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20.07.13 / Sprüche und Autos vom Fließband / Henry Ford diente Adolf Hitler nicht nur bei der Massenmotorisierung als Vorbild und Inspirationsquelle

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-13 vom 20. Juli 2013

Sprüche und Autos vom Fließband
Henry Ford diente Adolf Hitler nicht nur bei der Massenmotorisierung als Vorbild und Inspirationsquelle

Henry Ford hat Autos produziert – am laufenden Band. Das hat ihn bekannt gemacht. Gewissermaßen ebenfalls am laufenden Band hat er auch Sprüche wie diesen produziert: „Die Wahrheit über die Katze erfährt man von den Mäusen.“ Während die Autos, die seinen Namen tragen, gegenwärtig mit Problemen zu kämpfen haben, sind seine Sprüche eine wahre Fundgrube für die Sammler von Kalendersprüchen und Kommunikationsdesigner.

Dass er einmal weltweit Autos produzieren würde, das war Henry Ford an der Wiege wirklich nicht gesungen worden. Seine Eltern – beide aus Irland eingewandert – betrieben eine Farm in der Nähe von Detroit. Ihr erster Sohn, dem sie den Namen Henry gaben, kam am 30. Juli 1863 zur Welt. Das Kind interessierte sich mehr für Mechanik als für Landwirtschaft. Nach Schulschluss – der Junge besuchte die nahe Dorfschule, mehr war nicht möglich und wurde auch nicht für erforderlich gehalten – verzog sich Henry gerne in seinen Bastelraum. Im zarten Alter von 15 Jahren konnte er den ersten vom ihm gebauten Verbrennungsmotor vorführen. Im Alter von 16 Jahren verließ er 1879 die Farm der Eltern. In Detroit begann er eine Lehre als Maschinist. Nach deren Abschluss heuerte er bei dem damals bereits berühmten Erfinder Thomas Alva Edison an, der ihn bald zu seinem Chefingenieur machte. Doch nicht die Welt der Elektrizität, des Telegrafen, des Grammophons oder der Glühbirne faszinierte Ford, er tüftelte weiter an Verbrennungsmotoren. Die beiden Männer, den 16 Jahre älteren Edison und Ford, verband die technische Neugier. Und so hatte Edison auch Verständnis dafür, wenn sein Chefingenieur sich so oft wie möglich in seine Werkstatt zurückzog, um an einem fahrbaren Untersatz zu basteln.

In der Nacht zum 4. Juni 1896, es ging schon auf den Morgen zu, war es soweit: Fords erstes „Auto“ war fertig. Er nannte es Quadricycle, denn das Wägelchen rollte tatsächlich auf vier gummibereiften Fahrradfelgen. Für solch ein leichtes Gefährt genügten vier PS als Antrieb. Trotzdem erwies sich der kleine Wagen als zu groß für die Tür des ehemaligen Kohleschuppens, der Ford als Werkstatt diente. Das hatte er bei aller Perfektion übersehen. Also wurde ein Loch in die Wand gebrochen und das Gefährt auf die Straße geschoben. Die Jungfernfahrt endete nach 13 Kilometern im Regen: Zündprobleme. Viel mehr als ein doppelt bereiftes Fahrrad war das Quadricycle wirklich nicht. Es fehlten Verdeck, Windschutzscheibe, Anlasser, Vergaser, Gaspedal und Bremsen. Zu letzterem empfahl Ford in einer Gebrauchsanleitung: „Mit seitlich ausgestelltem Fuß gegen das laufende Rad drücken.“ Von dieser Sparversion eines Autos verkaufte Ford drei Stück – zwischen 1896 und 1901! Von Fließbandproduktion keine Spur. Das erste Exemplar brachte ihm 200 Dollar ein. Immerhin: Der Absatz von drei Vehikeln wurde als Erfolg angesehen. Freund Edison machte Henry Ford Mut, er gründete 1899 mit dem Geld weiterer Investoren die Detroit Automobile Company. Um die Überlegenheit seiner Vehikel zu demonstrieren, fuhr er nun Rennen. 1901 gewann er sogar gegen einen Profi. Genutzt hat es nichts. Wenig später war seine Firma pleite.

Wie sagte Henry Ford? „Misserfolg ist die Chance, es beim nächsten Mal besser zu machen.“ Das nächste Mal kam, nachdem Ford bei elf Investoren 28000 Dollar eingesammelt hatte. Damit gründete er 1903 die Ford Motor Company. Der Durchbruch aber kam erst 1908 mit der Einführung des legendären Modells „Tin Lizzy“, des T-Modells. Und mit der Einführung der Arbeit am Fließband. Diese revolutionäre Fertigungstechnik hat entgegen einem landläufigen Irrtum Henry Ford nicht erfunden. Das darf Ransom Eli Olds für sich in Anspruch nehmen, der bereits 1902 seine Oldsmobile am laufenden Band produzierte. Aber Ford hat das System zur Perfektion gebracht. Seine Fertigung am Fließband war eine Revolution der industriellen Arbeit – und ein Stück kultureller Veränderung. 1918 war jeder zweite in den USA gefahrene Wagen ein T-Modell. Bis 1927 wurde das T-Modell gebaut. 15 Millionen Exemplare. Das war schier unglaublich.

