderung, so dass man hoffen kann, dass sich immerhin einige der Probleme bei der Integration in die Gesellschaft eines Tages lösen werden. R. Bellano

Doug Saunders: „Mythos Überfremdung. Eine Abrechnung“, Blessing, München 2012, geb., 253 Seiten, 18,99 Euro


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