25.04.2024

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10.08.13 / Tempo 500 ohne Schienen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-13 vom 10. August 2013

Tempo 500 ohne Schienen

Anders als bei der traditionellen Eisenbahn gibt es beim Transrapid keine Berührung, also auch keinen Reibungswiderstand zwischen Fahrzeug und Fahrweg. Beide zusammen bilden einen elektromagnetischen Linearmotor.

Der Zug wird durch Führmagnete an den Fahrweg herangezogen und seitlich in der Spur gehalten. Dieses System muss so ausbalanciert sein, das es in keiner Richtung zu einer Berührung kommen kann. Um den Transrapid nun auch noch in Fahrt zu bringen, lässt man ein Magnetfeld durch den Fahrweg wandern, der das Fahrzeug vorwärts zieht. Im Zug selber befindet sich überhaupt kein Motor, was Gewicht spart.

Insgesamt hat der Transrapid in nahezu allen Leistungsdaten Vorteile gegenüber der herkömmlichen Eisenbahn. Die Spitzengeschwindigkeit liegt oberhalb 500 Stundenkilometern (gegenüber 300). Um auf Tempo 300 zu beschleunigen, braucht ein ICE fast 18 Kilometer, ein Transrapid aber nur 4,3. Der Bremsweg des ICE ist doppelt so lang wie beim Transrapid. Auch der Kurvenradius bei gleichem Tempo verdoppelt sich beim ICE. Dies und die deutlich höhere Steigfähigkeit bewirken spürbar mehr Flexibilität bei der Streckenplanung; Wohngebiete, Landschaftsschutzbereiche und geografisch besonders schwieriges Gelände kann man viel leichter umgehen.

Alle diese Vorteile kämen bei dem Projekt auf Teneriffa zum Tragen. Auf der Gesamtstrecke zwischen Adeje und Los Realejos mit Abzweig in die Hauptstadt Santa Cruz (13 Haltepunkte) liegt die Fahrzeit bei 56 Minuten. Dabei wird ein Höchsttempo von 270 Stundenkilometern erreicht. Zwischen den beiden von jährlich fünf Millionen Touristen frequentierten Flughäfen braucht der Transrapid 21 Minuten. H.J.M.

 

Zeitzeugen

Hermann Kemper – Der 1892 in Nortrup bei Osnabrück geborene Ingenieur und Unternehmer gilt als „Vater des Transrapids“. Anfang der 1930er Jahre arbeitete er an regelbaren Schaltungen, die ein berührungsfreies Schweben dank elektromagnetischer Anziehung ermöglichen sollten. Mit Erfolg: 1934 beurkundete das Reichspatentamt unter der Nummer 643316 die von ihm erfundene „Schwebebahn mit räderlosen Fahrzeugen, die an eisernen Fahrschienen mittels magnetischer Felder schwebend entlang geführt wird“, so die Patentschrift. Kemper musste es bei der Idee belassen, konnte allerdings einige Erkenntnisse der patentierten Entdeckung in der von ihm geführten Fleischfabrik umsetzen. Immerhin wurde seine Leistung 1972 mit dem Bundesverdienstkreuz gewürdigt. Kemper starb 1977 im Alter von 85 Jahren.

Hans-Georg Raschbichler – Der 1941 in München geborene Ingenieur wird von Fachleuten ebenfalls als „Vater des Transrapids“ bezeichnet. 1967 wurde er von seinem damaligen Chef Ludwig Bölkow (MBB Ottobrunn) nach Nortrup geschickt, um dort mit Hermann Kemper dessen Magnetbahn-Patent zu erörtern. Raschbichler machte sich die Idee zu eigen, konstruierte bei MBB den ersten Prototypen, wechselte zu Thyssen-Henschel, um das Projekt zur Serienreife zu bringen, und erlebte als Chef der Transrapid International Aufstieg und Fall des Transrapid in Deutschland. Den größten persönlichen Triumph erlebte er zum Jahreswechsel 2002/2003, als er in Shanghai an der Jungfernfahrt des ersten und bislang einzigen kommerziell betriebenen Transrapids als Ehrengast teilnahm.

Edmund Stoiber – Der 1941 geborene CSU-Politiker hat in seiner Amtszeit als bayerischer Ministerpräsident (1993–2007) den Plan einer Transrapidstrecke zwischen Hauptbahnhof und Flughafen in München mit besonderem Elan betrieben. Geradezu legendär wurden seine Ausführungen über die zehnminütige Fahrzeit, die – wenn wir es recht verstanden haben – S-Bahn-Reisenden das vorzeitige Abheben und Flugreisenden das Einchecken am Bahnhof erlauben sollte. Politische Gegner und, schlimmer noch, Parteifreunde brachten zunächst den Transrapid und dann den Ministerpräsidenten zu Fall.


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