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03.08.13 / Lizenz zum Braten / Ein Sommer ohne Grillen ist wie Winter ohne Glühwein – Was man alles über die Arbeit am Bratrost wissen muss

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-13 vom 03. August 2013

Lizenz zum Braten
Ein Sommer ohne Grillen ist wie Winter ohne Glühwein – Was man alles über die Arbeit am Bratrost wissen muss

An den heißen Tagen schlägt die Stunde des Grillmeisters. Kaum ein Ort, der von Holzkohlequalm und Bratgerüchen verschont bleibt. Doch nicht jeder ist Meister seines Faches. Wie es richtig geht, zeigt ein Ratgeber der Stiftung Warentest.

Der Sommer hat den Höhepunkt erreicht – kalendarisch, meteorologisch und sensuell wahrnehmbar. Letzteres bezieht sich auf die Eindrücke, die man bei einem Sonnenbad auf dem eigenen Balkon empfangen kann: Vom Erdgeschoss links kommen aufdringliche Knob­lauchdüfte, von irgendwo rechts steigen bedrohliche Rauchwolken auf und zwingen zum tränenden Rück­zug in die geschlossenen vier Wände.

Auf Veranden wie auf Campingplätzen, in Parkanlagen oder Pensionsgärten breitet sich Lagerfeuerromantik aus, man fühlt sich in längst vergangene Zeiten versetzt. Nur dass wir heute nicht mehr in Höhlen wohnen und der Mann am Grill seine Beute nicht mehr jagen muss, sondern die Steaks bereits mariniert aus der Klarsichtfolie nimmt und sich den Fisch im nächsten Supermarkt aus der Tiefkühltruhe angelt.

Und da liegt schon der erste Fallstrick für ein geplantes Grillvergnügen, denn Qualität und Frische des Grillgutes sind unbedingte Voraussetzungen für das Gelingen einer Grillparty. Und es kommen noch wichtigere Kriterien hinzu, denn Unkenntnisse und Leichtsinn führen immer wieder zu den Meldungen in den Medien, dass Menschen am Grill wegen unbedachtsamen Hantierens mit dem Feuer schwere Verbrennungen erlitten haben. Jährlich kommt es in Deutschland zu 4000 schweren Grillunfällen, viele verursacht durch den Einsatz von Spiritus.

Mit dem Grillen ist es eben wie mit dem Autofahren: Nur das Gaspedal bedienen zu können, reicht nicht aus. Und trotzdem glauben viele, dass ein glühender Haufen Holzkohle und eine Grillzange genügen, um perfekt grillen zu können. Wer so an die Sache herangeht, kann eigentlich nicht viel tun außer zu versuchen, das Fleisch vor dem Verbrennen zu retten – und nicht einmal das klappt immer. Da kann es helfen, echten Grillprofis über die Schulter zu schauen und sich wichtige Grundlagen anzueignen. Und jede Menge Tipps dazu, denn das Grillvergnügen kann mehr kulinarische Überraschungen bieten, als allgemein bekannt ist. Nicht umsonst will ein Hamburger Gastronom jetzt Grillseminare für Ambitionierte veranstalten.

Professionelle Hilfestellung kann sich aber auch jeder ins Haus holen. Mit dem Ratgeber „Grillen“ der Stiftung Wartentest, (16,90 Euro im Buchhandel oder unter www.test.de) für den die Verbraucherorganisation jetzt die weltbesten Profis als Navigatoren durch die internationale Welt des Grillens und Barbecues geholt hat. Schon ein erster Blick in diese reich bebilderte Grillfibel lässt selbst manchen selbsternannten Grillmeister erahnen, dass er eigentlich noch ein blutiger Laie ist. Mit diesem Buch kann aber auch jeder Anfänger zum Könner am Grill aufsteigen, weil die Autoren ihre Mahnungen, Ratschläge und Tipps auf eine für jeden Leser verständliche Art präsentieren.

Es ist die Pro- und Contra-Methode, die hier auf jeder Doppelseite das Thema in knappen Texten behandeln, unterstützt durch viele Farbfotos, mit denen die Ratschläge veranschaulicht werden, genau auf den Punkt gebracht und damit sofort erfassbar. Auf der linken Contra-Seite findet der Leser alles, was man beim Grillen falsch machen oder langweilig zubereiten kann. Die rechte Pro-Seite zeigt auf, was sich als richtig, gut und gekonnt erwiesen hat. Das betrifft nicht nur das Grillgut selbst, sondern auch die unterschiedlichen Grilltypen, das Brennmaterial, den qualitätsbewussten Einkauf, die Hygiene, die Planungen, kurz alles rund um den Grill.

Greifen wir als Beispiel die Doppelseite heraus, die jene dunk­len Rauchschwaden behandelt, die zu der geschilderten Flucht vom Balkon führt. Die linke Contra-Seite ist betitelt: „Ekliger Qualm“, der durch feuchtes Brennmaterial oder verbrennende Marinade entstehen kann. Er verdirbt nicht nur den Geschmack des Grillgutes, denn wenn Fett und Öl auf glühende Kohle tropfen, bilden sich krebserregende Kohlenwasserstoffe, die sich durch den Qualm auf das Grillgut legen.

Gerade der Rauchgeschmack unterscheidet das Grillen von anderen Zubereitungsmethoden. Der beste Rauch ist bläulich und kaum sichtbar. Deshalb empfiehlt der Ratgeber die Zugabe von kleinen Holzstücken oder Chips – weniger ist oft mehr. Es sollten nur absolut trockene unbehandelte Hölzer ohne Chemie und Lasur verwendet werden. Jede Holzsorte weist eine andere Rauch-Charakteristik auf, von Apfel bis Zitrus sind sie aufgelistet.

Auf keinen Fall dient ein Grill der Altholz-Entsorgung, Möbelteile und Zaunlatten haben hier nichts zu suchen. Auch das weit verbreitete „Löschen mit Bier“ wird unter die Lupe genommen. „Auf der Glut wird das Bier zur Rauchbombe“, mahnt der Ratgeber und weiter: „Löschen Sie Ihren Durst mit Bier, aber nicht die Flammen auf dem Grill!“ Doch zum Marinieren ist der Gerstensaft großartig geeignet: Schweinekamm salzen und pfeffern, mit Senf bestreichen, mit Zwiebelringen belegen, mit Bier begießen und 20 Stunden kühl stellen. Das ergibt beim Grillen würziges Bieraroma statt Aschegeschmack.

Wie konzentriert die einzelnen Aspekte behandelt werden, zeigt schon die Zahl von 220 Kapiteln, die mit über 200 Farbfotos bebildert sind. Ob Warenkunde oder Grillreise durch ferne Länder, ob Grillen je nach Jahreszeit oder als Zen-Übung – kein Thema bleibt unbehandelt. Und dass schon längst die Frauen nicht mehr den Männern den Platz am Feuer allein überlassen, belegt die Vielzahl von Rezeptideen, für die mit Sicherheit der weibliche Part mehr Interesse aufbringt. So werden mit Speck gefüllte Datteln, Grill­äpfel mit Mascarpone und Walnuss auf Tomaten-Bruschetta jeder Grillparty einen besonderen Pfiff verleihen.

Die Männer dürften sich dagegen für das Kapitel „Grillen am Lagerfeuer“ interessieren – vielleicht ist ja ein solches mit dem Nachwuchs für die Ferienzeit geplant. Das Rezept für das berühmte Stockbrot fehlt jedenfalls nicht in diesem Buch, in dem auf jeder Seite interessante Entdeckungen warten. Günther Falbe


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