Soll die Arbeit am Fließband laufen, müssen die Arbeiter motiviert werden. Henry Ford formulierte das so: „Das höchste Ziel, des Kapitals ist nicht, Geld zu verdienen, sondern der Einsatz von Geld zur Verbesserung des Lebens.“ Das bedeutete: Bei Ford gab es einen Acht-Stunden-Tag, dafür gab es fünf Dollar pro Tag. Das lag deutlich über dem üblichen Niveau. In der Spitzenzeit des T-Modells erhöhte Ford den Tagessatz auf sechs Dollar. Er entwickelte sogar ein Modell der Gewinnbeteiligung. Das alles allerdings nicht aus purer Menschenliebe. Er wollte die Voraussetzungen schaffen, dass auch Arbeiter seine Autos kaufen konnten. Denn, so Ford: „Nicht der Arbeitgeber zahlt die Löhne, sondern das Produkt. Der Arbeitgeber verwaltet das Geld nur.“

Die Übergabe der Firmenleitung an seinen Sohn Edsel im Jahre 1919 verschaffte Henry Ford Zeit für ein neues Engagement. Er kaufte 1919 den „Dearborn Independent“. Als Herausgeber der Zeitung verantwortete er vom Mai 1920 an die Veröffentlichung von 91 antisemitischen Artikeln in wöchentlicher Folge. Sie basierten alle auf dem Pamphlet die „Protokolle des Weisen von Zion“, die als Handlungsanleitung zum Kampf um die jüdische Weltherrschaft vermittelt wurden. Diese Artikel wurden in vier Broschüren weltweit verbreitet. Herausgeber Ford verfasste zwar selbst keine Zeile, glaubte aber, mit der Veröffentlichung einen patriotischen Dienst zu leisten, indem er die Machenschaften einer jüdischen Weltverschwörung aufdeckte. Heute wird angenommen, dass die „Protokolle des Weisen von Zion“ vom dem russischen Geheimdienstler Matwei Golowinski zur Unterstützung einer Intrige verfasst wurden. Auszüge aus den Artikeln der Ford-Zeitung wurden in die amerikanische Ausgabe von Adolf Hitlers „Mein Kampf“ aufgenommen. Unter massivem öffentlichem Druck entschuldigte sich Henry Ford 1927 für die Veröffentlichungen in seiner Zeitung. Im gleichen Jahr stellte er die Zeitung ein. Eine Restauflage des Buches „Der internationale Jude“ wurde in den USA eingestampft. Sein Versuch, dem Verleger Theodor Fritsch in Leipzig zu untersagen, weiterhin Schriften herauszubringen, die seinen Namen als Verfasser oder Herausgeber trugen, scheiterte. Fritsch weigerte sich, der finanzielle Schaden wäre zu groß, argumentierte er. Die verhängnisvollen Folgen dieser Publikationen wird durch eine Aussage des Reichsjugendführers Baldur von Schirach bei den Nürnberger Prozessen deutlich. Schirach sagte: „Das ausschlaggebende antisemitische Buch, das ich damals las und das Buch, das meine Kameraden beeinflusste … war das Buch von Henry Ford ‚Der internationale Jude‘. Ich las es und wurde Antisemit.“ Adolf Hitler betrachtete „Henry Ford als meine Inspiration“. Heinrich Himmler nannte ihn einen „der wertvollsten, gewichtigsten und geistreichsten Vorkämpfer“.

Seit 1925 produzierte Ford in Deutschland, zuerst in Berlin, 1931 kam Köln hinzu. Während des Zweiten Weltkrieges bauten die Fordwerke in Köln, Berlin, Amsterdam und Vichy für die deutsche Wehrmacht 78000 Lastwagen und 14000 Kettenfahrzeuge. Das Reich dankte 1938 mit dem Großkreuz des Deutschen Adlerordens. Später sagte Ford, ihm sei die Kontrolle über die Produktion in Deutschland entglitten. Dennoch wurden die Fordwerke in Köln bis Ende 1944 von den Alliierten nicht bombardiert.

Im September 1945 übergab Henry Ford den Vorsitz endgültig seinem Enkel. Nicht einmal zwei Jahre später, am 7. April 1947, starb er dort, wo alles begonnen hatte, in Dearborn. Klaus J. Groth


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