29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
07.09.13 / Für ein freies Kurdistan / Syrien: Unter den Rebellen befinden sich auch kurdische Kämpfer, doch sie verfolgen eigene Ziele

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-13 vom 07. September 2013

Für ein freies Kurdistan
Syrien: Unter den Rebellen befinden sich auch kurdische Kämpfer, doch sie verfolgen eigene Ziele

Zu den vielen Akteuren im syrischen Bürgerkrieg zählen auch die einheimischen Kurden. Im Norden des Landes kämpfen sie gegen die zunehmende Dominanz der dschihadistischen Islamisten. Nutznießer ist Syriens Präsident Baschar al-Assad, Verlierer der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, der auf die Salafisten setzt.

Zwischen den kurdischen Volksverteidigungseinheiten der demokratischen Union (PYD), einem Ableger von Abdullah Öcalans PKK, und Al-Kaida ist es in den vergangenen Wochen vermehrt zu heftigen Kämpfen gekommen. So konnten die PYD nach monatelangen Kämpfen und Waffenstillständen im Juli die Grenzstadt Ras al-Ayn erobern. Nach dem Sieg der PYD in Ras al-Ayn schrillten in Ankara die Alarmglocken. Außenminister Ahmet Davutoglu wollte den Sicherheitsrat einschalten, weil die Grenzen der Türkei in Gefahr seien. Dass die Dschihadisten um die ehemalige Al-Nusra mindestens zwei Grenzübergänge zur Türkei kontrollieren und über diese Salafisten zum Heiligen Krieg aus der ganzen Welt einschleusen, scheint in Ankara dagegen niemanden zu stören.

Mit türkischer logistischer Unterstützung gingen die Islamisten auch gegen die von Kurden gehaltenen Ölfelder im Nordosten Syriens vor. Weder die Freie Syrische Armee noch das Oppositionsbündnis Syrischer Nationalrat können sich gegen die Islamisten stellen. Die Söldner al-Kaidas, die gut bewaffnet und bereit sind, als Märtyrer zu sterben, haben sich innerhalb der letzten zwei Jahre zu einem bestimmenden Machtfaktor im syrischen Bürgerkrieg entwickelt. Mit den Kurden, die jahrzehntelange Erfahrung in Befreiungskriegen haben und international gut vernetzt sind, könnten sie sich jedoch übernommen haben. Anders als die Islamisten, die die Scharia und damit die Willkür in den befreiten Gebieten einführen, bauen die Kurden bereits eine autonome Verwaltung in den von ihr kontrollierten Gebieten Syriens auf. Dadurch bekommen sie Rückhalt in der lokalen Bevölkerung, vor allem auch von den Christen, die im Falle von Assads Sturz um ihr Leben fürchten müssten.

Die zwei bis drei Millionen syrischen Kurden bilden etwa zehn Prozent der syrischen Bevölkerung, sie gehören wie die Islamisten mehrheitlich der sunnitischen Richtung des Islam an. Die Kurden bezeichnen sich selbst als Gegner Assads, dennoch wird ihnen von den Rebellen aber immer wieder vorgeworfen, im Kampf um ihre eigene Sicherheit und Autonomie Kompromisse mit Assad zu schließen. Die kurdischen Kämpfer sind erfahren und gut ausgebildet. Die türkische PKK sowie ihr syrischer Ableger sind politisch links und säkular orientiert, was sie wiederum mit dem Assad-Regime verbindet.

Hintergrund der jetzigen Entwicklungen sind der Umsturz in Ägypten und die zunehmenden Niederlagen der Islamisten gegen die Truppen der syrischen Regierung und der verbündeten libanesischen Hisbollah. Die Entwick-lung in Ägypten hat die Muslimbrüder auch in Syrien geschwächt. Dies nutzen Al-Kaida und die Salafisten aus, um innerhalb der syrischen Opposition die Oberhand zu gewinnen.

Aufgrund der prekären Lage hat auch die Regierung der autonomen Kurdenregion im Nordirak unter Präsident Masud Barzani bereits die Entsendung von Truppen angeboten, um die syrischen Kurden zu schützen. Dies würde den Syrien-Konflikt nach der Intervention der libanesischen Hisbollah endgültig zu einem Regionalkonflikt machen. Die PYD lehnten dieses Angebot jedoch ab, weil sie über ausreichend Kämpfer verfügen, sie benötigten lediglich Lebensmittelhilfe und Waffen, ließen sie verlauten. Die PYD halten nach eigenen Angaben 15000 Mann unter Waffen. Sie haben den Islamisten den offenen Krieg erklärt. Gemeint sind damit Dschabhat al-Nusra sowie der Islamische Staat im Irak und Syrien (Isis). Beide sind Al-Kaida-Organisationen, wobei al-Nusra sich als eigenständige, syrische Filiale versteht, während Isis ein Teil des irakischen Terrornetzwerks ist.

Der Konflikt zwischen Kurden und Islamisten hat jedoch nicht nur ideologische Gründe. Es geht auch um die Sicherung von Ressourcen. In den Kurdengebieten im Nordosten liegen die großen Ölfelder von Rmeilan und Suweidiah. Islamistische Gruppen versuchten mehrfach, diese Ölfelder einzunehmen. Dschabhat al-Nusra und Isis haben bereits Ölfelder in der Nähe der Stadt Deir Zor im Osten Syriens besetzt. Sollten sie auch noch die kurdischen Ölquellen erobern, würden sie einen beträchtlichen Anteil des gesamten Treibstoffmarktes in Syrien kontrollieren.

Obwohl die Türkei ein staatsähnliches Gebilde der Kurden an ihrer Südgrenze nie tolerieren würde, wurde Saleh Muslim, der Führer der PYD, für Gespräche nach Istanbul eingeladen. Dies zeigt, wie groß die Angst der Türken vor einer Allianz der Kurden mit dem von der Türkei bereits totgesagten Assad-Regime ist, dem großen Nutznießer des Taktierens und Paktierens der Türkei mit den Salafisten. Bodo Bost


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren