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10.08.13 / Keine Strandpflege im Nationalpark / Millionen toter Käfer an Land gespült – Unterschiedlicher Umgang auf litauischer und russischer Seite

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-13 vom 10. August 2013

Keine Strandpflege im Nationalpark
Millionen toter Käfer an Land gespült – Unterschiedlicher Umgang auf litauischer und russischer Seite

In diesem Jahr gab es ein ungewöhnliches Phänomen an den Stränden der östlichen Ostseeanrainer Ostpreußen, Polen und Litauen: Eine regelrechte Flut toter Käfer wurde an die Strände gespült. In diesem Ausmaß hatten selbst ältere Küstenbewohner so etwas noch nicht erlebt. Die Sandstrände sind buchstäblich übersät mit Insektenleichen. Bereits im Frühjahr konnte man große Insektenschwärme, vor allem von Maikäfern, beobachten. Ihr Flug traf mit heftigen Gewittern zusammen. Starke Windböen trieben die Insekten zur Meerseite und Starkregen riss sie in die Fluten. Die toten Käfer wurden mit den Wellen massenweise wieder an die Strände gespült. Als die Badesaison begann, lagen die Insektenberge immer noch dort.

Neben der Tatsache, dass es äußerst unästhetisch ist, neben verwesenden Insekten zu baden, sonderten diese auch einen fauligen Geruch ab, der bis in die Straßen des Seebads Cranz zog. Im benachbarten Litauen hat man sehr schnell reagiert. Dort wurden um die 50 Tonnen toter Käfer von den Stränden gesammelt. Die Räumungskosten haben die Kommunen übernommen. Nun sind der litauische Teil der Kurischen Nehrung und Memel wieder sauber.

Im russischen Teil ist man recht „kreativ“ mit dem Problem umgegangen. Der Leiter des Nationalparks, Anatolij Kalina, sagte, es lohne nicht, die Käfer zu beseitigen, zumindest werde die Parkverwaltung dies nicht tun. Seine Haltung begründete er damit, dass es auf dem Gebiet der Kurischen Nehrung Strände im eigentlichen Sinne nicht gebe, da die Nehrung eine von der Natur geschaffene Sandaufwerfung sei, bei deren Besichtigung es lediglich um Bildungstourismus gehe. Deshalb sei die Parkverwaltung auch nicht verpflichtet, sich um die Strände zu kümmern, wozu auch die Entfernung der Käfer zählen würde.

Die Orte auf dem litauischen Teil der Kurischen Nehrung sind touristisch gut erschlossen, so gibt es Service und Erholungszonen. So wundert es nicht, dass alljährlich mehr Touristen allein den nördlichen, litauischen Teil besuchen als das Königsberger Gebiet insgesamt. Litauen besuchen sowohl Litauer als auch Touristen aus der ganzen Welt. Dort haben sie die Möglichkeit, auf Erkundungstour zu gehen oder alternativ Strandurlaub zu machen. Dennoch gibt es ein Gleichgewicht zwischen Natur, Ökologie und Tourismus. Touristische Rad- und Wanderwege fügen sich harmonisch in die natürlichen Wiesen, Seen und Dünen ein.

Auf der russischen Seite diskutiert man dagegen seit Jahren über die Möglichkeit zur Erschaffung von Touristenrouten und deren Vereinbarkeit mit der einzigartigen Natur. Schon jetzt ist klar, dass in nächster Zukunft diese Frage nicht geklärt werden wird. Anatolij Kalina bestätigte, dass von einer touristischen Entwicklung im Nationalpark Kurische Nehrung keine Rede sein könne. Und die verwesenden Käfer seien eine ausgezeichnete Futtergrundlage für die auf der Nehrung lebenden wilden Tiere. Der Direktor prahlte sogar damit, dass die Vögel durch den Nahrungsüberfluss sehr groß geworden seien.

Immer mehr Königsberger fordern, dass die Käfer weggeräumt werden. Dem verschloss die Parkverwaltung sich nicht und schlug den Erholungssuchenden vor, sich doch selbst zu betätigen. Für jeden gesammelten Sack toter Käfer erhalten sie eine kostenlose Eintrittskarte für den Nationalpark. An der Aktion haben sich bereits Kinder aus dem Ferienlager sowie Schulen und Einrichtungen in Cranz mit ihren Lehrern beteiligt und sammelten bereits zwölf Tonnen toter Käfer. Sauber sind die Strände damit noch lange nicht. J.T.


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