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17.08.13 / Raus aus der Schuldenfalle / Einige Bundesländer favorisieren Länderfusionen – Einsparpotenzial ist jedoch äußerst gering

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-13 vom 17. August 2013

Raus aus der Schuldenfalle
Einige Bundesländer favorisieren Länderfusionen – Einsparpotenzial ist jedoch äußerst gering

Gleich in mehrfacher Hinsicht hält der jüngste Vergleich der Länderfinanzen Überraschungen bereit. Zwar scheint sich die finanzielle Lage der Bundesländer leicht gebessert zu haben, tatsächlich haben aber nur sieben Länder im ersten Halbjahr 2013 einen Überschuss erwirtschaftet. Mit Blick auf das 2020 kommenden Neuverschuldungsverbot für die Bundesländer ist das eine verheerende Botschaft.

An der Spitze der Tabelle stehen die üblichen Musterknaben Bayern (1,82 Milliarden Euro Überschuss) und Sachsen (947 Millionen), überraschend auch das sonst notorisch klamme Berlin mit einem Plus von 730 Millionen. Als Alarmsignal kann gelten, dass mit Baden-Württemberg und Hessen gleich zwei der drei Geberländer des Länderfinanzausgleichs nun Defizite ausweisen. Vor allem der Absturz von Baden-Württemberg kann als regelrechtes Fiasko bezeichnet werden: Im Haushalt des einstigen „Musterländles“ fehlten im ersten Halbjahr bereits über eine Milliarde Euro. Gleich nach Nordrhein-Westfalen „erwirtschaftete“ Baden-Württemberg damit das

zweithöchste Haushaltsdefizit aller Bundesländer. Zwei Jahre nach der Regierungsübernahme in Stuttgart gleicht der Absturz des Musterschülers Baden-Württemberg einem rot-grünen Offenbarungseid, der bundesweit Folgen haben wird. Sollte auch Hessen weiterhin schwächeln, ist kaum vorstellbar, dass Bayern langfristig die Lasten des Länderfinanzausgleichs weiterhin allein schultert. Nicht nur, dass der Abstand zu Bayern immer mehr wächst, die rot-grüne Koalition in Stuttgart scheint bisher auch nicht wirklich eine Idee zu haben, wo sie mit dem Sparen beginnen könnte.

Trotz des guten Abschneidens könnte auch für Berlin der Ländervergleich der Auftakt für künftig wieder miserable Haushaltszahlen sein. Obwohl der Schuldenhauptstadt vor allem die gestiegenen Steuereinnahmen geholfen haben, hat unter Berlins Politikern bereits die Diskussion darüber begonnen, was man sich nun alles wieder leisten kann. Tatsächlich können die Steuereinnahmen aber so abrupt einbrechen, wie sie angestiegen sind. Zudem ist Berlin mit seinem auf fast 63 Milliarden Euro angewachsenen Schuldenberg momentan nur etwas weniger verschuldet als sonst. Ohne Länderfinanzausgleich und Solidarpakt Ost, dafür aber dann mit einem Neuverschuldungsverbot droht Berlin finanziell ab 2020 die Luft auszugehen. Schnell auf der politischen Agenda könnte dann wieder eine Länderfusion zwischen Berlin und Brandenburg stehen. Auch das chronisch überschuldete Saarland könnte gedrängt werden, seine Selbstständigkeit aufzugeben und mit Rheinland-Pfalz zu fusionieren. Als Bundesland bedroht ist ebenso Bremen, dem die Zusammenlegung mit Niedersachsen droht.

Tatsächlich ist bei dem vermeintlichen Wundermittel Länderfusionen Skepsis angebracht. Die bloße Zusammenlegung von Ländern könnte sich leicht als nutzlose Symbolpolitik herausstellen. Der Wirtschaftsforscher Thomas Straubhaar hält etwa die Einspareffekte durch Fusionen für verschwindend gering. Durch Wegfall einiger Ministerpräsidenten und überzähliger Verwaltungen könnten gerade etwas mehr als ein Promille der Länderausgaben und weniger als ein Promille aller öffentlichen Ausgaben eingespart werden, so Straubhaar in der „Welt“. Tatsächlich ist sogar zu befürchten, dass zunächst einmal gewaltige Mehrkosten entstehen könnten. Der Hintergrund: Für die Länderfusionen ist per Grundgesetz die Zustimmung der betroffenen Bevölkerung notwendig. Was sich damit anbahnen könnte, macht der 1996 gescheiterte Fusionsversuch von Berlin und Brandenburg deutlich. Während die Berliner zustimmten, lehnten die Brandenburger wegen des Schuldenbergs, den Berlin schon damals mit in die Länderehe gebracht hätte, ab. Auch in Rheinland-Pfalz und Niedersachsen wird sich die Bereitschaft in Grenzen halten, wenn es darum geht, die Schulden des Saarlandes oder Bremens zu übernehmen. Ein möglicher Ausweg, um die Länderehen trotzdem über die Abstimmungshürde zu hieven, wäre, dass der Bund die Altschulden der Problemländer übernimmt. Mit den in Aussicht gestellten Einspareffekten hätte eine solche Mitgift aber nicht viel zu tun.

Einen Hinweis, wie stattdessen eine vernünftige Lösung für den deutschen Föderalismus aussehen könnte, hat Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) gegeben. Er will Änderungen innerhalb des bestehenden Ländersystems. Gestärkt werden sollen nach Ansicht Zeils die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Bundesländer. „Primär brauchen wir eine umfassende Reform des Länderfinanzausgleichs. Das heißt: weg vom Sozialismus auf Länderebene, hin zu mehr Leistungsgerechtigkeit und besseren Anreizen.“ Wie so etwas funktionieren könnte, wird mit Blick auf die Schweiz deutlich, wo die Kantone neben dem Bund eigene Steuerkompetenzen haben, die Kantone sogar untereinander im Steuerwettbewerb stehen. Norman Hanert


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